Timo Schmidhuber
Wie ein Getränkeautomat sieht der metallische Kasten aus. Doch für zwei Euro spuckt er keine Cola aus, sondern 25 Golfbälle, die in einen grünen Plastikkorb purzeln. Hier, auf der Driving Range in Neckarau, geht es nicht um Status, sondern um den reinen Sport: Golf. Unter dem weißen Zeltdach feilen an diesem trüben Frühlingsabend Jugendliche neben Senioren an ihrem Abschlag. Auch Carsten Südmersen, der Chef der CDU-Fraktion im Gemeinderat, kommt gerne hierher - ein paar Bälle schlagen, den Kopf freikriegen. Denn außer dem mannigfachen "Plock", das entsteht, wenn die Schläger auf die Bälle treffen, ist es still. Konzentration.
Nein, ein besonders guter Golfspieler sei er nicht, sagt der 43-Jährige in der hellen Leinenhose und dem braun-karierten Kurzarmhemd selbst. Handicap 45, auf einen großen Platz geht er nur ein paar Mal im Jahr. In Schweden etwa, wo Südmersen mit Freunden ein altes Blockhaus renoviert hat und wo er jedes Jahr Urlaub macht. Dort spielt jedes Kind Golf, und auch Südmersen fasziniert dieser Sport und was er verlangt: Ballgefühl, Genauigkeit, Konzentration - und viel Geduld beim Üben. Golf ist eine Lebensaufgabe, wie die Kommunalpolitik. Und das ist nicht die einzige Parallele, die der Junggeselle sieht: "Man muss flexibel reagieren", erklärt er, während er sich den Ball zum Abschlag zurechtlegt. Mal ist Kraft gefragt, mal Gefühl. "Und wenn ein Schlag daneben geht, einfach an den nächsten denken, am besten, man behält nur die guten Spiele in Erinnerung."
Mit dem Fraktionsvorsitz nach den "Froschkönig"-Querelen hatte Südmersen kein einfaches Amt übernommen, doch seine Spiele auf dem politischen Feld wurden immer besser. Mit seiner ausgleichenden Art, die Kritiker als Konfliktscheue werten, führte er die CDU-Fraktion wieder zusammen. "Es müssen sich nicht alle um den Hals fallen", bleibt er realistisch, "aber wir haben eine Homogenität, die ein vernünftiges Arbeiten möglich macht." 180 Millionen Euro aus dem Verkauf der MVV-Aktien, vier Jahre ohne neue Schulden, dazu 77 Millionen an Altschulden abgebaut - Erfolge, die sich die CDU auf die Fahnen schreibt.
Schulden reduzieren, oder in Zeiten drohender Steuerausfälle zumindest keine neuen machen - das geben Südmersen und seine Partei auch künftig als Ziel aus. Und wenn es die Finanzlage irgendwie möglich macht, soll auch der Gewerbesteuersatz runter. Ein Schwerpunkt in den nächsten Jahren sollen aber auch Investitionen in die Kultureinrichtungen sein - Generalsanierung des Nationaltheaters, Neubau der Kunsthalle, Kulturhauptstadt 2020. Kann man sich diesen Luxus überhaupt leisten, jetzt, in Krisenzeiten? Man muss, sagt Carsten Südmersen. "Kultur ist ein Wirtschafts- und Standortfaktor. Das lässt sich natürlich nicht alles auf einmal umsetzen, aber wir machen ja auch ein Programm für fünf Jahre."
Seit einer Dreiviertelstunde schlägt er jetzt Bälle, mit jedem Schlag fliegen sie besser, viele landen weit hinter der 100-Meter-Markierung. Der Mann hat viele Interessen, er mag das Heimwerkern und spielt leidenschaftlich gerne Skat, er erzählt mit Freude von seinen Neffen, Nichten und Patenkindern. Und er liebt seinen Beruf, in dem er als Projektleiter für die Einführung von neuer Software bei großen Unternehmen verantwortlich ist. Warum macht er da noch Politik? Weil ihn das Interesse an seiner Heimatstadt nie losgelassen habe, erklärt Südmersen, auch nicht, als er mehrere Jahre in Berlin wohnte. "Mannheim soll eine lebenswerte Stadt sein, die vielen Menschen eine Heimat und einen Arbeitsplatz bietet." Dafür wolle er sich auch künftig einsetzen. Ein Ziel, das Carsten Südmersen viel mehr bedeutet als ein gutes Handicap.
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