Umwelt

"Gemeinsam gegen Kippendreck" - so lief die Aktion in Mannheim

Von 
Roland Schmellenkamp
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Uwe Franken (RhineCleanUp Koordinator für die Metropolregion Rhein-Neckar), Bürgermeisterin Diana Pretzell, Alexandra Kriegel (Leiterin Stadtraumservice Mannheim), Alexander Baum (Projektleiter Surfrider Baden-Pfalz), Petar Drakul (Innenstadtbeauftragter des Oberbürgermeisters, Leiter Projekt FutuRaum) auf dem Mannheimer Marktplatz. © Roland Schmellenkamp

Mannheim. Eine große Plexiglassäule bis oben voll mit Zigarettenkippen - das ist das Ergebnis der Aktionswoche "Gemeinsam gegen Kippendreck" von den Vereinigungen RhineCleanUp und Surfrider sowie dem städtischen Projekt FutuRaum und dem Stadtraumservice. Dabei wurden mit über 160 000 Kippen sogar so viele gesammelt, dass sie nicht alle ins Gefäß passten. Rund sechs Millionen Liter Wasser könnten damit vergiftet werden, rechneten gestern auf dem Marktplatz zum Abschluss der Woche die Organisatoren vor. 

Uwe Franken (RhineCleanUp Koordinator für die Metropolregion Rhein-Neckar) erläutert, dass eine Kippe sogar bis zu 1000 Liter Wasser verunreinigen kann, wenn sie direkt in einen Fluss oder See gelangt. Zwar sei die Sammelaktion nur "ein Tropfen auf dem heißen Stein", aber es gehe den Organisatoren vor allem um Aufklärung zur Schädlichkeit der Stummel. Anekdote am Rande: Die ehrenamtlichen Kippensammler seien, so Franken, von Passanten gefragt worden, ob sie Sozialstunden leisten müssten oder wie viel sie mit der Arbeit verdienen würden.

Das sagt Bürgermeisterin Diana Pretzell zu den Kippen in Mannheim

Wie erfolgreich die Aktion war, macht eine weitere Zahl deutlich: Der Stadtraumservice, so Umwelt-Bürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne), sammelt mit 1,5 Millionen Kippen zwar die zehnfache Menge auf - aber nicht in einer Woche, sondern in einem Jahr. Weitere 1,5 Millionen würden in die aufgestellten Müllbehälter geworfen. Die Bürgermeisterin zum Problem Kippen auf dem Boden: "Das muss besser werden!" Sie appelliert an Raucher, Taschenaschenbecher zu benutzen, wenn kein Mülleimer in der Nähe ist. Die ehrenamtlich organisierte Aktionswoche sei, so betont sie, sehr wichtig gewesen. 

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Alexander Baum (Projektleiter Surfrider Baden-Pfalz) erläutert, dass allein von seiner Organisation mehr als 100 Teilnehmer ungefähr je vier Stunden Kippen gesammelt haben. Das teilweise unter erschwerten Umständen: Mit Zangen wurden sie sogar zwischen Pflastersteinen hervor gekratzt. Einfacher war es am Rhein, die Surfrider hatten sich vor allem aufs Ufer konzentriert. Dort wurden auch auf Initiative von Baum rund 100 Infoschilder auf Sitzbänke geschraubt, die über Kippen informieren und die Raucher dazu bewegen sollen, sie in die Müllbehälter zu werfen. Neben den Rheinterrassen gab es weitere Sammelaktionen in Jungbusch an der Teufelsbrücke sowie im Bereich des Marktplatzbrunnens. 

Gewerbetreibende in Mannheimer Innenstadt stören sich an fehlender Sauberkeit

Gesammelt haben auch viele Privatleute, die ebenfalls die Plexiglassäule füllten: Beispielsweise Annette Schrimpf, die entlang der Waldhofstraße Kippen auflas. Außerdem hatten Gastronom Ronald Boland und TSG-Vorsitzender Andreas Hänssler volle Behälter mitgebracht. Auch SPD-Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori füllte auf dem Weg zu ihrem Büro einen Literbehälter mit aufgesammelten Kippen und habe dabei auch mit Gewerbetreibenden in der Innenstadt gesprochen: "Sie stören sich an fehlender Sauberkeit."

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Cademartori habe zwar schon gewusst, dass die Zigarettenstummel umweltschädlich sind, aber in der Aktionswoche mehr darüber erfahren. Hintergrund: Die Filter enthalten bis zu 7000 verschiedene Giftstoffe, die für Mensch und Tier schädlich sind und ins Grundwasser gelangen. Außerdem ist der Filter aus Zellulose-Acetat biologisch nicht abbaubar und zerfällt zu winzigen Plastikstücken.

Bürgermeisterin Pretzell erklärt, dass die Stadt versuche schon in in Kindergärten und Schulen zum Thema Müll zu sensibilisieren: "Es ist wichtig, dass jeder einzelne seinen Beitrag leistet." Am besten sei, wenn gar kein Müll auf dem Boden liege, vor allem wegen der Giftstoffe keine Zigarettenkippen. Petar Drakul (Innenstadtbeauftragter des Oberbürgermeisters und Leiter Projekt FutuRaum) zeigt auf die Plexiglasäule und meint: "Wir sehen, wie eklig die Stummel sind." In der Innenstadt sei eine weitere Reinigungsaktion mit Ehrenamtlichen geplant.

Viele Tiere fressen Kippenmüll

Laut ZDF landen Zigarettenkippen oft direkt in der Kanalisation oder deren Inhaltsstoffe werden durch Regenwasser ausgespült. So gelangen beispielsweise polyzyklische Aromate, Metalle wie Blei und Arsen, Phthalate, Nikotin und flüchtige organische Verbindungen in die Gewässer. Dort schädigen sie Fische, Amphibien, Weichtiere oder Wasserinsekten in Wachstum, Fortpflanzung und Verhalten. Und erhöhen die Sterblichkeit dieser Lebewesen. 

Weltweit gut eine Milliarde Raucher konsumieren jährlich über sechs Billionen Zigaretten. Laut BUND fressen viele Tiere den Kippenmüll, weil sie ihn mit Nahrung verwechseln. In einem Aquarium führe ein einziger Zigarettenstummel schon nach kurzer Zeit zu Lähmungen und Beeinträchtigungen des Nervensystems der Fische und nach vier Tagen zum Tod.

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