Uni-Klinikum - Gespräch über Risiken bei Infektionen nach chirurgischen Eingriffen / Zwei Prozesse nach Komplikationen aus 2013

Gefürchtet - Bakterien in OP-Wunden

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Im OP-Saal sollte penible Hygiene herrschen.

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"Im Klinikum sind postoperative Wundinfektionen keineswegs auffällig." Mit dieser Aussage kommentiert Professor Frederik Wenz im Internet zirkulierende Behauptungen, solche Komplikationen seien vor der Hygiene-Affäre außergewöhnlich häufig gewesen. Zu dem brisanten Thema befragte der "Mannheimer Morgen" den ärztlichen Direktor. Außerdem nahm Professor Peter Hohenberger, Sektionsleiter spezielle onkologische Chirurgie, an dem Gespräch teil.

"Zwei, drei Bakterien" reichen

Risiken für Wundinfektionen, betonen die beiden Ärzte, seien je nach OP-Bereich unterschiedlich hoch - eine Botschaft, die sich auch durch die Fachliteratur zieht. "Ein Kniegelenk ist aseptisch", erläutert Professor Hohenberger. Allerdings würden "zwei, drei Bakterien", beispielsweise Streptokokken, für eine Infektion reichen. Hingegen sei der Bauchraum alles andere als keimfrei. In einer solchen Körperregion bestehe die Gefahr, dass körpereigene Erreger übertragen werden können. Insofern verwundert es nicht, dass Infektionen nach Dickdarm-Eingriffen generell deutlich häufiger vorkommen.

Weil es sehr genau zu unterschei-den gelte, welche ausgeführt wird, erläutern die Ärzte, könnten leicht Äpfel mit Birnen verglichen werden. Deshalb hat das Klinikum unlängst darauf hingewiesen, dass es für mehr Transparenz den Qualitätsbericht 2014 mit Daten zu Wundinfektionen auf die Homepage (siehe Infobox) gestellt hat. Bei der Häufigkeit postoperativer Entzündungen geht die Schere weit auseinander. Wenz und Hohenberger klären auf: Wenn bei Verletzungen als Folge eines Verkehrsunfalls oder von Verbrennungen zum Skalpell gegriffen wird, kann es Infektionen bis zu 20 Prozent geben. Hingegen bewege sich diese Quote bei Hüftgelenkersatz zwischen 0 bis 4 Prozent.

Und wie merkt eine Klinik, ob bei ihren Patienten häufiger Mikroor-ganismen in OP-Wunden wüten? Wenz: "Wir nehmen an einem Meldesystem der Krankenkassen für repräsentative Eingriffe teil." Könnten unliebsame Infektionen einfach verschwiegen werden? Wenz und Hohenberger schütteln den Kopf: Das gehe schon deshalb nicht, weil in den abgerechneten Behandlungen längere Klinikaufenthalte, einschlägige Nachtherapien oder Revisionseingriffe festgehalten sind.

Viele Risiko-Patienten in Uniklinik

Da Unikliniken besonders häufig Hochrisiko-Patienten operieren, werten die Kassen Wundinfektio-nen nach Klinikkategorien aus. Es mache schließlich einen Unter-schied, ob ein auf Sportler speziali-siertes Haus vor allem bei jungen Fußballern Eingriffe vornimmt, so Wenz, oder mehrfach kranke ältere Patienten unters Messer kommen. "Im Vergleich mit anderen Unikliniken gibt es bei uns keine Überschreitungen üblicher Infektionsraten", erklärt der ärztliche Direktor. Dass es im Uni-Klinikum 2013 nach gut verlaufenen Kreuzband-OPs zu Entzündungen gekommen ist, darüber berichtete der "MM". Höchstwahrscheinlich kamen Staphylokokken über chirurgisches Besteck ins Knie. Von vier betroffenen Patienten, so Wenz, haben zwei einen Prozess angestrengt. Eine Klagewelle in Zusammenhang mit der Hygiene-Affäre habe es bislang nicht gegeben.

Neuerdings kursiert das Gerücht, im Uniklinikum habe in manchen OP-Bereichen die Entzündungsquote bis zu 20 Prozent zugenommen. Verwiesen wird auf die Expertenkommission. Allerdings nennt diese in ihrem Abschlussbericht (die dem "Mannheimer Morgen" vorliegt) weder solche noch andere konkrete Zahlen zu Wundinfektionen im Klinikum.

Wundinfektion

In Deutschland werden jährlich über 13 Millionen OPs stationär ausgeführt. Auf jeweils 100 kommt es bei knapp zwei (1,65) zu Infektionen.

Das Mannheimer Uniklinikum nennt folgende Wundinfektionsraten: Hüftgelenk-OPs (je nach Eingriff) 0 bis 4 Prozent, Kniegelenksersatz 0 bis 3 Prozent, Herzschrittmacher-Implantationen 0 bis 3,5 Prozent. Auf der Homepage ist der Qualitätsmanagementbericht für 2014 einsehbar: (http://intra4x.umm.de/1847).

Neben penibler Hygiene (wie steriles OP-Besteck) spielen Art und Menge der Mikroorganismen (meist Bakterien), die in eine Wunde gelangen, eine Rolle, aber auch körpereigene Keimquellen, Länge einer OP, Immunabwehr eines Patienten. wam

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