Migration

Deutsch-Türkisches Institut bringt Azubis und Betriebe zusammen

Viele Betriebe suchen Auszubildende. Und viele Jugendliche mit Migrationshintergrund haben Schwierigkeiten, ihren Traumberuf zu finden. Hier setzt das Projekt des Deutsch-Türkische Institut für Arbeit und Bildung in Mannheim an

Von 
Ilgin Seren Evisen
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Viele Ausbildungsplätze sind unbesetzt. Das DTI hat deshalb ein erfolgreiches Projekt auf den Weg gebracht. © Marcus Brandt/dpa

Den Unternehmen fehlen Auszubildende. Das Deutsch-Türkische Institut für Arbeit und Bildung in Mannheim will das ändern – und bringt Unternehmen mit migrantischen Jugendlichen zusammen.

„Wie schaffen wir es, mehr migrantische Jugendliche in Ausbildungsberufe zu bringen?“, fragte sich Muna Yeniocak vom Deutsch-Türkischen Institut für Arbeit und Bildung – kurz DTI – zu Beginn des Projekts „Ausbildung (k)ein Thema!“ Die 40-jährige Deutsch-Türkin arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im DTI und leitet das Projekt. Es begann im Juli 2023.

Gute Unternehmenskontakte helfen beim Start

Das Team rund um Gizem Weber, Muna Yeniocak und den Arbeitsökonomen Professor Franz Egle arbeitet seit vielen Jahren mit migrantischen Jugendlichen zusammen. „Mir gefiel an unserer Zielgruppe, dass sie sehr offen für Neues ist“, erklärt Egle. So habe er im Laufe seiner Tätigkeit als Hochschulprofessor vor allem migrantische Studenten in Vertriebstätigkeiten vermittelt. Schließlich seien viele von ihnen die besseren Verkäufer, schmunzelt Franz Egle.

Auch Institutsmitarbeiterin Gizem Weber glaubt an das Potenzial migrantischer Jugendlicher: „Sie bringen aus ihrer Bilingualität und ihrer Kindheit in verschiedenen Kulturen eine flexible und anpassungsfähige Herangehensweise mit“, erklärt sie. Die Kompetenzen der Zielgruppe und die guten Unternehmenskontakte des Instituts halfen beim Start.

Auch aus unternehmerischer Sicht lohnt sich das Projekt – von großen Unternehmen wie BASF und RNV bis hin zu familien- und inhabergeführten Betrieben wie Suntat und der HTS Technische Gebäudesysteme. Das Team des DTI erhielt vor Beginn des Projekts von Dutzenden Unternehmen der Region die Rückmeldung, wie schwer es aktuell sei, Ausbildungsstellen adäquat zu besetzen. „Dieser Mangel an Fachkräften stellt eine zunehmende Herausforderung für das Wachstum und die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen dar“, erklärt Projektmitarbeiterin Yeniocak. Für viele Betriebe der Region heißt das: Zahlreiche Ausbildungsplätze in den Bereichen Pflege, Sanitär, Bauwesen, Metallverarbeitung, technische Berufe und in vielen anderen Branchen sind dauerhaft unbesetzt. Dies betrifft nicht nur Berufe, die oft gute Aufstiegsmöglichkeiten bieten, wie die Erlangung eines Meistertitels, sondern auch Berufe, die den Weg zur Selbstständigkeit eröffnen. „Für uns als DTI stand fest: Diese beruflichen Erfolgswege wollten wir auch migrantischen Jugendlichen der Region ermöglichen“, erklärt Yeniocak.

Die Erfolge des Projekts werden auch in Zahlen sichtbar. Seit Beginn haben 36 Jugendliche teilgenommen. Yeniocak zufolge haben alle Pflichtpraktika absolviert, nur fünf brachen das Praktikum ab. „Wir sind begeistert vom Engagement der Jugendlichen“, so Yeniocak. „Viele der Teilnehmenden haben wir als Auszubildende für regionale Betriebe gewonnen – genau das, was wir mit dem Projekt erreichen wollten“, setzt sie fort. Auszubildende wurden in der Pilotphase zu Kooperationsschulen des DTI eingeladen und berichteten vor Ort von ihren Erfahrungen in dem jeweiligen Unternehmen. Interessierte Schüler konnten ihnen Fragen stellen und bekamen so einen ersten Einblick in den Ausbildungsberuf.

„Wer Interesse an einem Unternehmen hatte, wurde von uns bei den Besuchen in den jeweiligen Betrieb begleitet“, erklärt Yeniocak. So sei es gelungen, den Jugendlichen erste Einblicke in die betrieblichen Anläufe zu ermöglichen und Interesse an dem jeweiligen Ausbildungsberuf zu wecken. „Uns war wichtig, dass die Schüler in den Betrieben von Gleichaltrigen begleitet werden“, erklärte Yeniocak. Das erleichtere die Zugänge zu den Jugendlichen und steigere ihre Bindung an das Unternehmen.

Die 16-jährige Zeynep Tüfekci aus Mannheim habe zunächst Pflegerin werden wollen. Doch ein Praktikum in der Pflege habe sie schnell davon überzeugt, dass dies nicht der richtige Beruf für sie sei. Die junge Deutsch-Türkin habe sich schließlich für eine Ausbildung als sozialpädagogische Assistentin entschieden.

Auch für den 16-jährigen Atakan Yig hat sich das Projekt gelohnt. Er habe manchmal Schwierigkeiten mit der deutschen Sprache, doch durch das Projekt habe er Ansprechpartner gefunden, die ihn im für ihn schwierigen Bewerbungsverfahren unterstützten.

Bemühungen um eine Anschlussfinanzierung

Sowohl die Konrektorin der Johannes-Kepler-Gemeinschaftsschule, Neslihan Kücük-Langer, als auch der Konrektor der Marie-Curie-Realschule, Mehmet Bayrakli, sind begeistert von dem Projekt: „Eine der Stärken ist, dass sich ein solides Netz an Kooperationspartnern in Form von kleinen und mittelständischen Betrieben gebildet hat, um mit den Jugendlichen aus der Zielgruppe engagiert zusammenzuarbeiten“.

Das Projekt „Ausbildung – (k)ein Thema?“ endet Ende Juni. Für die Jugendlichen und Unternehmen sind das schlechte Nachrichten. Die Erfolge des ersten Durchlaufs sprechen für sich, meint Franz Egle. Gemeinsam mit seinen Kolleginnen sucht er nach einer Anschlussfinanzierung, die eine Fortsetzung des Projekts ermöglicht.

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