Mannheim. Eines muss man Julien Ferrat lassen. Keinem anderen Mannheimer und keinem anderen deutschen Lokalpolitiker dürfte es gelungen sein, in so kurzer Zeit eine derartige Aufmerksamkeit zu erlangen. Auch wenn das kein Wert an sich sein muss. So nannte ihn das „Zeit“-Jugendmagazin „Deutschlands verrücktesten Stadtrat“.
Nicht zuletzt diesem Titel verdankt der 34-Jährige nun einen Wikipedia-Eintrag. In dem Online-Lexikon stehe sonst aus dem Gemeinderat nur die Sozialdemokratin Heidrun Deborah Kämper, und die in erster Linie als Sprachwissenschaftlerin, freut sich Ferrat in einer seiner ungezählten Pressemitteilungen.
Mannheimer Oberbürgermeister soll aktiv werden
Der Einzelstadt der selbstgegründeten Wählerinitiative „Die Mannheimer“ – im Kern eine Ein-Mann-Bewegung – verdankt seine Bekanntheit indes nur einem Thema. Jetzt will er die Erfolgswelle seiner „Bildungsreise“ mit Gleichgesinnten nach Cap d‘Agde weiterreiten. Dazu hat er am Mittwoch ein zehnseitiges Konzept vorgelegt, wie sich in Mannheim ein FKK-Swinger-Paradies nach dem südfranzösischen Vorbild entwickeln lasse. Angehängt hat er es einer schriftlichen Anfrage im Gemeinderat, in der CDU-Oberbürgermeister Christian Specht zum Aktivwerden aufgefordert wird.
Bei den Etatberatungen im Dezember wollte der studierte Sozialwissenschaftler bereits eine entsprechende Machbarkeitsstudie. Wie alle seiner 300 Anträge wurde das abgelehnt, außer ihm stimmte niemand dafür. Auch jetzt macht sich Ferrat über die Erfolgsaussichten keine Illusionen. Ihm würde schon genügen, eine „gewisse Offenheit“ für das Thema zu erreichen, sagt er dem „MM“. Politische Unterstützung signalisiere ihm bisher zwar niemand. Aber ein Gemeinderatsmitglied habe ihm in einer Sitzungspause erzählt, selbst vor längerer Zeit schon mal in Cap d‘Agde gewesen zu sein. „Und an meiner Bildungsreise hat ja auch ein Bezirksbeirat teilgenommen.“ Name und Partei behält er in beiden Fällen für sich.
Gewinn für die Stadt von 100 Euro pro Gast und Tag?
Das breite Interesse an seinem Projekt zeige auch die enorme Resonanz, argumentiert Ferrat. Sogar französische und spanische Medien hätten über das Vorhaben berichtet, in Mannheim ein FKK-Swinger-Paradies zu schaffen. Dem 34-Jährigen schwebt ein 1000 bis 2000 Gäste fassendes Ressort vor. Es soll sich vorrangig an Paare, homosexuelle Männer und „BDSMler“ richten. Wer nicht weiß, wofür das Kürzel steht, will es vermutlich auch nicht wissen.
Geeignete Standorte fänden sich etwa auf der Friesenheimer Insel, so Ferrat. Am profitabelsten wäre es, Hotels, Gastronomie und dergleichen mit einer städtischen GmbH zu betreiben. Nach seinen Berechnungen lasse sich damit pro Tag und Gast ein Gewinn von 100 Euro erzielen. Bei einer 100-tägigen Öffnung bringe das der Stadtkasse jährlich einen zweistelligen Millionenbetrag. Investitionskosten hat der Stadtrat nicht eingerechnet. Die seien schwierig zu schätzen. Sein Konzept sei ja nur ein erster Schritt.
Wann glaubt Ferrat, dass sein Wikipedia-Eintrag mit „Wegbereiter des Mannheimer FKK-Swinger-Paradieses“ ergänzt wird? „Da möchte ich keine Prognose abgeben.“ In Cap d‘Agde seien es bis zur Inbetriebnahme 16 Jahre gewesen. Der dortige Tourismus-Leiter habe ihm zum Abschied viel Glück gewünscht.
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