Stadtrat und Fälschungsvorwurf - Stadtrat nach Fälschungsvorwurf "formell nicht bestraft"

Ferrat bezahlt, Verfahren beendet

Von 
Heiko Brohm
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Julien Ferrat sitzt als unabhängiger Politiker im Gemeinderat.

© Die Linke

Zumindest strafrechtlich ist die Affäre um den Stadtrat Julien Ferrat abgeschlossen: Das Verfahren gegen den Lehramtsstudenten wegen Urkundenfälschung im Zusammenhang mit der Uni-Wahl 2014 wurde gegen eine Geldzahlung eingestellt.

3600 Euro muss der 23-Jährige jetzt an eine gemeinnützige Organisation bezahlen, so entgeht er einem Gerichtsverfahren. Außergewöhnlich: Ferrat teilte die Einstellung des Verfahrens gestern selbst per Pressemitteilung mit. Bei der Ermittlung ging es um gefälschte Unterschriften auf Wahllisten von Die Linke/SDS.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte auf Nachfrage den Sachverhalt. Demnach gilt Ferrat "formell als nicht bestraft", sagte Staatsanwältin Sandra Utt. Eine Einstellung gegen eine Geldzahlung werde in der Regel nach Verhandlungen mit den Verfahrensbeteiligten beschlossen.

Uni erwägt weitere Schritte

Die Universität reagierte zurückhaltend auf die Meldung. "Wir haben dazu bislang noch nichts erfahren", sagte Dieter Zinser, Leiter des Rektoratsbüros der Hochschule. Sobald eine schriftliche Begründung vorliege, würden die Justiziare den Fall prüfen. "Davon hängt dann ab, ob wir noch den zivilrechtlichen Weg beschreiten", sagt Zinser. Schließlich seien der Universität im vergangenen Jahr zusätzliche Kosten entstanden, weil eine Wahl wiederholt werden musste.

Es geht um die Wahl des Studierendenparlamentes Anfang April des vergangenen Jahres: Im Vorfeld war es zu massiven Fälschungen auf der Liste der Gruppe Die Linke.SDS gekommen. Sowohl Kandidaten auf der Liste als auch die Mehrheit der notwendigen Unterstützer haben nicht selbst unterschrieben. Ihre Unterschriften waren gefälscht worden. Eingereicht wurde die Liste von ihrem damaligen Spitzenkandidaten Julien Ferrat.

Die Universität erklärte die Wahl später für ungültig, setzte eine Wiederholung an und erstattete Anzeige gegen unbekannt. Diese Anzeige führte zu den Ermittlungen gegen Ferrat.

Brisanz bekam die Affäre zudem durch das lokalpolitische Engagement Ferrats. Der Student kandidierte vergangenes Jahr bei der Gemeinderatswahl für die Linke auf Listenplatz drei. Noch vor der Kommunalwahl wurden die Fälschungsvorwürfe öffentlich, Die Linke forderte Ferrat auf, seine Kandidatur zurückzuziehen. Das tat er indes nicht - und zog so auf das Ticket einer Partei in den Gemeinderat ein, die ihn zu diesem Zeitpunkt gar nicht mehr auf der Liste haben wollte. Im Gemeinderat sitzt Ferrat seitdem als unabhängiger Stadtrat.

Ferrat zeigte sich über die Einstellung des Verfahrens erleichtert, wie er schreibt. "Nach Aktenlage hätte ein Schriftvergleich weder meine Unschuld noch eine Schuld feststellen können. Wegen widersprüchlicher Zeugenaussagen wäre ein langwieriges Gerichtsverfahren mit ungewissem Ausgang die Folge gewesen." Als damaliger Spitzenkandidat der Liste übernehme er "die politische Verantwortung. Eine persönliche Verantwortung weise ich entschieden zurück." Im Gemeinderat wolle er weiter aktiv bleiben.

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