Mannheim. Seit 25 Jahren gibt es einen Zeichentrickfilm namens „Das große Krabbeln“. Darin geht es um Heerscharen von Grashüpfern, die Ameisen terrorisieren. Derzeit wäre ein überaus passender Filmtitel: „Das große Schniefen.“ Da ginge es um Millionen fieser Erkältungsviren, die uns arme Menschen plagen.
Fast an jeder Ecke hustet, niest oder röchelt jemand. Mancher schleppt - persönliche Erfahrung - sogar schon Monate eine Atemwegserkrankung mit sich rum. Mal macht sie sich mehr, dann wieder weniger bemerkbar. Einstige Konstante: Sie will einfach nicht weggehen.
Da passt es gut in die Zeit, dass die AOK Rhein-Neckar-Odenwald – in ihre Zuständigkeit fällt auch Mannheim – auf einen deutlichen Anstieg der Grippefälle aufmerksam macht. Dabei geht es aber allein um die klassische Influenza. Im Gegensatz zu den meisten grippalen Infekten ist das im Regelfall eine recht heftige, oft wochenlange Erkrankung.
„Anders als eine normale Erkältung beginnt eine Grippe meistens plötzlich mit hohem Fieber, Schüttelfrost, Schweißausbrüchen, Husten, Kopf- und Halsschmerzen“, erläutert AOK-Ärztin Sabine Hawighorst-Knapstein. Bei Verdacht auf eine Influenza sei es ratsam, einen Arzt zu konsultieren, besonders für Menschen mit Vorerkrankungen.
Krankenkasse und Stadt Mannheim haben unterschiedliche Zahlen
Die Zahl der Versicherten bei jener Krankenkasse (der größten), die mit Influenza eine Arztpraxis aufsuchen mussten, ist laut einer Studie seit 2019 in Baden-Württemberg pro Jahr um 15,2 Prozent gestiegen. In Mannheim sind es sogar 23,2 Prozent. Demnach gab es hier im vergangenen Jahr 1283 Betroffene, allein unter AOK-Mitgliedern.
Bei der Stadt rufen diese Zahlen allerdings auf Anfrage Verwunderung hervor. Sie hätten versucht, die mit den eigenen Daten in Einklang zu bringen, so Sprecherin Stefanie Zuehlsdorff-Hottel. „Aber das ist uns tatsächlich nicht gelungen.“
Aussagekräftiger sei es, die im Gesundheitsamt registrierten Grippefälle - bei Influenza besteht eine Meldepflicht - zu vergleichen, sagt die Sprecherin. Da gibt es zwar im laufenden Jahr gegenüber dem letzten bereits einen sehr starken Anstieg auf mehr als das Doppelte (von 384 auf 799, siehe Grafik). Aber 2018 waren es noch mehr Infizierte (925).
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Generell zeigen diese Zahlen krasse Schwankungen, die hauptsächlich mit Corona zusammenhängen dürften. So wurden 2021 in Mannheim, als FFP2-Masken in geschlossenen Räumen Pflicht waren und teils strenge Kontaktbeschränkungen galten, lediglich drei Influenza-Fälle gemeldet. Seit Ende der Pandemie pendelt sich das Grippe-Infektionsgeschehen nun wieder auf seinem früheren Niveau ein.
Zuehlsdorff-Hottel weist auch darauf hin, dass für die Influenza-Saison die gleiche O-Formel wie für Winterreifen gilt: „Sie geht jeweils von Oktober bis Ostern und beginnt gerade erst. Aktuell haben wir – wie auch landesweit – noch kaum Aktivität.“ In Mannheim seien im vorigen Monat nur ganze zwei Fälle gemeldet worden, im September drei. Also trotz des „großen Schniefens“.
Im Film „Das große Krabbeln“ holt eine Ameise andere Insekten gegen die fiesen Grashüpfer zu Hilfe, am Ende werden die erfolgreich vertrieben. Was sich gegen Influenza tun lässt, darin sind sich AOK und Stadt wiederum einig: impfen, impfen, impfen und nochmal impfen.
Impfquote unter AOK-Mitgliedern in Mannheim nur bei 9,3 Prozent
Da gibt es in Mannheim offenbar viel Luft nach oben. Nach Angaben der Kasse lag die Influenza-Impfquote unter ihren Versicherten vergangenes Jahr nur bei 9,3 Prozent.
AOK-Geschäftsführer Joachim Bader warnt: „Bei jungen, gesunden Menschen sorgen die Abwehrkräfte des Körpers dafür, dass Viren und Bakterien weitestgehend in Schach gehalten werden.“ Doch das lasse mit zunehmendem Alter nach. Dann könnten Infektionskrankheiten wie die Grippe auch Lungenentzündungen, Herzinfarkte oder Schlaganfälle nach sich ziehen. Ärztin Hawighorst-Knapstein appelliert: „Für ältere und chronisch kranke Menschen ist die Grippeschutzimpfung deshalb unerlässlich.“
Die Ständige Impfkommission empfiehlt eine jährliche Influenza-Immunisierung (es kursieren immer wieder neue Varianten) für alle über 60-Jährige, chronisch Kranke plus deren Angehörige, Schwangere ab dem vierten Monat sowie für Medizin- und Pflegepersonal, jeweils in allen Altersstufen.
Das Mannheimer Gesundheitsamt hat sich dieser Empfehlung angeschlossen. Sie gilt übrigens (in diesem Jahr bereits Infizierte ausgenommen) auch wieder für Corona. Jenes Virus spielt dem Vernehmen nach ebenfalls zunehmend eine Rolle im „großen Schniefen“.
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