Netzkultur

Facebook-Gruppe "Bilder aus Mannheim" erobert die Herzen der Netzcommunity

Die Facebook-Gruppe „Bilder aus Mannheim“ will anders sein als andere Gruppen - ein Ort zum Wohlfühlen. Wie die Online-Gemeinschaft sogar echte Freundschaft und soziales Engagement entstehen lässt

Von 
Lea Seethaler
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Bild des Wahrzeichens gepostet – und schon kommen die ersten Nachfragen der Nutzer und werden gleich fachkundig beantwortet. © Lea Seethaler

„Unser Anliegen ist es, schöne Bilder von Mannheim zu machen und zu zeigen“, sagt Roland Marke. „Wir wollen Gegenpol zu anderen Gruppen sein“, erzählt er. „Gute Stimmung ist uns wichtig. Weil es Gruppen gibt, da hetzen Leute gegen Migranten oder leugnen Corona, das geht gar nicht“, so Marke. „Oder aber wenn du da schreibst ,Ich mag Bratwurst und Sauerkraut’, dann bist du gleich ein Nazi. Es ist alles so extrem geworden im Netz.“ Man wolle daher ein Ort sein, „an dem man sich wohlfühlen kann, wo es Regeln gibt und wo man nicht von Werbung, Trollen oder Fakeprofilen zugeballert wird.“

Geheimes aus der Spiegelfabrik

Roland Marke gehört zum Orga-Team der Facebook-Gruppe Bilder aus Mannheim. Zum „harten Kern“, wie er sagt. Die ist schon lange viel mehr geworden als eine Netzcommunity. Inzwischen entstanden dicke Freundschaften, und es gibt regelmäßige (Foto-)Treffen. „Wir treffen uns mittlerweile mindestens einmal im Monat im Restaurant Spiegelschlössl“, sagt Team-Mitglied Roland Weber.

In der Gegend kennt er sich aus. Lange Jahre arbeitete bei in der Spiegelfabrik auf dem Luzenberg. Seine Spezialität ist es, Bilder aus alten Zeiten der Fabrik zu posten. Die User liebten es, berichtet er. Per Foto gibt er exklusive Einblicke in die Fabrikation von damals, zeigt vergessene Momente. Etwa Bilder vom Zeitpunkt, wenn die flüssige Glaszunge im Produktionsprozess gerade glühend überläuft.

Infos und andere beliebte Gruppen für Mannheim-Liebhaber

  • Seit Juni 2022 gibt es die Gruppe Bilder aus Mannheim, sie hat mittlerweile 2800 Mitglieder. Gepostet werden im „familiären Rahmen “ schöne Bilder von Mannheim, von industrieromantischen Ecken, Fotos blühender Impressionen und Orten, die „auf den zweiten Blick schön sind“. Angespornt werden die Mitglieder etwa über die Wahl des „Bilds der Woche “. Der „harte Kern“ der Administratoren sind Marion Schöbel, Roland Weber, Roland Marke und Jasmin Fischer.
  • Weiter gibt es etwa die Gruppe Mannheim in Bildern. Sie umfasst mittlerweile mehr als 30 000 Mitglieder. „Diese Gruppe richtet sich an alle Mannheimer, Ur-Mannheimer, Wahl-Mannheimer, weggezogene Mannheimer und Mannheimer, die es noch werden wollen – kurzum: alle, die Mannheim toll finden, wie wir “, heißt es. Sie wird verwaltet von Medienunternehmer Daniel Adler.
  • Die Seite Mannheim in alten Bildern zeigt indes Stadtimpressionen aus dem Bestand des Marchivum Mannheim. Bei Alte Bilder Mannheim posten User derweil vor allem „alte Fotos von Mannheim und seinen Vororten“.
  • In der Gruppe Mannheimer Bilder und Videos gilt das ebenso. Dazu gibt es noch Bewegtbild. Auch Mannheim meine Heimatstadt hat mehr als 30 000 Mitglieder und bezeichnet sich als „Seite nicht nur für Mannheimer“

 

Egal, ob solch ein Foto, Luisenpark-Postkarte, GKM im Nebel oder vermeintlich unbekannte Stadtteil-Ecke: Die Gruppe lebt von den Kommentaren unter den Fotos. Dort teilt man Erinnerungen. Erzählt, was man erlebte oder was dort geschah. Oder teilt sein Wissen. Stellt Fragen, oder sucht mit Schwarzweiß-Bildern auch mal Verwandte oder Menschen, die sie kannten. Und egal, ob historische oder neue Fakten, echte Experten für sämtliche Themen gibt es bei Bilder aus Mannheim genug: „Der Hubert etwa, der kennt sich total mit Polizei aus, verfügt über wahnsinnig viele alte Bilder und weiß alles“, erzählt Weber. Seine Admin-Kollegen nicken eifrig.

„Gruppe hat mich gerettet“

„Mittlerweile haben wir auch viele Ukraine-Flüchtlinge in der Gruppe, die so unsere Stadt entdecken", sagt Marke derweil. „Das ist einfach nur toll, wenn man das sieht. Wenn sie etwa im Park sind oder Tipps für Ausflugsmöglichkeiten suchen und sie dann hier bekommen.“ Team-Mitglied Marion Schöbel ergänzt: „Oder es gibt auch Leute, die sind zum Beispiel nach Australien ausgewandert, aber in den 50ern hier aufgewachsen. Sie haben die Heimatliebe nicht verloren und finden die Heimat jetzt wieder über unsere Gruppe.“ Und so erfuhr etwa ein User letztens, „wie sein Geburtshaus jetzt aussieht“, obwohl er mittlerweile so weit weg lebt.

Du kannst posten, was du willst, wenn du dich an die Regeln hältst. Und wenn der Wasserturm drauf ist, dann flippen alle aus!
Roland Marke Organisations-Team der Facebook-Gruppe "Bilder aus Mannheim"

Schöbel selbst hält Kontakt mit Gruppenmitgliedern im Ausland, verbringt  viele Stunden täglich vor dem PC für die Arbeit in der Gruppe. Genau wie die anderen Admins. Denn die Netiquette-Regeln "sind wichtig und müssen eingehalten werden", das verlange Zeit und Aufmerksamkeit, erklärt das Team mehrfach.

„Ich hätte nie gedacht das Ruhestand so anstrengend sein kann“, sagt indes Weber und grinst, während er auf seinem Handy zeigt, welche „Guten Morgen“-Grüße er zuletzt täglich an die Gruppenmitglieder versendet hat. Mit Mannheim-Bild versteht sich. Auch das ist feste Regel im "Bilder aus Mannheim"-Kosmos. Genau so wie das "Bild der Woche", das stets gekürt wird. Denn besser als mit "Monnemliebe" starte es sich ja auch nicht in den Tag oder in die Woche, sind sich wieder alle einig.

Schöbel sagt indes: „Ich bin während Corona in Rente gegangen, und ich muss sagen, dass mich diese Gruppe echt gerettet hat.“ Sie ergänzt: „Alles war ja weggebrochen, da hat das wirklich geholfen.“ Sie ist wie die anderen aus dem Team in Mannheim groß geworden. Sie sei seit eh und je „hin und weg von der Stadt“.

Ihre Erinnerungen, die sie in der Gruppe teilt, stammen auch aus frühen Kindertagen. So erinnert sie sich unter Bildern etwa, was ihre Klassenlehrerin einst zu den Orten erklärte. „Die Marion macht Schlossführungen, da können alle anderen einpacken. Das Historische, das sie weiß, da braucht keiner so ein elektronisches Gerät, das spricht!“, sagt Weber, schaut zu ihr und lacht.

Charity-Projekte entstehen

Ja, auch Stadttouren gehören mittlerweile zum Repertoire von Bilder aus Mannheim. Zudem ist aus der Gruppe nun soziales Engagement entstanden. Mit dem Erlös aus Versteigerungen, etwa von alten Gegenständen mit Mannheimbezug oder „Stadtführungslohn“, hat die Gruppe jetzt 1000 Euro an die Tafel Mannheim gespendet, die zuletzt stark unter der Inflation litt. Weitere Charity-Aktionen sollen folgen. Man wolle etwas bewegen, so das Team.

Gruppenmitglieder sind derweil auch prominente Mannheimer. Wie etwa die Regional-Schriftstellerin Nora Noé. Auch die hatte die Versteigerung unterstützt und ihren Promifaktor genutzt: Das kam an. Allgemein gelte: „Du kannst posten, was du willst, wenn du dich an die Regeln hältst. Und wenn der Wasserturm drauf ist, dann flippen alle aus!“, sagt Roland Marke, lacht und erntet wieder Zustimmung seiner Admin-Kollegen.

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Fremdem Mann gefolgt

Doch an die guten Bilder muss man erstmal kommen. „Und manchmal ist es so, dass Leute dich auf der Straße ansprechen“, sagt Schöbel. „Ich war in den Quadraten Fotos machen, da kam ein Mann und fragte mich, was ich da mache. Ich habe es erklärt, sagte, ich bin geschichtlich interessiert. Dann sagte er ,Kommen sie mal mit’“. Schöbel stockt: „Man weiß ja nicht, auf jeden Fall bin ich einfach mal mitgegangen, rückblickend würde ich das vielleicht nicht mehr machen. . .“ Aber die Neugier habe sie getrieben. „Und dann sagte der Mann ,Hier unten ist eine Garage voller Oldtimer’ und dass er ein Sammler ist. Und er hat mir die ganzen Autos gezeigt. Das war beeindruckend, was sich da erstreckt hat in dieser Riesengarage.“ Roland Marke lehnt sich plötzlich ganz interessiert zu Schöbel: „Was, wie bitte, wo war das, das ist ja megacool. Erzähl mal!“ Er dreht sich wieder um. „Ich bin doch auch Mitglied in einer Oldtimergruppe auf Facebook, das ist meine weitere große Leidenschaft“, sagt er und grinst.

Roland Marke (v.l.), Marion Schöbel, Roland Weber übergeben Ronny Just von der Mannheimer Tafel in der „MM-Redaktion den Scheck. © Lea Seethaler

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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