Sicherheitsbefragung

Gewaltkriminalität in Mannheim gesunken

Zum vierten Mal hat die Stadt Mannheim ihre Bürgerinnen und Bürger zu ihrem Sicherheitsempfinden befragt. 26.000 Personen nahmen daran teil. Die Ergebnisse der Befragung wurden am Dienstagmittag vorgestellt

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Valerie Gerards
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Laut einer Studie hat sich das Sicherheitsempfinden der Bürgerinnen und Bürger in der Neckarstadt-West und im Jungbusch verbessert. © Rene Priebe/dpa

Mannheim. Die Lebensqualität in Mannheim wird weiterhin mit gut oder befriedigend bewertet. Allerdings ist die Kriminalitätsfurcht leicht gestiegen: Das ist die zentrale Erkenntnis der vierten Sicherheitsbefragung, zu der die Stadt Mannheim im vergangenen Dezember 26 000 Personen angeschrieben hatte. Erster Bürgermeister und Sicherheitsdezernent Christian Specht, Dieter Hermann vom Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg, der die Befragung wissenschaftlich betreut, und Klaus Eberle, Fachbereichsleiter Sicherheit und Ordnung, stellten die Ergebnisse der Befragung am Dienstagmittag im Rathaus der Öffentlichkeit vor.

Die Befragung bezeichnete Specht als ein extrem wichtiges Sicherheitsinstrument für die Stadt. Denn jenseits der Kriminalitätsstatistik gebe es ein großes Dunkelfeld und Grenzbereiche, in denen die Bürgerinnen und Bürger sich unsicher fühlen. Die Sicherheitsbefragung soll Erkenntnisse darüber liefern, in welchen Bevölkerungsgruppen und in welchen Stadtteilen die Kriminalitätsfurcht besonders hoch ist. „Lebensqualität hat viel mehr mit subjektiver als mit objektiver Sicherheit zu tun“, sagte Specht. Die wissenschaftlich generierten Fragen sollen nun dabei helfen, die richtigen Ansatzpunkte für weitere Maßnahmen zu finden.

Dass die Kriminalitätsfurcht im Vergleich zur letzten Befragung im Jahr 2020 leicht gestiegen ist, sei maßgeblich auf die vielfältigen Krisenerfahrungen zurückzuführen. Erfreulich sei hingegen die Situation in den Stadtteilen mit der höchsten Kriminalitätsfurcht. Noch immer ist die Angst hier zwar am ausgeprägtesten, jedoch hat sich das Sicherheitsempfinden stark verbessert: In der Neckarstadt-West fürchteten sich vor zwei Jahren noch 65 Prozent der Befragten, aktuell liegt der Wert bei 50 Prozent.

Neue Schwerpunktthemen

Im Jungbusch ist diese Zahl von 60 auf 48 Prozent gesunken. „Ich glaube, unsere Arbeit vor Ort zahlt sich aus“, sagte Specht mit Blick auf die Initiativen am Neumarkt, dem Kaisergarten und die Arbeitsgruppe Osteuropa.

Verschlechtert hingegen hat sich die Lebensqualität in der Innenstadt, aber auch im Stadtteil Vogelstang. Grund in der Innenstadt ist die Verkehrssituation. Die Interessen der Bewohner in Bezug auf den Individualverkehr seien jedoch so gegensätzlich, dass sie nicht befriedigt werden könnten.

Schwerpunktthemen waren in dieser Befragungsrunde das Sicherheitsgefühl von Frauen und Menschen mit unterschiedlichen sexuellen Identitäten (LSBTI), Bevölkerungs- und Katastrophenschutz sowie der Videoschutz in Mannheim. Frauen unter 30 Jahren und queere Menschen haben die größte Furcht, aber auch das größte Risiko, Opfer von Straftaten zu werden, sagte Hermann.

Der Fragenkomplex zum Thema Katastrophenschutz hat ergeben, dass nur 40 Prozent der Befragten Warn-Apps wie Nina oder Katwarn nutzen. Lediglich 32 Prozent konnten Warnsirenen richtig interpretieren. Etwa die Hälfte der Befragten gab an, einige der vom Bundesamt empfohlenen Schutzmaßnahmen wie das Anlegen von Lebensmittelvorräten getroffen zu haben.

23 Prozent bereiten sich nicht auf Gefahren- oder Krisenfälle vor. „Da wissen wir, wo noch Schulungsbedarf und Aufklärungskampagnen notwendig sind“, sagte Eberle. Der Videoschutz in Mannheim sei bundesweit vorbildlich. Die Befragung hat ergeben, dass sich die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger dadurch sicherer fühlt: Der Anteil ist sogar von 51 auf 58 Prozent gestiegen.

Spezifische Ziele

Laut Hermann sind die Ziele der Befragung in Mannheim anders definiert als in anderen Städten und Gemeinden – nämlich eine hohe Lebensqualität und die Berücksichtigung spezifischer Probleme und Randgruppen. „Man versucht mit der Sicherheitsbefragung, Personen und Regionen mit hoher Kriminalitätsfurcht zu finden und zu verbessern“, fasste der Kriminologe zusammen.

In diesem Optimierungskonzept unterscheide sich Mannheim von anderen Gemeinden. „In Mannheim ist die Gewaltkriminalität signifikant gesunken. Die Einbeziehung von Randgruppen ist erfolgreich“, konstatierte Hermann mit Blick auf eine Grafik, die die Gewaltkriminalität in Mannheim im deutschlandweiten Vergleich darstellt. Die Auswertung hat ergeben, dass Schmutz und Müll in den Straßen und Grünanlagen sowie Respektlosigkeit in besonders hohem Maße zur Kriminalitätsfurcht beitragen. Die Beseitigung dieser Faktoren ist demgemäß gut dazu geeignet, das Sicherheitsgefühl der Bürgerinnen und Bürger zu erhöhen.

Die Stadtverwaltung will die Erkenntnisse aus der Befragung nun als kommunalpolitisches Steuerungselement nutzen. So sollen die Einzelgutachten zu den Stadtteilen etwa in Präventionsprogramme in den Schulen münden, es sollen Maßnahmen zum Abbau von Respektlosigkeit ergriffen werden, Schmutz und Müll sollen schneller von den Straßen entfernt werden.

Abschließend sagte Hermann, der auch die Sicherheitsbefragung in Heidelberg wissenschaftlich betreut, dass die Lebensqualität im eigenen Bezirk besser bewertet werde, in Gesamt-Mannheim jedoch schlecht – und das in jeweils allen Stadtbezirken. „Mannheim ist also besser als sein Ruf“, sagte der Kriminologe.

Info: Gutachten unter www.mannheim.de/sicherheitsbefragung

Erster Bürgermeister Christian Specht, Dieter Hermann vom Institut für Kriminologie der Universität Heidelberg und Klaus Eberle, Fachbereichsleiter Sicherheit und Ordnung, bei der Vorstellung der Ergebnisse aus der vierten Mannheimer Sicherheitsbefragung. © Valerie Gerards
In Mannheim ist die Gewaltkriminalität signifikant gesunken. Die Einbeziehung von Randgruppen ist erfolgreich
Dieter Hermann Institut für Kriminologie Uni Heidelberg

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