Jubiläum

Die Harmonie Gesellschaft von 1803 feiert 220-jähriges Bestehen

Für die Harmonie Gesellschaft von 1803 war 2023 ein bedeutsames Jahr: Die älteste kulturelle Gemeinschaft der Kurpfalz feierte ihr 220-jähriges Bestehen. Ihre Geschichte ist wechselvoll und spannend

Von 
Helga Köbler-Stählin
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Vorstand Eberhard Niehaus begrüßte die Mitglieder zu einer gemeinsamen Feier. Die Harmonie Gesellschaft will an Bewährtem festhalten. © Helga Köbler-Stählin

Für die Harmonie Gesellschaft von 1803 war 2023 ein bedeutsames Jahr: Die älteste kulturelle Gemeinschaft der Kurpfalz feierte ihr 220-jähriges Bestehen.

Die Weichen wurden im Jubiläumsjahr neu gestellt. Aber man will für die rund 300 Mitglieder auch an Bewährtem festhalten. Seit vergangenen Sommer kümmert sich ein neues Team um die Belange der Gesellschaft. Acht Frauen reihen sich seitdem um den dreiköpfigen männlichen Teil des Vorstands, der von Eberhard Niehaus angeführt wird. Mit mehr als 30 Veranstaltungen im Jahr werden wieder Vorträge über Kunst, Literatur, Geschichte, Wissenschaft, Medizin und Technik geboten. Unter anderem sollen Wanderungen, Kabarett oder Führungen durch Museen weiterhin Anziehungspunkt für aufgeschlossene, interessierte Menschen sein. Ein weiteres I-Tüpfelchen sind Reisen: Eine Tagesfahrt in Frankfurter Museen oder Preußens Glanz und Gloria in Potsdam stehen für 2024 schon im Programm.

Die Geschichte der Harmonie Gesellschaft ist wechselvoll und spannend. Sie begann an jenem 6. November 1803, als eine Kutsche nach der anderen vor dem Achenbachschen Kaffeehaus in D 2,6 vorfährt. Und wahrscheinlich strömen die Herren schnellen Schrittes in einen gut gewärmten Saal des damals „vornehmsten unter den sechs Mannheimer Kaffeehäusern“.

Sicher ist das nur eine schöne Erzählung dieser Zeit, aber belegt ist, dass sie allesamt zur Gründung des „Casinos“ kommen. Eines Clubs, der, wie 1803 üblich, allein dem männlichen Geschlecht offen steht. Das Protektorat übernimmt der in Karlsruhe residierende Carl Friedrich von Baden, der durch napoleonische Diplomatie gerade zum Kurfürsten ernannt worden ist. 134 Herren treten dem „Casino“ bei, darunter Adlige, Offiziere, Professoren, Mediziner. Eine elitäre Gesellschaft, und wer zu ihr gehören will, muss einen jährlichen Beitrag von 22 Gulden zahlen. Ein stolzer Preis.

Name als Botschaft

Was sich 1803 gut und richtig anfühlt, soll sich schon wenige Jahre danach ändern. Die „Frauenzimmer“ wollen einmal wöchentlich ins „Casino“ gebeten werden. Eine Kontroverse bricht aus, und unter dem Namen „Carl-Stephanie-Museum“ wird ein damenfreundlicherer Verein gegründet. Dieser verschreibt sich der „Literatur, Musik, Frauenhuld und Genien der Künste“. Aber die Vereinsentscheidungen treffen noch immer die Männer. Das großherzogliche Herrscherpaar Carl und Stephanie von Baden, die nun Protektoren sind, drängen auf Einträchtigkeit, und 1813 finden die beiden Gesellschaften wieder zusammen. Fortan nennen sie sich „Harmonie“. Ein Name, der gleichzeitig Botschaft ist. Man fühlt sich in der „Harmonie-Gesellschaft“ wohl. Stadtoberhäupter, Bankiers und Kaufleute oder Kulturschaffende wie Heribert von Dalberg und später auch August von Kotzebue werden Mitglied. Desgleichen Freiherr Drais von Sauerbronn und sein Sohn Karl, der das Laufrad erfinden sollte; sie alle wollen die bedeutende Bibliothek und natürlich die exklusiven gemeinsamen Verbindungen nutzen.

1824 erwirbt die „Harmonie-Gesellschaft“ das Kaffeehaus, und bald darauf kann man sich einen eigenen Ballsaal leisten. Töchter und Söhne werden in die Gesellschaft eingeführt, und so manche Ehe findet beim Tanz ihren Anfang. Die Mitglieder, die auf 350 ansteigen, können neben den Rauch- oder Spielzimmern mit Billardtischen das Lesekabinett besuchen. Der Bildungsgedanke ist groß, Zeitungen aus ganz Europa, die auch die Frauen lesen dürfen, werden abonniert, und die Bibliothek wächst bis 1930 auf rund 23 000 Bücher an. Der Platz wird knapp. Man entschließt sich zum Verkauf der besten Stücke, die bis heute in der Uni-Bibliothek archiviert sind. Der Rest wird im Jahr 1943, in dem das „Harmonie-Gebäude“ im Bombardement vollständig zerstört wird, vernichtet.

Bis 2023, dem 220. Jubiläumsjahr, ist vieles geschehen. Ob der Revolutionsgedanke von 1848, Kriege, die Entwicklung in der Weimarer Republik bis hin zum Nationalsozialismus; nichts geht spurlos vorüber. Adel und das Großbürgertum verändern sich sukzessive in eine offene Gesellschaft, Frauen erobern sich die gleichen Rechte. Aber von jeher, so blickt Dieter Merckle zurück, „sollte es eine Gesellschaft von Gleichen sein, parteipolitisch und konfessionell neutral“. Merckle ist ein Kenner, der die „Harmonie“ sein halbes Leben geleitet hat. Im Jubiläumsjahr ist er nicht mehr zur Wahl angetreten. „Die Bälle waren das große gesellschaftliche Ereignis.“ Auch er lernt dort seine Frau kennen, die seine Unterstützerin im Hintergrund ist. „Vor ein paar Jahren wird der Musensaal unbezahlbar, Kosten für Gema, Musiker, Dekoration, Technik oder Ärzte zwingen 2016 zur Aufgabe“, erinnert er sich mit sichtlichem Bedauern.

Info: Weitere Infos unter www.harmonie-1803.de

Freie Autorin Studium: Journalismus, Medien- und Pressearbeit-PR

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