Buchpräsentation - 333 Eichbaum-Jahre mit Schaumkrone / Privatbrauerei und Stadtarchiv stellen Chronik vor

Geschichte mit kräftig Stammwürze

Von 
Susanne Räuchle
Lesedauer: 

Technisch voll auf der Höhe: Die Brauerei im Jahr 1927

© verlag regionalkultur

Da wird Historisches von hohem Reinheitsgehalt geboten, Helles und Dunkles aus 333 Jahren schön flüssig "verzapft", am Ende eines langen Gärungsprozesses steht ein reifes Produkt mit fester Schaumkrone: die Eichbaum-Chronik.

Gestern stellte das Autorenduo Adolf Drüppel, ehemals Vorstand bei Eichbaum, und Michael Caroli, früher stellvertretender Leiter des Stadtarchivs - Institut für Stadtgeschichte, sein 192 Seiten starkes Werk vor, eine bunt bebilderte Historie von bierseligen Zeiten, aber auch von Durststrecken für das Traditionsunternehmen, das vor 333 Jahren in Mannheim Wurzeln schlug. Grund genug für das Unternehmen, zur Schnapszahl mal die "ureichenen" Jubiläumsseiten aufzublättern.

Am Freitag, 3. Oktober 1679, schlug die Geburtsstunde der Eichbaum-Brauerei. Der Mannheimer Rat beschäftigte sich an diesem Tag mit dem Gesuch des Bürgers Jean de Chaine, zu Deutsch Eiche, der in seinem Haus in Q 5 eine Brauwirtschaft betreiben wollte. Und er durfte, erwarb die Schildgerechtigkeit. Man sah es gern, dass die protestantischen Zuwanderer wirtschaftlich kräftig mitmischten, legte auch unserem de Chêne, du Chesnes, Quaine oder wie auch immer sich der Eichbaum aus der Picardie schrieb, keine Steine in den Weg.

Hopfen und Malz verloren

Dies war der Beginn einer prickelnden, manchmal auch sauren Geschichte. Obergäriges, hefetrübes Bier mit maximal vier Prozent Alkoholgehalt wurde damals wärmstens geliebt, mangels geeigneter Kühlung war die Lagerzeit sommers begrenzt, dabei wurde das Reinheitsgebot im Krug stets hochgehalten: Ausschließlich aus Gerstenmalz, Hopfen und Wasser braute sich das Volksgetränk zusammen, eine Grundmischung, die in Deutschland bis heute die Maß bestimmt und damit als ältestes Lebensmittelgesetz noch 2012 die Regeln vorgibt, wie die Chronik vermerkt.

Die erzählt auch vom großen Bierdurst der rund 8000 Mannheimer im Jahr 1688: 25 Brauhäuser in der Stadt stillten die Bedürfnisse, insbesondere die der Soldaten, die mochten keine trockene Luft.

Doch zurück zu unsrem Eichbaum in Q 5: Schon ein Jahr nach der Gründung übernahm Pierre L'Espringal den Laden, und ihm spuckten dann die französischen Soldaten in die Biersuppe: König Ludwig XIV. schickte im pfälzischen Erbfolgekrieg seine Truppen aus, Stadt und Festung kapitulierten am 13. November 1688, im März 1689 wurde auf ausdrücklichen Wunsch aus Paris Mannheim geschleift und niedergebrannt. Kein Stein blieb auf dem anderen. Die französischen Zuwanderer flüchteten, ein entvölkertes Ruinenfeld lag für fast zehn Jahre in Agonie, berichtet die Chronik.

Volle Pulle nach dem Krieg

Erst 1717 ließ Brauer Blanckart in P 5 einen neuen grünen Eichbaum austreiben, und aus der kleinen Hausbrauerei wurde ein starker Stamm. Der Schriesheimer Heinrich Forschner, der das Haus 1827 übernahm, setzte auf der neugebauten Neckar-Kettenbrücke über zu neuen Ufern, ging zehn Meter in die Tiefe und baute Bierlagerstätten. Die Brüder Hoffmann als Nachfolger verlegten dann in den 1870er Jahren den ganzen Firmensitz ins heutige Wohlgelegen, wo bis heute in den Sudkesseln die Spezialitäten vom Goldenen Germanen bis zum Leichten Typ zu vollem Aroma reifen.

Die Eichbaum - ab 1881 als Aktiengesellschaft auf Expansionskurs - zählte vor dem Ersten Weltkrieg zu den größten Brauereien im Deutschen Reich. Danach das Debakel, linksrheinische Absatzmärkte brachen weg, nur eine 1929 geschlossene Kooperation mit der Wormser Werger-Brauerei brachte die Geschichte wieder in Fluss.

Bis die Nazis den Hahn abdrehten: Jüdische Aktionäre störten die Machthaber, die Produktion kam vollkommen zum Erliegen. Sie sprudelte aber nach dem Krieg volle Pulle, Eichbaum stieg zum Hauptlieferanten der Amerikanischen Armee auf: 1966 wurden 440 000 Hektoliter Bier abgefüllt. Ab 1970 sorgten Umwälzungsprozesse in der Bierszene für Bewegung. Erst schluckte Henninger Eichbaum, dann nahm sich SAP-Gründer Hopp die Mannheimer Marke über Actris zur Brust. Am Ende ein großer Rülpser mit reinigender Wirkung: Seit 2010 ist Eichbaum wieder Privatbrauerei, und Jochen Keilbach hat als geschäftsführender Gesellschafter den Kasten voll im Griff.

1679: Verleihung der Brauereikonzession für Q 61717: Schenke ...

1679: Verleihung der Brauereikonzession für Q 6

1717: Schenke "Zum grünen Eichbaum" in P 5

1827: Bierlager auf der anderen Neckarseite

ab 1870: Produktion im heutigen Wohlgelegen

1881: Umwandlung in eine Aktiengesellschaft

1929: Fusion Eichbaum-Werger-Brauereien

1970: Henninger-Gruppe übernimmt Eichbaum

ab 1998: unterm Dach des Getränkekonzerns Actris

seit 2010: Privatbrauerei Eichbaum GmbH & Co KG

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen