Luisenpark - Fernmeldeturm muss saniert werden / Haustechnik und Brandschutz / Kosten von 7,6 Millionen Euro geschätzt

Fernmeldeturm bald für ein Jahr gesperrt?

Lesedauer: 
Vermutlich 2020 zur Sanierung gesperrt: Drehrestaurant „Skyline“ (obere Fensterreihe) und Aussichtsplattform (untere Reihe) des Fernmeldeturms. © keiper

Eine Hochzeit im nächsten Frühjahr mit bestem Blick auf die Region feiern? Ein Firmenfest mit schönster Aussicht? Wenn Florian Polomski derzeit solche Anfragen bekommt, zögert er. „Ich weiß gar nicht, was ich den Leuten sagen soll“, seufzt der Betreiber vom Drehrestaurant „Skyline“ auf dem Fernmeldeturm. Denn vermutlich ist nicht nur sein Restaurant, sondern der ganze Turm im gesamten nächsten Jahr geschlossen: Es steht eine komplette Sanierung des Bauwerks an.

Offizielle Aussagen dazu gibt es jedoch nicht. „Zum aktuellen Zeitpunkt können wir zu dem Themenkomplex leider noch keine Angaben machen“, heißt es nur auf eine Anfrage des „MM“ bei Stadtpark-Geschäftsführer Joachim Költzsch von seiner Sprecherin. Die Stadtpark-Gesellschaft ist Eigentümer der öffentlichen Flächen des Turms, während der Telekom-Tochter Deutsche Funkturm die technischen Bereiche gehören.

Polomski hat man vertröstet, bis der Aufsichtsrat der Stadtpark-Gesellschaft informiert wurde und entscheidet. Doch der tagt erst wieder im Mai. Im vergangenen Jahr teilte Költzsch dem Gremium zwar mit, dass eine aufwendige Sanierung der gesamten Haustechnik ansteht, die auch mit einer Schließung verbunden sein muss. Details kennt das Gremium aber nicht. Man gehe nur von einer „Riesensache“ aus, hört man bei den Mitgliedern. Ihnen gegenüber war zunächst von Kosten von etwa zwei bis drei Millionen Euro die Rede. Allein dafür seien die Sanierungsrücklagen der Stadtpark-Gesellschaft nicht ausreichend.

Pächter muss entschädigt werden

Inzwischen steht nach „MM“-Informationen aber fest, dass diese Summe lange nicht reicht. Der Betrag sei „noch deutlich höher“, heißt es in der Stadtverwaltung. Danach rechnet man derzeit mit 7,6 Millionen Euro. In erster Linie betrifft dies die Erneuerung der kompletten Haustechnik: Lüftung, Heizung, Sanitäranlagen, Elektrotechnik, Mess- und Regeltechnik, Aufzugssteuerung sowie insbesondere den Brandschutz. Bis auf die - beheizten, damit sie nicht einfrieren - Wasserleitungen, die mal vor einigen Jahren nach einem Wasserrohrbruch ausgetauscht wurden, stammt ein Großteil der Haustechnik noch aus der Bauzeit in den 1970er Jahren. Für viele Anlagen sind keine Ersatzteile mehr zu bekommen, teilweise existieren die Herstellerfirmen gar nicht mehr.

Relativ neu sind feuerhemmende Abtrennungen, Fluchtschleusen, Löschwasser-Leitungen: Nach der Brandkatastrophe auf dem Düsseldorfer Flughafen 1996 steckte man 1999/2000 etwa 800 000 Euro in verbesserten Brandschutz. Aber auch da muss viel nachgearbeitet werden, weil die Vorschriften inzwischen noch deutlich strenger sind. 2002 wurde die Küche im Basisgeschoss erneuert. Andere Sanierungsarbeiten gab es seit Jahrzehnten nicht, höchstens kleinere Reparaturen.

Die Summe von 7,6 Millionen Euro enthält nicht nur reine Baukosten, sondern geschätzt etwa eine Million Euro an Ausgleichszahlungen. Die Stadtpark-Gesellschaft rechnet nämlich damit, dass sie den Pächter des Restaurants „Skyline“ und der Aufzüge entschädigen muss. Das ist seit 26 Jahren Holger Polomski. Er hat den laufenden Betrieb inzwischen weitgehend seinem Sohn Florian übergeben, der auch einige Neuerungen - etwa vegane Angebote auf der Speisekarte - einführte. Aber der Pachtvertrag von Polomski gilt bis einschließlich 2024.

„Wenn ich ein Jahr schließen muss, laufen dennoch meine Leasingverträge weiter und ich muss Löhne für mein gutes Personal zahlen, um es zu halten“, argumentiert Florian Polomski. „Wir wünschen uns die Sanierung, aber man muss für uns eine Lösung finden“, bittet er um Verständnis. Mehr sagt er nicht.

Noch unklar ist auch, aus welchen Mitteln die Sanierung bezahlt wird. Die Stadtpark-Gesellschaft hofft auf einen Investitionszuschuss - aus dem städtischen Haushalt oder aus Mitteln, die für die Bundesgartenschau 2023 vorgesehen ist. Denn damit er bis dahin in jedem Fall wieder als Besucherattraktion zur Verfügung steht, müsse die Sanierung zwingend 2020 starten, heißt es.

Fernmeldeturm

  • Der Fernmeldeturm wurde – mit 64 Pfählen elf Meter tief im Erdreich verankert – von 1973 an errichtet und zur Bundesgartenschau 1975 eröffnet.
  • Zwei Aufzüge bringen – mit sechs Metern pro Sekunde – Besucher auf ein Aussichtsgeschoss in 121 Metern Höhe oder ins Drehrestaurant „Skyline“ in 125 Metern. Das dreht sich einmal pro Stunde um die eigene Achse.
  • Das zunächst 205, seit Anfang 2016 nach Installation einer neuen Antenne 218 Meter messende höchste Gebäude der Stadt hatte eine wichtige Funktion als Antennenträger für die Bundespost (später Telekom), die hier Richtfunkstrecken für Telefon und Datendienste bündelte.
  • Seit immer mehr Glasfaserkabel im Boden verlegt werden, hat der Turm diese zu Beginn der Nutzung von ISDN, Bildschirmtext und Cityruf wichtige Funktion verloren. Die Zahl der Antennen auf der Arbeits- und den drei weiteren Betonplattformen ging daher immer weiter zurück.
  • Inzwischen wird der Turm nicht mehr nur für den Richtfunkverkehr und die Ausstrahlung einiger Radioprogramme genutzt, sondern er trägt Sendeanlagen für das digitalterrestrische Fernsehen und den Start von DVB-T2 HD.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen