Mannheim. Die deutsch-französische Freundschaft hat am Dienstag beim Mannheimer Salon Diplomatique im Mittelpunkt gestanden. Dabei betonte François Marie Delattre, seit September 2022 Frankreichs Botschafter in Deutschland, dass die beiden Länder der Motor für die europäische Integration seien: „Ich glaube von Herzen, dass wir eine besondere Verantwortung haben, Europa zu stärken angesichts der riesigen Herausforderungen“, sagte Delattre im Square des Radisson Blu.
Französischer Botschafter in Mannheim: "Europa muss geschlossen reagieren"
Er selbst sei Anfang Oktober beim deutsch-französischen Gipfel in Hamburg gewesen, zu dem Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron eingeladen hatten. Von diesem Dialog ging laut des Spitzendiplomaten Optimismus und gegenseitiges Vertrauen aus. Das sei auch angesichts des Ukraine-Kriegs wichtig, um Lösungen für die Sicherheit in Europa zu finden. „Durch den Angriff der Hamas in Israel ist ein neues destabilisierendes Sicherheitsrisiko dazugekommen“, blickte Delattre auf die jüngsten Ereignisse.
Seine Schlussfolgerung mit Blick auf den europäischen Einfluss in der Weltpolitik und Weltwirtschaft: „Wir müssen stark und geschlossen als Europa reagieren. Ansonsten werden wir verschwinden.“ Dabei ging sein Fokus auf Themen wie Verteidigung, Energie und Schlüsseltechnologien wie etwa Künstliche Intelligenz, Biotechnologie oder Quantentechnik.
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„Weder die deutsche noch die französische Wirtschaft verfügt über eine ausreichend kritische Größe, um der Konkurrenz aus anderen Länder standzuhalten“, sagte der Botschafter. Daher sei es wichtig, dass Deutschland und Frankreich eng mit Freunden wie den USA zusammenarbeiten würden. Er zeigte sich davon überzeugt, dass die beiden Länder die Herausforderungen meistern würden, auch wenn sie in Künstliche Intelligenz im Jahr 2022 nur halb so viel wie China und zehn Mal weniger als die USA investiert hätten: „Das ist unglaublich.“
Enge Partnerschaft zwischen Frankreich und Baden-Württemberg
Doch die deutsch-französische Freundschaft erstrecke sich nicht nur auf staatlicher Ebene, betonte Delattre, der Deutschland in seinem Herzen und in seiner DNA trage. So sei die „exzellente Zusammenarbeit“ zwischen Frankreich und Baden-Württemberg - etwa beim Verkehr, der Wissenschaft, der Kultur und der beruflichen Bildung - über Jahrzehnte gewachsen. Dazu gebe es 500 Patenschaften zwischen Kommunen in Baden-Württemberg und Frankreich.
„Die wirtschaftliche Partnerschaft ist dynamisch und erfolgreich.“ So würden hier 1000 französische Unternehmen mit rund 60 000 Beschäftigten tätig sein. Umgekehrt seien aus Baden-Württemberg 400 Unternehmen in Frankreich aktiv: „Das zeugt von der Qualität und Tiefe der Wirtschaftsbeziehungen.“
Verstärkt werde die von der investitionsfreundlichen Politik unter Macron: „2022 gab es ein Rekordjahr mit 75 neuen Investitionsprojekten von Unternehmen aus Baden-Württemberg.“ So habe sein Land ein 54 Milliarden schweres Investitionsprogramm bis 2030 aufgesetzt: „Das ist ein entscheidender Schritt, das Frankreich von Morgen aufzubauen.“
Insgesamt, so Delattres Botschaft, sei die politische und wirtschaftliche Dynamik zwischen beiden Ländern „sehr positiv“ und die Rahmenbedingungen attraktiv für Kooperationen. Kernbausteine der deutsch-französischen Freundschaft seien „Leidenschaft, Beziehungen und Liebe“. Deswegen seien Städtepartnerschaften und persönliches Engagement so wichtig: „Das ist der Schatz unserer Beziehung.“
Französischer Botschafter trägt sich in Mannheims Goldenes Buch ein
Auf die enge Verbindung der Metropolregion Rhein-Neckar ging Folker Zöller, Honorarkonsul der Französischen Republik in Mannheim, ein. Der Élysée-Vertrag habe 1963 den Grundstein für die deutsch-französische Aussöhnung nach dem Zweiten Weltkrieg und die Freundschaft beider Länder gelegt. Doch: „Es ist wichtiger, was man aus einem Vertrag macht, und nicht, was drinsteht.“
So seien die 120 Städtepartnerschaften mehr als nur eine Zahl. „Sie stehen für die deutsch-französische Freundschaft. Frankreich spiegelt sich überall wieder.“ So seien auch die früheren französischen Botschafter in Deutschland, Anne-Marie Descôtes und Philippe Étienne, öfter zu Gast beim Mannheimer Salon Diplomatique gewesen. Laut Helmut Augustin, Vorstandsvorsitzender des Salon Diplomatique, sei der Élysée-Vertrag „die Basis aus ehemaligen Feinden Freunde werden zu lassen“.
Christian Specht kritisiert junge Generation
Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) schlug durchaus kritische Töne an, wenn er auf die jüngere Generation blickt: „Das Interesse am Französischen lässt nach. Das gilt auch umgekehrt.“ Wenn sich die Jugend beider Länder auf Englisch unterhalte, dann „ist das ein Problem“. Daher versuche die Stadt ihre Partnerschaft mit Toulon auf die Ebene 2.0 zu heben und etwa die Start-up-Szene beider Kommunen zusammenzubringen und Ausstellungen so aufzubereiten, dass sie problemlos auch in Frankreich gezeigt werden könnten.
Auch hätten beide Kommunen einen gemeinsamen Jugendrat für kommunalpolitische Themen gegründet: „Wir sollten auf diesem Weg weitergehen. Grenzschließungen wie bei Corona darf es nicht mehr geben“, betonte Specht, der die Gelegenheit nutzte und Delattre bat, sich in das Goldene Buch der Stadt einzutragen - wie es schon seien Vorgänger auch getan hätten. Auch das stellt Kontinuität in der deutsch-französischen Freundschaft dar.
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