Ein dreiachsiger 18-Tonner in Knallorange - auf den ersten Blick erscheint die neuste Anschaffung des Stadtraumservice Mannheim wie jedes gewöhnliche Müllfahrzeug. Es ist das Innere, das es besonders macht: Ausgestattet mit Brennstoffzellentechnologie wird es mit Wasserstoff betankt und stößt somit keine Abgase aus. „Mit dem ersten wasserstoffgetriebenen Abfallsammelfahrzeug gehen wir einen weiteren Schritt auf unserem Weg, die Stadt Mannheim klimaneutral zu machen“, freut sich Oberbürgermeister Christian Specht bei der feierlichen Übergabe des Fahrzeugs am Dienstag gemeinsam mit Vertretern der Metropolregion Rhein-Neckar und des Stadtraumservice.
Leise und emissionsfrei
Durch den Verzicht auf Dieselkraftstoff wird jährlich mit einer CO2-Einsparung von mindestens 22 Tonnen gerechnet. In der Brennstoffzelle wird bei der Reaktion von Wasserstoff und Sauerstoff elektrische Energie freigesetzt, welche eine Batterie antreibt.
Ein weiterer Vorteil besteht in der Lärmreduktion. Das geräuscharme Fahrzeug sorge für einen enormen Zugewinn an Lebensqualität - sowohl für die Anwohner als auch für das Personal der Müllabfuhr, erklärt Specht. Er erzählt, dass er kürzlich erst durch die Geräusche eines Müllautos in der Nachbarschaft daran erinnert worden sei, selbst die Mülltonne rauszustellen. Das werde bei geräuscharmen Fahrzeugen so natürlich nicht mehr funktionieren, scherzt der Oberbürgermeister. Vollgetankt hat das Wasserstoff-Müllfahrzeug eine Reichweite von 250 Kilometern. Das heißt, dass es je nach Sammeltour nur alle zwei bis drei Tage getankt werden muss.
Vollständige Umstellung geplant
Finanziert wurde die Anschaffung des 1,1 Millionen Euro teuren Fahrzeugs zu knapp 70 Prozent aus Fördermitteln. Diese Unterstützung auf dem Weg zur Klimaneutralität sei enorm wichtig, so Specht - zumal der Preis des Wasserstoff-Fahrzeugs rund 2,5 Mal so hoch sei wie der eines herkömmlichen Diesel-Müllfahrzeugs. Eine Flottentransformation sei für Kommunen ohne finanzielle Unterstützung also nicht stemmbar. Die Abfallwirtschaft, erklärt der Oberbürgermeister, sei besonders geeignet, um die neue Technologie im Echtbetrieb zu testen. Denn als Betrieb, der jeden Tag unterwegs sei und funktionieren müsse, lasse sich die Zuverlässigkeit der Fahrzeuge nur allzu gut unter Beweis stellen.
Bei der Umrüstung der Abfallwirtschaft auf emissionsfreie Fahrzeuge soll es jedoch nicht bleiben: Um die Klimaschutzziele zu erreichen, sei perspektivisch eine vollständige Umstellung der über 500 Fahrzeuge des Stadtraumservice, zu dem die Abfallwirtschaft gehört, geplant, teilt die Eigenbetriebsleiterin Alexandra Kriegel mit und spricht von einer „Mobilitätswende im eigenen Fuhrpark“. Rund zehn Prozent davon - vorwiegend Autos - besitzen bereits einen alternativen Antrieb. Im Laufe des nächsten Jahres sollen bei der Abfallwirtschaft insgesamt vier weitere wasserstoffbetriebene Müllfahrzeuge hinzukommen.
Die sukzessive Umstellung stelle für den Stadtraumservice einen bedeutenden Schritt dar, so Kriegel. Ob sich hierbei die etwas günstigeren herkömmlichen Batterie-Elektrofahrzeuge oder solche mit Wasserstoffantrieb durchsetzen, müsse sich langfristig zeigen. Neben der Beschaffung der Fahrzeuge sei auch die entsprechende Ladeinfrastruktur und Umrüstung der Kfz-Werkstatt notwendig. Ebenso wichtig sei es, das Personal im Umgang mit der neuen Technik zu schulen und für den täglichen Gebrauch zu wappnen. Die Offenheit und Bereitschaft der Mitarbeitenden gegenüber des „technischen Neulands“ sei dabei groß, lobt die Leiterin.
Die Inbetriebnahme des Wasserstoff-Abfallsammelfahrzeugs sei nicht nur für Mannheim bedeutsam, sondern auch ein wichtiger Schritt für den Aufbau des neuen Wasserstoffökosystems der Metropolregion Rhein-Neckar, verkündet Doris Wittneben von der Metropolregion Rhein-Neckar-GmbH. Im Rahmen des Projekts „H2Rivers“ wird seit etwa drei Jahren eine regionale Wasserstoffwirtschaft aufgebaut - diese reicht vom „H2 Hub“ auf der Friesenheimer Insel, wo der von BASF erzeugte Wasserstoff abgefüllt wird, bis zur entsprechenden Infrastruktur von Tankstellen und Bussen.
Das neue Wasserstoff-Müllfahrzeug muss zum Tanken allerdings bislang noch nach Heidelberg fahren - ab 2024 soll auch in Mannheim eine Wasserstofftankstelle in Betrieb gehen. Der von BASF auf der Friesenheimer Insel hergestellte Wasserstoff ist allerdings derzeit noch „grau“, also nicht komplett aus erneuerbaren Energien gewonnen.
Specht beeindruckt von Testfahrt
Nach einer kurzen Testfahrt mit Harald Jöst vom Stadtraumservice zeigt sich Specht beeindruckt von dem neuen Wagen. Abgesehen davon, dass das Fahrzeug leise sei und „schön anzieht“, stellt er einen Image-Effekt fest. Bereits während der kurzen Fahrt seien ihm die neugierigen Blicke der Passanten aufgefallen. Die Fahrzeuge würden zeigen, was für ein innovativer Betrieb die Müllabfuhr sei. „Die Mitarbeiter mit den orangenen Westen sind die wahren Botschafter der Stadt“, so der Oberbürgermeister.
Neben Mannheim haben auch die Abfallwirtschaftsbetriebe der Städte Heidelberg und Ludwigshafen ein entsprechendes Fahrzeug in Betrieb genommen.
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