Mannheim. Auf den ersten Blick wirkt der dunkelblaue Mercedes-Bus wie eine Radarfalle der Polizei. Auf den zweiten Blick fallen einem aber schon ein paar Merkwürdigkeiten auf: die Sensoren neben der Motorhaube etwa, das große Display zwischen den Fahrersitzen, der mit Technik vollgepackte Kofferraum und natürlich der rote „Not-Aus“-Knopf über dem Armaturenbrett. Kein Wunder, schließlich handelt es sich bei dem Wagen, der da auf dem Gelände der Wasseraufbereitungsanlage auf Mannheims jüngstem Stadtteil Franklin steht, auch nicht um ein gewöhnliches Fahrzeug – sondern um das modernste in der Stadt.
Allerdings hat es auch den vermutlich sperrigsten Namen: „Technikträger“ nennen die am Forschungsprojekt beteiligten Institutionen den Wagen. Das soll so viel bedeuten wie: Der Bus hat genau die gleiche Technik an Bord wie das autonome Shuttle Rabus, das mittelfristig durch Franklin rollen soll. Nur sieht er halt anders aus.
Doch genau wie sein Nachfolger kann das aktuelle Modell, das am Donnerstag beim „Tag der Technik“ vorgestellt worden ist, ganz alleine fahren. Und darum geht es ja beim vom Land mit knapp 14 Millionen Euro geförderten Rabus – also dem „Reallabor automatisierter Busbetrieb“, das neben Mannheim auch in Friedrichshafen ausprobiert wird.
Deutschlandpremiere geplant
Gerade für die „letzte Meile“ sei solch eine Lösung wichtig, erklärt Martin in der Beek, technischer Geschäftsführer der RNV. Denn sowohl in strukturschwachen Gebieten auf dem Land, als auch in manchen Wohngebieten der Stadt gebe es Buslinien, die zu gewissen Stunden unwirtschaftlich seien. Da könne ein automatisierter Betrieb ohne Fahrer einen großen Sprung bedeuten. Um so etwas zu testen, wird Rabus künftig mit bis zu 22 Passagieren (acht Sitz- und 14 Stehplätze) und mit 20 bis 30 Stundenkilometern (theoretisch schafft er 40) durch Franklin rollen. Los gehen soll es gegen Ende dieses Jahres. Dann wird zunächst einmal der dunkelblaue Mercedes-Bus von der Offizierssiedlung bis in die Nähe des Platzes der Freundschaft fahren. Etwa ein Jahr lang wird er die Strecke vermessen, filmen, kartographieren. Auf Basis solcher Daten wird das Fahrprofil für den Rabus erstellt – der 2024 zum Einsatz kommen soll.
Irgendwann gegen Ende des Jahres 2024 ist in Mannheim eine Deutschlandpremiere geplant: Dann soll nämlich der Fahrer, der die autonomen Busse ständig begleiten wird, ein für alle Mal aussteigen. Somit wäre Rabus, sagt Werner Engl vom Fahrzeughersteller ZF „das erste autonom fahrende Projekt im Regelbetrieb ohne Sicherheitsfahrer in Deutschland.“ Wohlgemerkt auf einer Straße, die auch von Fußgängern, Rad- und Autofahrern genutzt wird.
Doch ob es bei diesem Zeitplan bleibt, lässt sich nur schwer vorhersagen. Immerhin war der Start des Shuttles schon mal angekündigt: Vor einem Jahr hieß es, es soll ab Sommer 2022 in Betrieb sein. Corona, Lieferschwierigkeiten, gesetzliche Rahmenbedingungen nennt Engl als Gründe für die Verzögerung.
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Ängste sollen abgebaut werden
Einem Familienvater, der auf Franklin wohnt, ist das wohl gar nicht so unrecht: „Und wie sieht’s aus, wenn der Ball mal über die Straße rollt?“, will er wissen. „Wir erkennen das und halten an“, sagt Engl – und betont, dass Sicherheit oberste Priorität habe. Nicht umsonst überwache der Bus seine Umgebung im 360 Grad Radius mittels drei verschiedener Techniken: Radar, Kamera und Lasertechnologie. Er verschweigt aber auch nicht: „Wenn jemand zwei Meter vor dem Shuttle zwischen zwei geparkten Autos hervor rennt, sind auch wir an die Grenzen der Physik gebunden.“
Genau um so was zu besprechen und Ängste abzubauen, ist der Tag gedacht. Aber auch ansonsten gibt es allerlei über das Projekt zu erfahren: etwa, dass auf der Strecke demnächst noch Magnete eingebaut werden, die dem Bus bei der Orientierung helfen; oder dass die Fahrt zunächst kostenlos wird. Nur wie es nach der Modellphase weitergeht, die mit dem Jahr 2024 endet, bleibt offen. Der RNV-Chef ist jedoch optimistisch: „Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass wir bis zum Ende des Jahrzehnts so etwas auf Franklin umsetzen werden.“
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