Knapp 60 000 Tote, 125 000 Verletzte und Millionen Obdachlose hat das Erdbeben in der Türkei und Syrien im vergangenen Jahr gefordert. Am Dienstag jährt sich die verheerende Naturkatastrophe vom 6. Februar 2023, als die Erde in der Grenzregion der beiden Länder mit einer Stärke von 7,8 auf der Richterskala gebebt hatte. In den darauffolgenden Tagen war die Spendenbereitschaft der Mannheimerinnen und Mannheimer hoch. Allein bei einem Benefizkonzert im Capitol kamen am 16. Februar 2023 annähernd stolze 79 000 Euro zusammen.
Doch auch ein Jahr nach dem Erdbeben ist die benötigte Hilfe im Krisengebiet immer noch groß. „Einige Gebiete sehen noch so aus wie am Tag des Erdbebens“, erzählt Jens Midderhoff, der bei den Maltesern stellvertretender Geschäftsführer für den Bezirk Neckar-Tauber ist. Bei einem Pressegespräch gibt er am Donnerstag mit seinen Kolleginnen und Kollegen vom DRK sowie ASB Mannheim und der Johanniter des Regionalverbands Baden Auskunft über die aktuelle Lage vor Ort. Midderhoff spricht von „erschütternden Eindrücken“, die ihm kürzlich von einem Kollegen aus Köln berichtet worden seien. „Nichtsdestotrotz probieren wir den Wiederaufbau.“
Spendenkonten
- Malteser Hilfsdienst IBAN: DE10 3706 0120 1201 2000 12; Stichwort: „Erdbeben Türkei/Syrien“.
- Johanniter-Unfall-Hilfe IBAN: DE94 3702 0500 0433 0433 00; Stichwort: „Erdbeben Türkei und Syrien“.
- Deutsches Rotes Kreuz IBAN: DE63 3702 0500 0005 0233 07; Stichwort: „Nothilfe Erdbeben Türkei und Syrien“.
- Arbeiter-Samariter-Bund IBAN: DE84 3702 0500 0007 0607 05; Stichwort: „Erdbebenhilfe Türkei“.
Auch die 78 480 Euro aus dem Benefizkonzert des Capitols haben bei der Hilfe für die Opfer geholfen. Das Veranstaltungshaus hatte den Betrag unter den vier Hilfsorganisationen aufgeteilt, so dass jede von ihnen 19 620 Euro bekam. Diese wiederum gingen an die jeweiligen Bundesverbände, die für solche Kriseneinsätze im Ausland verantwortlich sind.
Syrien besonders betroffen
Besonders Syrien habe das Erdbeben vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs schwer getroffen, da sind sich die Vertreter der Hilfsorganisationen einig. „In Syrien ist der Bedarf deutlich höher“, erklärt Christiane Springer, Kreisgeschäftsführerin des DRK Mannheim. Auch André Kühner, Fachbereichsleiter Katastrophenschutz bei den Johannitern Baden-Württemberg, sagt: „Syrien ist immer noch eine Katastrophe mit allem, was das Land begleitet.“ Doch auch die Situation in der Türkei sollte nicht verharmlost werden, betonen alle.
Auch wenn es nur Stück für Stück vorangeht, sei innerhalb des vergangenen Jahres – auch durch die Spenden aus Mannheim – in Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation vor Ort, dem Roten Halbmond, einiges in dem Krisengebiet bewegt worden. Dabei geht es vor allem darum, die Grundversorgung wieder herzustellen. So leisteten die Organisationen nicht nur humanitäre Hilfe. Auch für die Trinkwasseraufbereitung, den Aufbau von Wohncontainern, Kindergärten oder auch das Herrichten von Straßen waren und sind sie unter anderem noch zuständig. Ebenso versuchen sie, die Region wirtschaftlich zu unterstützen.
„Wir legen Wert darauf, die Menschen so zu unterstützen, dass sie wieder auf eigenen Beinen stehen können“, erklärt Sabine Weigel von den Johannitern. Dies geschehe unter anderem durch „einkommensschaffende Maßnahmen“. Weigel spricht von „Cash for Work“-Programmen. Dabei können Betroffene beispielsweise durch Handwerksarbeiten Geld verdienen und so die Gemeinde unterstützen oder in Kursen lernen, wie sie Geschäftsideen umsetzen und sich selbstständig machen können.
Der Wiederaufbau ist aber nur das eine. Es kommt noch eine weitere große Herausforderung dazu: „Die psychosoziale Komponente steht im Vordergrund“, betont Herwin Hadameck. Die Menschen hätten unter den Folgen des Erdbebens immer noch massiv zu leiden. „Bei der psychischen Betreuung, insbesondere bei Minderjährigen, setzen wir gerade extremst an, weil da hoher Bedarf ist“, sagt Jens Midderhoff.
All die Hilfe sei aber nur mit den nötigen finanziellen Mitteln möglich. Zumal zahlreiche Geldhilfsleistungen nicht ausbleiben, damit die Betroffenen selbst ihre dringendsten Bedürfnisse decken können. Mit Geld lasse sich am besten helfen, da es von den Hilfsorganisationen vor Ort gezielt eingesetzt werden könne, erklärt Christiane Springer.
„Immer noch katastrophal“
Beim mit knapp 700 Menschen ausverkauften Benefizkonzert im Capitol kamen allein durch die Ticketverkäufe mehr als 23 500 Euro zusammen. Ein Jahr nach dem Erdbeben gehe die Spendenbereitschaft aber nahezu gegen Null, sagt Midderhoff und betont: „Wir können nur das machen, wofür Geld da ist.“
Es sei deswegen umso wichtiger, auf die Katastrophe zurückzublicken, so André Kühner. „Wer erinnert sich noch, dass vor einem Jahr das Erdbeben war?“, fragt er. Der Einsatz sei noch lange nicht beendet. „Die Hilfe muss weitergehen“, ist er sicher. Denn: „Ein Jahr danach ist es immer noch katastrophal.“
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