Gemeinsame Stellungnahme

Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat verurteilen Corona-Proteste

Von 
Kai Plösser
Lesedauer: 
Etwa 2000 Teilnehmer und Teilnehmerinnen demonstrierten in der Mannheimer Innenstadt am Montag. © Thomas Tröster

Mannheim. Sechs von sieben Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat haben mit Unverständnis auf die Corona-Proteste am vergangenen Montag in der Quadratestadt reagiert. Das geht aus einer gemeinsamen Stellungnahme der Frakionen von Grüne, SPD, CDU, FDP/MfM, Li.Par.Tie und Freie Wähler-ML vom Freitag hervor. „Wir verurteilen Hass und Hetze und Gewalt und fordern alle rechtlichen Maßnahmen, solche unerlaubte Aufmärsche in der Zukunft zu verhindern. Lassen Sie uns als Mannheimer Bürgerinnen und Bürger weiter zusammenhalten und solidarisch füreinander einstehen“, machten die Fraktionen in ihrem Schreiben deutlich.  

Die Verantwortlichen würden ihr Bestes geben, um in der Pandemie gesundheitliche Schäden von den Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden. Es sei zwar Teil des demokratischen Diskurses sich über die Corona-Maßnahmen aufzuregen, die Impfungen zu hinterfragen und das Demonstrationsrecht wahrzunehmen. Aber mit Gewalt - auch gegen die Polizei - zu reagieren, „überschreitet die Grenzen des rechtlich zulässigen Verhaltens.“ Dies gefährde den gesellschaftlichen Zusammenhalt, hieß es. Ein solches Vorgehen habe weder etwas mit Meinungsfreiheit noch mit Selbstbestimmung zu tun.

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Mannheimer Corona-Proteste sollten sich fragen, „wem sie bei einer nicht genehmigten Demonstration hinterherlaufen und ob sie deren offensichtlich antidemokratischen Werte und unsolidarische Haltung wirklich teilen oder sich für anderer Zwecke und Ziele instrumentalisieren lassen.“ Es gehe bei den Protesten nicht um Frieden und Freiheit. Das Gegenteil sei der Fall.

Die Stellungnahme im Wortlaut

Stellungnahme der Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat zum sogenannten „Corona-Spaziergang“

Die Corona-Pandemie stellt für uns alle immer noch eine große Herausforderung dar. Besonders Familien, Kinder und Jugendliche, aber auch ältere Menschen und vulnerable Gruppen sind in besonderer Weise von den Einschränkungen betroffen. Zudem leiden einzelne Berufsgruppen wie Kulturschaffende, gastronomische Betriebe oder der Einzelhandel unter den notwendigen Beschränkungen. In Kliniken und Pflegeheimen gehen Ärztinnen und Ärzte sowie das Gesundheits- und Pflegepersonal tagtäglich bis an ihre Grenzen und darüber hinaus, um an Corona Erkrankten zu helfen, aber auch um trotz aller Vorsichtsmaßnahmen den regulären Betrieb weiter am Laufen zu halten. Die Pandemie beeinträchtigt den Alltag von uns allen und verlangt uns viel ab.

In dieser Zeit zählen Zusammenhalt, Achtsamkeit und Solidarität, aber auch Nachsicht, Umsicht und Geduld. Denn auch wenn nicht jeder bislang beschrittene Weg sich tatsächlich als zielführend herausstellt, so ist doch klar, dass die Verantwortlichen auf allen Ebenen mit allen Mitteln versuchen das Beste zu tun und gesundheitlichen Schaden von den Menschen abzuwenden. Und nichts desto trotz müssen wir in Politik und Gesellschaft weiter diskutieren und gemeinsam den besten Weg suchen, um möglichst gut aus dieser Pandemie herauszukommen.

Mit großem Unverständnis haben wir daher die als Spaziergang getarnte Demonstration am vergangenen Montag erlebt. Dem persönlichen Ärger und Frust über Corona-Schutzmaßnahmen Luft zu machen und sein Demonstrationsrecht wahrzunehmen ist Teil unseres demokratischen Diskurs. Aber mit Gewalt auf die Maßnahmen der Polizei zu reagieren und die körperliche Auseinandersetzung zu suchen überschreitet die Grenzen des rechtlich zulässigen Verhaltens und gefährdet den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Mit Meinungsfreiheit und Selbstbestimmung hat das nichts mehr zu tun. Wir haben Verständnis für diejenigen, die Fragen zu der Schutzimpfung haben oder derzeit mit Unsicherheit reagieren. Jede und Jeder muss sich aber fragen lassen, wem sie bei einer nicht genehmigten Demonstration hinterherlaufen und ob sie deren offensichtlich antidemokratischen Werte und unsolidarische Haltung wirklich teilen oder sich für anderer Zwecke und Ziele instrumentalisieren lassen. Hier geht es nicht um Frieden und Freiheit sondern um das Gegenteil.

Wir, die demokratischen Fraktionen im Mannheimer Gemeinderat, rufen alle Bürgerinnen und Bürger zum friedlichen Miteinander auf, zu Dialog und Austausch. Wir verurteilen Hass und Hetze und Gewalt und fordern alle rechtlichen Maßnahmen, solche unerlaubte Aufmärsche in der Zukunft zu verhindern. Lassen Sie uns als Mannheimer Bürgerinnen und Bürger weiter zusammenhalten und solidarisch füreinander einstehen.

Stefanie Heß und Melis Sekmen, Fraktionsvorsitzende GRÜNE Fraktion Mannheim

Thorsten Riehle, Fraktionsvorsitzender SPD im Mannheim Gemeinderat

Claudius Kranz, Fraktionsvorsitzender CDU Fraktion Mannheim

Dr. Birgit Reinemund, Fraktionsvorsitzende FDP / MfM Fraktion Mannheim

Prof. Dr. Achim Weizel, Fraktionsvorsitzender Freie Wähler – Mannheimer Liste

Dennis Ulas, Fraktionsvorsitzender Li.Part.Tie

Mannheimer Grünen-Landtagsabgeordnete wenden sich ans Innenministerium

Ähnlich sehen es auch die Grünen-Landtagsabgeordneten für Mannheim, Susanne Aschhoff und Elke Zimmer. Sie zeigten sich in einer Mitteilung bestürzt über die „Abendspaziergänge“ in Mannheim und anderen Orten im Südwesten. Die Politikerinnen könnten „solche hoch aggressiven illegalen Versammlungen nicht akzeptieren.“ Diese Aufmärsche seien das Gegenteil von Demokratie sowie Freiheit und würden „unter anderem von rechten Kreisen angezettelt und ausgenutzt“.

Aufgrund der Vorkommnisse in Mannheim, wo am Montag bis zu 2000 Demonstrierende teilgenommen hatten und sechs Polizisten verletzt wurden, wendeten sich Aschhoff und Zimmer mit einem Abgeordnetenbrief an das baden-württembergische Innenministerium. Trotz der hohen Zahl der Polizeikräfte sei "die Sicherheit in der Innenstadt von Mannheim einem Risiko ausgesetzt" gewesen. Den Angaben zufolge wird um Aufklärung darüber gebeten, welche Gruppen und Initiativen aus dem rechtsextremistischen Spektrum hinter der Aktion in Mannheim stehen und welche Ermittlungen geführt werden, auch mit dem Blick darauf solche Situationen zukünftig zu verhindern.

Redaktion

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen