Mannheim. Vor 100 Jahren, 1922 gebaut, lief die „Dordrecht“ vom Stapel. Damals von der Schiffs- und Maschinenfabrik-Aktiengesellschaft, der sogenannten Schimag, in der Werftstraße im Jungbusch hergestellt, lief sie mit einer von BBC konstruierten schnelllaufenden Dampfturbine für die holländische Standaart-Reederei mit 1500 PS auf dem Rhein. Die Werft, die aus einer Mainzer Maschinenfabrik hervorging, fertigte am Verbindungskanal im Jungbusch auf einem Areal von 50 000 Quadratmetern vor allem Bagger, Dampfkräne, Eisenschiffe und Dampfkessel. Die Schimag galt zu der Zeit als größte Binnenschiffswerft Deutschlands.
Das alles berichtete Karlheinz Neff in seinem kurzweiligen Festvortrag zum 100. Geburtstag über den Raddampfschlepper, der der Seglervereinigung Mannheim (SVM) an einem geschichtsträchtigen Ort an der alten Bastion an der Diffenébrücke heute als schwimmende Heimat dient. Vermutlich war es der letzte von 23 für diese Reederei gebauten Raddampfern, den die Segler schließlich erwarben. Die Zeit der mit Kohle befeuerten Räderboote, die Lasten von Rotterdam bis Basel zogen, neigte sich dem Ende zu.
20 000 Stunden Arbeit
Obwohl noch aufwendig renoviert und auf Ölfeuerung umgestellt, wurde die „Dordrecht“ im Jahre 1957 außer Dienst gestellt. Als „Schrotthaufen“ fristete das einst stolze Schiff anschließend sein Dasein. Am 7. Juni 1961 erwarben die Segler, die an drei Standorten um Mannheim vertreten sind, für 26 400 D-Mark rund 240 Tonnen Schrott, um es als Vereinsheim umzugestalten.
Rund 20 000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit wurden in die Generalüberholung gesteckt, ehe knapp vier Jahre später das schwimmende Vereinsheim in Betrieb genommen werden konnte. Ein Auszug aus der Allgemeinen Zeitung Mannheim vom 24. Juli 1962 verdeutlicht dies: „Es dürfte in der Geschichte des Segelsports wohl einmalig sein, dass Segler einen abgehalfterten Raddampfer im Eigenbau in ein modernes Bootshaus verwandeln.“
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Der Vereinsvorsitzende Klaus Haussmann unterstrich, dass der 1931 einst von „verrückten Seglern“ gegründete Verein heute gesund dasteht. Um die „Dordrecht“ herum gibt es rund 40 Liegeplätze im Wasser. Ein neuer Kopfsteg erweitert die bestehende Anlage nunmehr sinnvoll. Mit der Flottenmeisterschaft Süd-West in der Varianta Klasse wurden die Feierlichkeiten auch wettkampfmäßig abgerundet.
Zuvor hatte Barbara Ritter vom Verein Rhein-Neckar-Industriekultur berichtet, was früher am Altrhein so alles verarbeitet wurde. Meist kamen die Waren aus den Kolonien in Rotterdam an, wurden umgeladen und den Rhein aufwärts geschippert. Das reichte von Baumwolle und Kaffee über Indigo oder Kautschuk bis zu Weihrauch oder Orangen- und Zitronenschalen. Die Bauwerke im Hafen zeugen noch von dieser wechselvollen Geschichte.
Für den musikalischen Rahmen sorgte der Liedermacher und „Binnensegler“ Erik Sander auf seiner Gitarre mit eigenen Kompositionen.
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