Wahlplakate: Kandidatin muss bis Dienstag zahlen

Gericht gewährt Ulusoy Schonfrist

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Thorsten Langscheid

Ist sie eine Kämpferin für die Rechte von Migranten oder ein Polit-Clown, der sich vor den Bundestagswahlen auf Kosten anderer wichtig machen will? Sultan Ulusoy, 41, geborene Türkin mit deutschem Pass, von Beruf nach eigenen Angaben "Kommunikations-Journalistin" und Einzelkandidatin im Bundestagswahlkreis Mannheim stand gestern als Beklagte wegen ihrer schleppenden Zahlungsmoral vor Gericht.

Es gehe gar nicht um das Geld, sondern darum, sie zu "erniedrigen", kommentierte die energische Frau gestern Mittag im Foyer des Landgerichts einen Vergleich, den sie wenige Minuten zuvor unterstützt von ihrer Anwältin Aynur Öczan mit der türkischen Druckerei Uyan geschlossen hat. Der Familienbetrieb im Jungbusch hatte der Kandidatin die Vorlage für ihre Wahlplakate erstellt. Ulusoy, so der Vorwurf, habe den Korrekturabzug im Wert von 600 Euro entgegengenommen, nichts dafür bezahlt und dann damit rund 2000 Plakate woanders drucken und in der Stadt verteilen lassen. Außerdem erscheint das Bild auf Handzetteln der Kandidatin sowie - zumindest bis gestern Nachmittag - auf ihrer Internet-Seite.

Eine klare Verletzung des Urheberrechts, befand Vorsitzender Richter Dr. Henning - denn das Foto Ulusoys wurde von der Druckerei hergestellt, die damit auch die Urheberrechte an dem Bild besitze. Die Geschäftsführerin des Betriebs, Irem Uyan, und Anwalt Martin Kuhr forderten daher: sofortiges Abhängen der Plakate oder Bezahlen der Rechnung. Bis Dienstag, 22. September, 17 Uhr, so der Vergleich, den Richter Henning aushandelte, muss Ulusoy nun genau dies: bezahlen - und zwar 2000 Euro plus Gerichtskosten, oder die Plakate müssen bis dahin entfernt beziehungsweise überklebt werden. Folgt sie der gerichtlichen Auflage nicht, wird eine zusätzliche Vertragsstrafe von 3000 Euro fällig.

Ulusoy, die in der Vergangenheit als SPD-Kandidatin bei Kommunalwahlen in Heidelberg sowie als Geschäftsführerin einer Versicherungs- und Finanzdienstleistungsfirma für Türken in Schwetzingen in Erscheinung getreten ist, wurde erst kürzlich wegen unbezahlter Arztrechnungen und offener Mietforderungen vorübergehend festgenommen. Weitere, trotz gerichtlichen Vergleichs seit 2006 offenbar nicht bezahlte Schulden von über 4600 Euro, stehen außerdem im Raum.

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