Am Donnerstagmorgen hat der Streik der Lokführergesellschaft GDL im Personenverkehr bei der Deutschen Bahn begonnen. Es ist der fünfte Arbeitskampf im laufenden Tarifkonflikt. GDL-Chef Claus Weselsky ließ offen, ob er auch den Osterreiseverkehr bestreiken will. Reisende am Mannheimer Hauptbahnhof sind geteilter Meinung über den Arbeitskampf.
Streik bei der Bahn: "Finde ich schlimm"
„Ich finde den Streik unverantwortlich der Bevölkerung gegenüber“, sagt eine Frau, die aus Weinheim mit der Straßenbahn angereist ist. Sie möchte gern nach Hochspeyer und hat gerade festgestellt, dass der Regionalzug aufgrund der Fahrplanänderung dort heute nicht hält. Sie will nun bis Kaiserslautern fahren und hofft, von dort einen Regionalzug nach Hochspeyer zu finden. „Die Bahnsteige sind immer voll mit Pendlern, Studenten und Senioren, die Bahnen quellen über, wenn sie ein- und aussteigen“, meint sie mit Blick auf die große Anzahl von Menschen, die täglich auf die Bahn angewiesen sind. „Dass man das dem Land und der Bevölkerung antut, finde ich schlimm.“
Verständnis für den Streik bei der Bahn: Löhne erhöhen
Ein anderer Passant, der gerade die Bahnhofshalle betritt und nur selten Bahn fährt, hatte noch gar nicht mitbekommen, dass gestreikt wird. Dass er nun seine Fahrt nicht antreten kann, findet er doof, hat aber großes Verständnis für den Streik. „Selbstverständlich kann ich nachvollziehen, warum die Bahn streikt. Ich finde das vollkommen nachvollziehbar. Die sollen die Löhne erhöhen, dann können wir vielleicht auch wieder an unser Ziel kommen“, sagt Gabriel Blindu. Falls er nicht wie geplant zur Arbeit nach Kaiserslautern fahren kann, wolle er zurück nach Hause - er könne heute auch im Homeoffice arbeiten.
Sabine Bergmann-Liedtke will an diesem Donnerstagmorgen zur Arbeit in die Uniklinik Heidelberg. Sie hatte bereits im Vorfeld zu Hause einen Zug herausgesucht - angeblich soll um 8.37 Uhr einer fahren. Dass die Bahn streikt, kann die Sozialarbeiterin gut verstehen. Sie habe im vergangenen Jahr selbst gestreikt und Erfolg damit gehabt. Sie könne aber nicht beurteilen, was die Lokführer für Arbeitsbedingungen haben, wie schlecht oder gut die seien. Insofern könne sie sich da kein Urteil erlauben.
„Ich finde aber, dass es inzwischen nur noch ein Machtkampf ist. Auf diesem Weg werden sie sich nie annähern, und ich habe echt Bauchschmerzen, wo das enden soll“, meint Bergmann-Liedtke. Sie habe den Eindruck, beide Seiten würden nun auf ihren Positionen verharren, um ihr Gesicht nicht zu verlieren. „Der Weselsky bleibt bei seinen 35 Stunden, der geht da keinen Millimeter weg.“
Erneuter Streik bei der Bahn: Alle haben schon "ein wenig Routine"
Der Notfahrplan der Deutschen Bahn bietet nur ein sehr begrenztes Fahrangebot im Fern-, Regional- und S-Bahn-Verkehr: Züge fahren nur im Zwei- beziehungsweise Vier-Stunden-Takt. „Die Prognose der Züge, die laut der großen Anzeige in der Halle und im DB-Navigator fahren, ist aber zuverlässig“, weiß eine DB-Verantwortliche vor Ort, die ebenfalls Pendlerin ist, aus eigener Erfahrung.
Sie meint, dass sich viele Reisende auf den Streik eingestellt und ihre Reisen verschoben hätten oder auf den Pkw umgestiegen seien. Außerdem hätten alle schon ein wenig Routine - sowohl die Reisenden als auch die DB-Kollegen: Am Mannheimer Hauptbahnhof ist es am Donnerstag sowohl während der Rushhour von sechs bis acht als auch am Mittag sehr ruhig.
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