Gästeführerin Beate Wernado bittet um Ruhe und Verständnis: "Wir haben zur Zeit einen Meisterkurs Violine hier im Kloster. Die Musik wird uns die ganze Führung begleiten. Die jungen Musiker müssen viel üben." Die 44 Teilnehmer der Morgentour ins Kloster Schöntal und auf die Götzenburg in Jagsthausen zeigen viel Verständnis und verhalten sich entsprechend ruhig, um die jungen Künstler nicht zu stören.
In der Zwischenzeit erklärt Wernado die Entstehung des ehemaligen Zisterzienserklosters. 1157 bestätigte Kaiser Barbarossa die Klostergründung, eine Stiftung des Edlen Wolfram von Bebenburg. Dieser hatte das Kloster aus Dankbarkeit gestiftet, weil er gesund vom zweiten Kreuzzug ins Heilige Land wieder heimkehrte. 1163 erwähnt Bischof Heinrich von Würzburg die Namensänderung des Klosters in "Speciosa Vallis", was soviel wie "schönes Tal" bedeutete. Das Adelsgeschlecht der Berlichinger stellte den Bauplatz im Jagssttal und sicherte sich im Gegenzug das Recht zur Grablege im Kreuzgang des Klosters. Dieses erlebte eine erste Blüte im 15. Jahrhundert. Zu Beginn des 18. Jahrhunderts erhielt das Kloster seine heutige barocke Gestalt- deutlich zu erkennen an dem mit viel Holz gestalteten Treppenhaus.
Reich verziertes Tor
"Die Zisterzienser lebten hier weitgehend autark. Sie hatten einen Bauernhof und eine Bäckerei, in der sie selbst Brot backten", erzählt Wernado. Immer wieder betont sie den Grundsatz der Mönche, dass "für Gott das Beste gerade gut genug sei". Aus diesem Grunde wurde ein reich verziertes schmiedeeisernes Tor 1766 als Portal zu den Arbeiträumen des Abtes im ersten Obergeschoss eingearbeitet, das allein schon viel Geld gekostet haben muss. "Im Jahre 1803 ist alles vorbei", weiß Wernado. Herzog Friedrich von Württemberg übernahm das Kloster. Die Klosterkirche wurde katholische St.-Josephs-Pfarrei und die Kiliankapelle - das älteste erhaltene Gebäude in der Klosteranlage - zur evangelischen Pfarrkirche.
Morgentour-Teilnehmer Angelika und Werner Höllenschmitt finden nach dem Rundgang: " So etwas haben wir hier nicht erwartet und noch nie vorher gesehen. Das ist schon beeindruckend, wie üppig hier alles dekoriert ist. Das ist alles schon beeindruckend." Hannelore Beyer erzählt, dass sie in Berlichingen geboren ist, sie habe aber mit 17 Jahren die Gegend schon verlassen. Da freut man sie, wenn sie noch einmal zurückgekehrt ist. "So manche Erinnerung wird da wieder wach."
Weiter geht es zur Götzenburg in Jagsthausen, wo es im Museum viel über den "Mann mit der eisernen Hand", Götz von Berlichingen, zu erfahren gibt. Jens Schmukal erzählt zunächst einmal, dass der Ort aus einem römischen Kastell erwachsen ist, in das hinein später die Burg gebaut wurde. Noch heute bewohnen Nachfolger die Burg und sind in der kleinen Gemeinde zu Hause. Der 1480 geborene Berlichingen verlor am 23. Juni 1504 bei der Belagerung Landshuts durch einen Schuss aus einer Kanone die rechte Hand. Die Splitter trennten den Arm ungefähr auf Höhe des Handgelenks ab. "Damit konnte der Ritter nicht mehr schwören", erzählt Heinrich Kühner, ein ehemaliger Lehrer bei einem Rundgang durch den Ort.
"Einfach hervorragend"
Götz ließ sich im Laufe der Zeit zwei Prothesen anfertigen. Bei beiden konnten die Finger mit Hilfe eines innenliegenden Sperrklinken-Mechanismus arretiert werden, auf Knopfdruck sprangen sie unter Federdruck wieder in die offene Ausgangslage zurück. Götz von Berlichingen starb am 23. Juli 1562 "uber etlich und achtzig Jahr alt" und wurde im Kreuzgang des Klosters Schöntal beigesetzt.
Die Teilnehmer Dietmar Schirrer und Dirs Faber waren zum ersten Mal auf einer Morgentour. "Das ist einfach hervorragend. Alles wurde gut erklärt. Mich hat vor allem die Mechanik der ,eisernen Hand' fasziniert. Und man lernt auch andere Menschen auf der Tor kennen. Es ist einfach nur schön", da sind sich die zwei einig.
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