Mindestens fünf Sitzplätze müssen sie haben - ein leuchtend gelbes "TAXI"-Schild auf dem Dach gehört ebenfalls dazu. Daran halten sich Mannheims Taxifahrer auch. Doch in einem Punkt tanzen seit 2005 einige von ihnen aus der Reihe. Immer mehr schwarze, dunkelblaue und silbergraue Taxen reihen sich ein in die Flotte der buttercreme-weißen auf dem Bahnhofsvorplatz. Seit November 2005 nämlich heißt es in Baden-Württemberg für die Taxenbetreiber: Freie Fahrt bei der Farbwahl. Die Begründung steht in einem Schreiben des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Dort heißt es: Ein anderer Anstrich störe "weder die Ordnung des Taxengewerbes noch wirkt er sich für die potenzielle Kundschaft nachteilig aus." Ein weiteres Argument, die Fahrer den Lack ihrer Arbeitsplätze selber wählen zu lassen, hat Taxifahrer Abdi Ayub parat: "In fast allen EU-Ländern herrscht freie Wahl. Deutschland ist da mitgezogen."
Mittlerweile akzeptieren außer Baden-Württemberg die Länder Schleswig-Holstein, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, das Saarland und Sachsen "schwarze Schafe" in der wollweißen Herde der Beförderungs-Vehikel. Für die Fahrer hat das mehrere Vorteile: "Erstens ist der Ton ,hellelfenbein' nicht attraktiv. Zweitens nutzen viele ihr Taxi auch privat und wollen dann nicht erkannt werden. Und drittens haben die Autos einen höheren Wiederverkaufswert", zählt Jürgen Schwarz auf. Er ist der Geschäftsführer der Mannheimer Taxizentrale 2 18 18 und hat sich selbst kurz nach der Gesetzesänderung einen schwarzen Dienstwagen gekauft. Auch die Mitglieder seiner Zentrale dürfen schwarz, weiß, grau, blau oder grün fahren - eben was sie wollen.
Hellelfenbein als "Signalfarbe"
Anders bei der Konkurrenz: Die Mitglieder der Zentrale 44 40 44 beschlossen mit einer "Drei-Viertel-Mehrheit", die Farbe beizubehalten. "Wegen der corporate identity", erklärt Michael Reitmeier. Der Mann von der 44 40 44 meint damit das einheitliche Auftreten seiner Kollegen. "Das wäre ja sonst so, als würde Aral auf einmal seine Tankstellen grün streichen." Fast ins Schwärmen kommt er, als er über den elfenbeinfarbenen Lack - im Fachjargon "RAL 1015" genannt - spricht. "Signalfarbe" nennt er den Ton, der nicht weiß und nicht gelb ist. Ein schwarzer Anstrich hat für ihn viele Nachteile: In der Nacht sehe man Autos dieser Farbe kaum. Im Sommer wiederum heize die Sonne das Auto auf. "Das verbraucht nur Sprit, weil die Klimaanlage mehr kühlen muss", sagt Reitmeier.
Und was halten die Kunden von den Bewegungen in der mobilen Branche? Ein Ehepaar am Hauptbahnhof hat es eilig. Flugs ruft es: "Die Farbe ist uns egal." Ein Herr aus der Schweiz nimmt sich mehr Zeit für eine Aussage, stimmt dem Paar im Grunde aber zu: "Hauptsache, das Taxi bringt mich ans Ziel", meint er. Dann schränkt er ein: "Allerdings erkennt man die hellen Taxis schon von weitem." Dazu fällt Taxifahrer Abdi Ayub wiederum ein, dass es schon Kunden gegeben hat, die noch nicht mal sein buttercreme-weißes Auto erkannt haben. "Sie standen neben mir und riefen bei der Zentrale an, wo denn ihr Taxi bleibt", erzählt er.
Tendenziell stellen er und Kollegen wie Ernst Löffel fest: "Die Farbe ist den meisten Kunden egal. Am Anfang war es für viele gewöhnungsbedürftig. Und auch heute noch: Wenn jemand aus einem anderen Bundesland kommt, ist er am Anfang etwas verwirrt. Manche dächten, man hätte keine Lizenz", so Löffel.
Schwarz ist "eleganter"
Bisweilen jedoch kommt es auch zu positiven Reaktionen, wie manche Chauffeure zu berichten wissen: "Dann sagt jemand: Das ist aber ein schönes Auto, endlich mal eine gute Farbe", so Jürgen Schwarz. "Schwarz!" - im Gegensatz zu seinem Kollegen lobt er den dunkeln Anstrich, dessen Bezeichnung er zufällig auch im Namen trägt: "Es sieht einfach edel aus, wenn man vorfährt." Dass ein Kunde aber aus diesem Grund unbedingt mit einem solchen Taxi fahren will, bestätigt niemand. "Es sind eher die Marke oder ein neues Modell, die die Gäste anziehen", sagt Löffel.
Und während das Land alle Farben erlaubt, scheint es ein unausgesprochenes Gesetz zu sein, dass nur gedeckte Farben akzeptiert werden: "Schwarz, grau, dunkelgrün und dunkelblau ist üblich", so Schwarz. Man wolle sich ja nicht lächerlich machen. Und trotzdem: Ernst Löffel erinnert sich an einen Kollegen, der vor einigen Jahren ein rotes Taxi fuhr: "Darauf hatte er einen Aufkleber mit der Aufschrift ,Feuerwehr'."
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-farbenlehre-der-taxi-branche-_arid,16251.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html