Mannheim. Acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Teil- und Vollzeit beschäftigt Samuel Koch, die ihn in seinem Alltag unterstützen. Seit seinem Unfall bei der Fernsehsendung „Wetten, dass...?“ ist der 34-Jährige vom Hals ab gelähmt. Mindestens einen Begleiter braucht Koch deshalb immer, sein Team arbeitet im Schichtbetrieb. Ein kleines Unternehmen, das es zu managen und dabei auch das Wohlbefinden der Mitarbeitenden im Blick zu haben gilt.
Deshalb hat Koch, der zum Schauspiel-Ensemble des Mannheimer Nationaltheaters gehört, ein Angebot seines guten Bekannten Achim Ihrig gerne angenommen. Ihrig ist Geschäftsführer der Avendi-Gruppe, die in Mannheim 25 stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen betreibt. Und damit - in einer viel größeren Dimension als Koch - das Wohlbefinden seiner Pflegekräfte im Blick haben muss. Avendi hat deshalb mit Rafaela Schmitt eigens eine „Feel Good Managerin“ eingestellt. Ihrigs Angebot an Koch: Rafaela Schmitt schaut sich die Wünsche und Bedürfnisse im Pflegeteam des Schauspielers an.
Theologie studiert und in Spanien gearbeitet
„Der Alltag der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Pflege ist neben der körperlichen Belastung auch in der Psyche extrem belastend, insofern versuchen wir, mit dem ,Feel Good Management’ möglichst pro aktiv auf Probleme zu reagieren“, erklärt Ihrig, dem kein anderes Pflege-Unternehmen mit einem ähnlichen Angebot bekannt ist. Natürlich, so betont der Avendi-Geschäftsführer, gehe es dabei auch darum, Erkrankungen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern möglichst zu vermeiden.
Rafaela Schmitt hat Theologie und Erziehungswissenschaften studiert und danach vier Jahre als Fremdsprachen-Lehrerin in Spanien gearbeitet. Sie kennt sich also aus mit Gruppen und ihren Dynamiken. Ihre wichtigste Aufgabe bei Avendi: reden. Es geht um den Austausch von Bedürfnissen der jeweils Betroffenen. Die können ganz unterschiedlich sein, wie sie erzählt. Manche Teams wollen eine Supervision, also eine Überprüfung der Arbeitsabläufe. Bei anderen geht es darum, einfach mal etwas gemeinsam zu unternehmen.
Zum Drehort ohne Aufzug
Über die jeweiligen Bedürfnisse zu sprechen, darum ging es auch, als Schmitt über mehrere Monate immer wieder bei Koch und seinem Team im Einsatz war. Schon sein Studium als Querschnittsgelähmter und auch jetzt seine Arbeit als Schauspieler am Theater und bei Filmproduktionen verlangten seinen Mitarbeitenden einiges ab, weiß Koch. „Gerade bei einem Querschnittsgelähmten wie mir müssen Dinge oft intuitiv klar werden.“
Er stößt im Alltag immer wieder an Grenzen - erst kürzlich etwa bei einem Dreh. Der war in der ersten Etage eines Hauses anberaumt, doch es gab keinen Aufzug. Und Kochs 180 Kilogramm schwerer Elektro-Rollstuhl lässt sich nicht so einfach die Treppen hochziehen. „Ich fand es ganz herzerwärmend, dass einer aus meinem Team gleich sagte: Das schaffen wir, das kriegen wir hin.“ Ein Stuntman am Set war beim Roten Kreuz und organisierte schnell einen leichten Rollstuhl. „Bei all den Herausforderungen ist es schon gewinnbringend, das Team von innen heraus zu sortieren - etwa durch Supervision“, sagt Koch.
Verein von Samuel Koch
- Der Verein „Samuel Koch und Freunde“ kümmert sich um pflegende Angehörige – etwa durch Netzwerke für den Austausch. Derzeit plant er „eine Wohlfühl- und Freizeitanlage“ für Pflegende.
- Die Hauptarbeit aller ehrenamtlichen Vereinsmitglieder besteht in den letzten Tagen und Wochen laut Samuel Koch allerdings darin, in kontinuierlichen Konvois diejenigen aus den Kriegsgebieten der Ukraine zu retten, die sich selbst nicht retten können – wie zum Beispiel Rollstuhlfahrende und andere Gehandicapte.
- Der Verein, so Koch, habe mit der Unterstützung von mittlerweile über 400 Helfern eine alte, leerstehende Behindertenwerkstatt wieder soweit in Schuss gebracht, dass dort bis zu 90 Geflüchtete barrierefrei untergebracht und versorgt werden.
- Mehr zum Verein unter www.samuel-koch-und-freunde.de
Rafaela Schmitt führte mehrere Gespräche, mit Koch und dem Team, jeweils getrennt voneinander. Das Besondere bei der Betreuung von jemandem wie Samuel Koch sei, dass das Team flexibel sein müsse, „weil es viele unvorhergesehene Situationen gibt, in denen man ganz schnelle Lösungen entwickeln muss“, sagt Schmitt. Da bedürfe es der Kommunikation, oft auch ohne Worte. „Jeder sieht die Situation anders, aber wir kommunizieren das nicht, oder die Zeit ist nicht da. Und so entstehen Ungereimtheiten, oder es bauen sich Konflikte auf.“
Das Ergebnis der Gespräche: Kochs Mutter ist nicht mehr in der Leitung des Pflegeteams, die sie als gelernte OP-Schwester innehatte. „Die Leitung des Teams hat nunmehr eine Fachkraft übernommen, die Pflege-Case-Management studiert hat“, erzählt Koch. Weitere Ergebnisse des Einsatzes von Rafaela Schmitt: Im Team Samuel Koch gibt es jetzt Dienstbesprechungen mit gezielten Themen-Schwerpunkten, Mitarbeitergespräche und zukünftig Weiterbildungsangebote.
Ein Geschäftsfeld? Erstmal nicht!
Dem 34-Jährigen ist durchaus klar, dass sein Team und er ein Beratungsangebot bekommen haben, das andere Pfleger und zu Pflegende in ähnlichen Situationen nicht nutzen können. „Die Möglichkeit sollte jeder Pflegende haben“, findet Koch. Ein Geschäftsmodell also, das Avendi-Chef Achim Ihrig vielleicht auch außerhalb seines Unternehmens anbieten könnte? Erstmal nicht, sagt Ihrig. „Aber es ist ein Punkt, über den man mal nachdenken muss.“
Wenn er auch konkret kein „Feel Good Management“ für Pflegende im Angebot hat - mit seinem Verein „Samuel Koch und Freunde“ engagiert sich der Schauspieler für pflegende Angehörige. Etwa dadurch, dass der Verein Netzwerke knüpft, in denen sich Betroffene austauschen können. Oder indem er pflegenden Familien Auszeiten in Form von Freizeiten zum Auftanken bietet.
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