Mannheim. Beim gemeinsamen Singen der Nationalhymne hätte der 200 Stimmen starke Chor noch etwas kräftiger sein können, aber die frisch eingebürgerten Mannheimer haben bestimmt künftig noch Gelegenheiten zum Üben. Am Sonntagabend fand die Einbürgerungsfeier im Schloss statt.
Christian Specht begrüßt seinen Friseur persönlich - auch er wurde eingebürgert
Oberbürgermeister Christian Specht sagte dazu: „Der Rittersaal ist der würdigste Raum der Stadt!“ Er erinnerte daran, dass zur Zeit der Fürstenherrschaft der Kampf um Bürgerrechte begonnen hat, 1849 die Badische Revolution niedergeschlagen wurde und damals viele Deutsche fliehen mussten. Deshalb gebe es in den USA die Stadt Manheim.
Einbürgerung in Zahlen
- 2023 wurden bisher 790 Personen aus 71 Nationen eingebürgert, die Gesamtzahl 1018 von 2022 wird wohl erreicht. 2021 waren es 942, 2020 652, 2019 762 und 2018 834.
- 2023 führt die Liste der Herkunftsländer Syrien (202) an, gefolgt von der Türkei (67), Italien (42), Irak (36), Pakistan (28), Rumänien (21), Indien (18), Afghanistan (17) sowie Bulgarien, Griechenland, Tunesien (je 12).
Der Oberbürgermeister betonte, dass mit der Staatsbürgerschaft ein konkretes Bekenntnis zur Werteordnung des Grundgesetzes gehöre. Specht ließ auch die Mitarbeiter der Ausländerbehörde aufstehen, damit sie mit einem Applaus gewürdigt werden. Für Gelächter sorgte, dass er seinen frisch eingebürgerten Friseur persönlich grüßte, er sei erst am Samstag bei ihm gewesen.
Omar Shaker kam von Syrien nach Mannheim - und spielt nun am NTM
Moderatorin Rosa Omenaca Prado begrüßte auf der Bühne drei neue Bundesbürger. Von diesen hat Omar Shaker aus Syrien den ungewöhnlichsten Werdegang: Er, seine Mutter und sein Bruder flohen 2015 wegen des Krieges. Hier angekommen habe er „Angst gehabt, dass man es in diesem Land nicht schafft. Man hört die Sprache und denkt, dass man die nie beherrschen wird“.
Die ersten drei Jahre im Flüchtlingsheim seien schwer gewesen: „Man begegnet nur Leuten, die kaputt sind, und man ist selber kaputt!“ Doch Shaker hatte bereits in Syrien ein Ziel, und an dem arbeitete er auch in Deutschland: Schauspieler werden. Das ist ihm geglückt, er studierte Schauspiel und ist festes Ensemblemitglied am Nationaltheater. Aktuell spielt er die Hauptrolle in „Nathan“. Als Staatsbürger sei man „Teil der Gesellschaft und stolz darauf“. Der deutsche Pass habe auch viele Vorteile, so sei es einfacher im Ausland eine Arbeitserlaubnis oder ein Visum zu bekommen.
Shaker hat wie Maurizio Marino eine doppelte Staatsbürgerschaft. Dieser wurde allerdings in Mannheim geboren und wuchs auf der Vogelstang „multikulti“ auf. Marino betont, dass für ihn die Zeit im Fußballverein sehr wichtig gewesen sei: „Beim Mannschaftssport hat man ein gemeinsames Ziel, es gibt Regeln wie Pünktlichkeit und gegenseitigen Respekt.“ Diese Werte versuche er weiterzugeben, der Versicherungskaufmann engagiert sich ehrenamtlich als Trainer.
In Mannheim gefällt ihm, das die Menschen „ehrlich und direkt sind, auch manchmal derb, aber man weiß, woran man ist“. Grund für seinen Einbürgerungsantrag sei Ärger darüber gewesen, dass er nicht wählen konnte. Alyzée Brehm-Monbrun hat die Liebe nach Deutschland verschlagen: Ihr heutiger Ehemann kommt aus der Region. Ihre Einbürgerung sei für sie „der logische Schritt zur Integration“. In Deutschland sei die Bürokratie einfacher als in Frankreich, zum Beispiel die Anmeldung für den Wohnsitz.
Moderatorin Rosa Omenaca Prado wollte von den dreien wissen, welche „deutschen“ Eigenschaften sie sich angeeignet und welche ihrer Heimat sie noch haben. Für Amüsement sorgte die Aussage von Marino, das er gern Filterkaffee trinkt. „Italiener“ sei er beim Autofahren, weil „tiefenentspannt, egal wie chaotisch es ist“. Shaker löste Gelächter aus als er erzählte, dass er in Mallorca Urlaub mache. Als Syrer sei er „immer etwas zu laut. Und wir sind herzlich, es gibt in der Familie viele Küsse und Umarmungen.“ Alyzée Brehm-Monbrun bleibt nun stehen, wenn die Fußgängerampel nicht Grün ist.
Kakou Faty von der Elfenbeinküste betreut in Mannheim behinderte Menschen
Unter den frisch eingebürgerten Gästen war auch Kakou Faty von der Elfenbeinküste. Sie kam vor neun Jahren mit ihrem deutschen Ehemann und habe leicht Arbeit gefunden, sie betreut geistig Behinderte. „Die Deutschen sind gut, Inklusion ist leicht. Hier habe ich keine Schwierigkeiten bekommen“, betont die 47-Jährige. Sie fühle sich sehr wohl. Da sagen auch Adham Abouassali und seine Ehefrau Dimar Shehab Aldin: „Man hat keine Sorgen im Vergleich zum Problem Krieg.“
Abouassali floh 2015 aus Syrien, die älteste der beiden Töchter wurde noch dort geboren. Das war aber nicht der einzige Grund: „Schon als Kind wollte ich nach Deutschland“, erklärt der Betriebswirt, sein Studium wurde hier anerkannt. Seine Ehefrau kam 2017 im Zuge der Familienzusammenführung nach.
Agnieszka Zabrocka wollte ursprünglich nicht in Deutschland leben, sondern in ihrem Heimatland Polen studieren. Doch wegen der Liebe blieb sie und arbeitet nun in der Qualitätssicherung im Chemiehandel. Bei der Einbürgerung sei ihr vor allem die politische Teilhabe wichtig gewesen, der bürokratische Prozess dazu habe nur knapp drei Monate gedauert.
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