In zehn Forderungen hat die Aktionsgruppe „Fridays for Future“ in Mannheim ihre Zukunftsvision einer klima- und sozial gerechten Stadt formuliert. In dieser Serie bewerten Betroffene und Experten die Forderungen. In dieser Folge geht es um den City Airport.
Was „Fridays for Future“ sagt
„Unser Kritikpunkt liegt vor allem auf dem Flugzeug als individuelles Verkehrsmittel, da seine Klimabilanz zu schlecht ist, um für den Personentransport in dem Ausmaß, in dem dies gerade betrieben wird, genutzt zu werden.“ Die Kritik richtet sich also an Personenlinienflüge, die bis zum Jahr 2030 eingestellt werden sollen. Ausgeklammert sind Beschaffung und Lieferung lebensnotwendiger, akut dringender Fracht wie medizinischer Produkte. Dennoch müsse der Frachtverkehr und der Bezug von ausländischen Produkten generell zurückgehen, „um eine klimagerechte Welt zu ermöglichen“. Die Zukunft des Mannheimer Flugplatzes werde im besten Fall mit allen Bewohnern der Stadt entschieden, „insbesondere mit denen, die diese Entscheidung betreffen könnte“, wie beispielsweise Anwohner und Hobbyflieger.
Auch wenn noch „ein großer Ausbau der Infrastrukturen“ nötig sei, sei die Bahn eine ausreichende und klimagerechte Alternative. Unternehmen könnten zudem auf digitale Meetings zurückgreifen. Die „Fridays for Future“-Jugendlichen regen an, dass die Deutsche Bahn das Angebot von Nachtzügen der österreichischen Bahn erweitert. „Gleichzeitig muss auch jetzt schon niemand innerhalb Deutschlands fliegen – um den Zug zu nutzen, ist keine organisatorische Meisterleistung im Betriebsablauf der Unternehmen von Nöten.“
Was der Flughafen sagt
„Die Einstellung des geschäftlichen und privaten Reiseverkehrs würde nicht nur den Flughafen, sondern die Stadt Mannheim hart treffen“, sagt Dirk Eggert, Geschäftsführer der Rhein-Neckar-Air und Prokurist der Flugplatz-GmbH. Die Stadt ist Hauptgesellschafter des City Airports, rund 600 Unternehmen aus der Region nutzten laut Eggert die Linienflüge. 90 Prozent der Passagiere auf Linienflügen seien Geschäftsreisende. Ein wesentlicher Standortvorteil sei die Zeitersparnis gegenüber dem Frankfurter Flughafen. Bei Linienflügen kommen sogenannte Turboprops zum Einsatz, deren Emissionen weit unter denen von Jets bleiben: „Verglichen mit einer Autofahrt nach Sylt, ausgehend von zwei Personen und einem Verbrauch von acht Litern auf 100 Kilometer, ist ein Linienflug dorthin ab einer Auslastung von 80 Prozent, die wir im Schnitt haben, klimafreundlicher.“ Kleinere Linienflugzeuge könnten eventuell „in zehn bis 15 Jahren mit alternativem Antrieb beziehungsweise Elektromotor“ fliegen. Bis dahin müsse der Betrieb fortgesetzt werden: „Sie können einen Flughafen nicht einfach stilllegen und zehn Jahre später wiedereröffnen.“ Eine Nutzung allein für Rettungsdienste hält Eggert für nicht machbar: „Nur dafür einen ganzen Flughafen am Laufen zu halten, das wäre unwirtschaftlich.“ Stichwort Videokonferenzen. Laut Eggert werde es „sicherlich einen Rückgang der Geschäftsreisen geben, aber nicht in dem Maß, wie es prognostiziert wird“. Dienstreisende am City Airport seien in der Regel Geschäftsleute in höheren Positionen, für die persönliche Kontakte wichtig seien.
Was Unternehmen sagen
„Wir hatten im Jahr 2019 rund 2000 Flüge von und nach Mannheim“, erklärt SAP-Sprecher Marcus Winkler. Alle Flüge in Deutschland würden über Investitionen in zertifizierte Umweltprojekte kompensiert, zudem seien die Mitarbeiter angehalten, innerdeutsch die Bahn zu nutzen. Inwieweit sich das Flugverhalten nach der Corona-Krise entwickeln wird, lasse sich aktuell noch schwer einschätzen. „Homeoffice und Videokonferenzen haben sich bei SAP in den letzten Monaten sehr bewährt. Wir denken, das wirkt sich auch künftig auf die Anzahl der Geschäftsreisen aus“, so Winkler.
Auch bei der BASF geht man laut Sprecherin Ursula von Stetten davon aus, dass die höheren Hürden bei internationalen Reisen und die zunehmend virtuellen Meetings „die Anzahl der Geschäftsreisen dauerhaft reduzieren“ werden.
Ob es notwendig und sinnvoll ist, mit dem Flugzeug Privatreisen nach Sylt zu unternehmen, kann diskutiert werden. Geschäftstermine finden, vorangetrieben durch die Corona-Krise, inzwischen häufig online statt. Dennoch: Dass der Flughafenbetrieb bis auf die medizinische Versorgung bis 2030 komplett eingestellt wird, ist unwahrscheinlich – der Flughafen braucht die Geschäftsreisen als Einnahmequelle. Wer den City Airport für Rettungsflüge und medizinische Transporte nutzen will, muss ihn wirtschaftlich am Laufen halten. Aber: Der Flugverkehr wird durch die Umstellung auf Online-Konferenzen voraussichtlich dauerhaft zurückgehen. Und für die Flüge die weiterhin stattfinden, sind klimafreundliche Antriebsalternativen in Aussicht.
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