Mannheim. Verärgert steht die Frau vor einem Supermarkt im Wohlgelegen. In ihrer Hand hält die Feudenheimerin, die hier anonym bleiben möchte, zwei Plastikchips. „Das ist mir jetzt heute schon zum zweiten Mal passiert“, erzählt sie. „Ich hatte in meinen Einkaufswagen eine Ein-Euro-Münze gesteckt.“ Doch als sie ihn zurückgebracht, den Riegel eines anderen Wagens hineingesteckt und das Münzfach geöffnet habe, sei darin nur noch ein billiger Plastikchip gewesen. Die, die sie zeigt, können in der Tat höchstens wenige Cent gekostet haben. „Und vor ein paar Wochen war es ganz genauso“, ärgert sich die „MM“-Leserin.
Drinnen am Serviceschalter sagt eine Marktangestellte, auf den Vorfall angesprochen: „Sowas höre ich zum ersten Mal.“ Sie werde es an die Filialleitung weitergeben, könne sich aber kaum vorstellen, dass so etwas häufiger geschehe. Schließlich hingen überall Kameras, und es falle ja auf, wenn jemand seinen Einkaufswagen im Laden kurz an einen anderen anschließe, um die Münze durch einen Chip zu ersetzen.
Schaden entsteht durch Dritte
Das ist jedoch gar nicht nötig. Auch mit einem mitgebrachten Riegel oder einem ähnlichen Gegenstand lässt sich das Münzfach am Wagengriff sekundenschnell öffnen und das Geldstück - manchmal sind es ja sogar zwei Euro - durch einen Plastikchip ersetzen. Das zeigt auch ein im Internet kursierendes Video.
Beim zentralen Handelsverband HDE in Berlin hat man davon allerdings ebenfalls noch nichts gehört. Doch bezweifelt Sprecher Stefan Hertel, ob die Unternehmen davon Kenntnis hätten. „Unzufriedene Kunden sind zwar nie gut“, aber der Schaden entstehe denen hier ja durch Dritte. Und bei einem Verlust etwa von einem Euro bei der Einkaufswagen-Rückgabe auf dem Parkplatz würden sie wohl eher nicht zurück in den Laden gehen und die Marktleitung informieren. Gleichwohl glaubt Hertel: „Wenn es da eine große Zahl von Fällen gäbe, dann wüssten wir auch davon.“
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In Mannheim melden sich offensichtlich betroffene Kunden auch kaum bis selten bei den Ermittlungsbehörden. Das bestätigt die Polizei: Nachgefragt beim Polizeipräsidium Mannheim erklärt eine Sprecherin, dass diese Masche zwar bislang noch nicht bekannt sei, also keine Anzeigen eingegangen seien. Allerdings könnten die Ermittler solchen Tätern nur auf die Schliche kommen, wenn Betroffene den Diebstahl bei der Polizei melden würden. Daher der Appell der Ordnungshüter: Auch wenn es sich beim Diebstahl nur um wenige Euros handelt, sollten sich Kunden sowohl beim Supermarkt direkt melden sowie Anzeige erstatten. Bei den dann angestoßenen Ermittlungen könnten Aufzeichnungen der Kameras, wie es sie in größeren Supermärkten oft gebe, die Täter überführen.
Deutlich höhere Beträge erbeuten Kriminelle laut Polizei gern mit dem sogenannten Geldwechseltrick: Dabei bittet einer der Täter um Münzen etwa für den Fahrkartenautomaten oder eben den Einkaufswagen. Sobald das Opfer dann seinen Geldbeutel zückt, lenkt ein Komplize mit der simplen Frage nach der Uhrzeit die Aufmerksamkeit von der Börse ab. Mit geschickten Fingern zieht dann der erste Täter alle Geldscheine in Windeseile heraus. Betroffene merken den Diebstahl meist erst beim nächsten Bezahlen.
Vorsicht auch an der Kasse
Aber nicht nur Passanten können Opfer von solchen Langfingern werden. Auch beim Bezahlen an der Supermarktkasse gelingt es Betrügern durch geschicktes Hantieren mit Scheinen und Worten mitunter, deutlich weniger zu bezahlen oder mehr Rückgeld zu erhalten. Solche Taschenspielertricks trainierten Kriminelle oft in Banden, so die Polizeisprecherin, es handle sich somit bei solchen Delikten um organisiertes Verbrechen.
Zurück zu den Einkaufswagen: Die unbeachtet irgendwo im Gang stehenzulassen, ist ohnehin nie die beste Idee. Es ist - persönliches Erlebnis - in jenem Markt im Wohlgelegen auch schon mal vorgekommen, dass plötzlich der ganze Wagen weg war. Und mit ihm eine leichte sichtbare Zwei-Euro-Münze darin.
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