Gesellschaft

Das sagen die Menschen in Mannheim auf der Demo gegen Rechts

Wir haben mit Mannheimerinnen und Mannheimern auf der Demo „Wir sind die Brandmauer!“ gesprochen. Was denken sie über die politischen Ereignisse der letzten Tage?

Von 
Tanja Capuana-Parisi
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Mannheim. Auf dem Plakat von Andrea Weiß steht „Streicht das C in CDU + CSU“. Sie arbeitet als Diakonin bei der evangelischen Kirche in der Neckarstadt. „Es ist nicht christlich. In meiner Bibel steht, schützt und achtet die Fremden“, sagt die 62-Jährige. „Ich finde es furchtbar und hoffe, Friedrich Merz kommt nicht durch mit seiner rechten Politik.“ Als Altkanzlerin Angela Merkel 2015 gesagt habe, „Wir schaffen das“, habe sie gejubelt. „Da habe ich gesagt: „Jetzt bist du mal meine Kanzlerin“, sagt Weiß.

„Aber ansonsten habe ich echt ein Problem mit der CDU/CSU und ich finde das schlimm, wenn jetzt die Probleme im Land auf die Flüchtlinge und Ausländer abgewälzt werden. Wir haben die Probleme hier aus völlig anderen Gründen, und ich finde es wichtig, dass Menschen in Not hier aufgenommen werden.“ Sie hofft auf eine bessere Migrationspolitik. „Wir brauchen die Leute, sonst stirbt Mitteleuropa aus.“

Bettina Carvalho und ihre Freunde Elvira und Jürgen zeigen die Plakate, die sie selbst gestaltet hat. © Tanja Capuana

Heike ist mit ihrer Tochter Lara und ihrer langjährigen Freundin Antje auf der Demo. „Nach der Show der CDU diese Woche fand ich es angebracht, Meinung zu zeigen“, sagt die Mannheimerin. „Die Entwicklungen in den letzten Wochen und Monaten gefallen mir nicht, und deswegen bin ich hier.“ Es sei ein „ganz billiges Manöver, was Merz da abgezogen hat“, findet sie.

„Er hat im November noch gesagt, er würde sich wünschen, dass das ein bisschen gesitteter abgeht bis zu den Wahlen, und jetzt hat er genau das Gegenteil gemacht. Er hat gelogen, das kann ich nicht verzeihen.“ Lara will auf gar keinen Fall, dass Rechte an die Macht kommen.

„Ich finde, das muss verhindert werden, von jedem, der in einer Demokratie in Deutschland weiterleben möchte.“ Die 28-Jährige freut sich, dass so viele Menschen gekommen sind. „Das macht Hoffnung.“ Antje macht sich Sorgen um die Normalisierungseffekte. Es sei ein falsches Signal, das die CDU sende.

Junge und Alte demonstrieren bei „Wir sind die Brandmauer“-Demo in Mannheim

Die neunjährige Luzi trägt stolz ein Plakat, auf dem sie „Die AfD ist doof“ geschrieben hat. Zudem hat sie Hakenkreuze durchgestrichen und das Schild mit OmNoms verziert. Der Mannheimerin liegt es am Herzen, dass Asylbewerber in Deutschland eine sichere Heimat finden. „Ich finde es doof, wenn die AfD die Menschen wegschickt“, sagt sie. „Deshalb wollte ich unbedingt zur Demo kommen“, sagt das Mädchen, das mit ihrer Mutter an der Kundgebung teilnimmt.

Bettina Carvalho ist bei der Demo, da sie schockiert darüber ist, dass Merz mit der AfD zusammen ein Gesetz durchbringen will. „Ich sehe die Gefahr, dass die Mitte Richtung rechts driftet, und da bin ich auch schon bei der letzten Demonstration hier gewesen.“ Sie habe das Gefühl, mit der AfD entstehe in der Gesellschaft eine Angst, sich politisch zu bekennen. Die Kunstlehrerin hat drei Plakate gestaltet, die sie mit ihren Bekannten Elvira und Jürgen hochhält. Mit den Zeichnungen lehnt sie ein Bündnis mit der AfD ab.

Der Rechtsstaat müsse deutlicher zeigen, dass Maßnahmen, die von rechts kommen, stärker eingeschränkt werden. Jürgen aus Reutlingen hat viele gute Freunde mit Migrationshintergrund und ist auch deswegen dabei. Merz drehe sich wie ein Fähnchen im Wind.

„Ich hoffe, dass sich einige Leute noch überlegen, wen sie wählen.“ Elvira findet, dass es viele Rechte in Mannheim gibt und, dass man daher bei Demos Präsenz zeigen muss. Sie hofft, dass Merz sich mit seiner Aktion ins Aus geschossen hat. „Er ist viel zu emotional, und ich bin kein CDU- und kein AfD-Fan.“ Außerdem sei er nicht zuverlässig, was seine Aussagen angehe.

Die 36-jährige Alice hat asiatische Wurzeln, ist aber in Deutschland geboren und aufgewachsen. Die Aktion von Merz und dass Rechte an die Macht kommen könnten, bereitet ihr Sorgen. „Wir überlegen auch schon, wohin wir auswandern und wir im Notfall schnell hinfahren könnten.“ Die Mannheimerin hat für die Demonstration ein Plakat gestaltet, auf dem steht: „Menschenrechte statt rechte Menschen.“

„Es gibt keine Alternative dazu, hier zu sein“, sagt Philipp aus Neckargemünd. Der 38-Jährige empfinde Trauer und Wut über das, was im Bundestag passiert ist. „Deswegen bin ich zum Beispiel auch mit meinem Kind hier, damit es von Anfang an lernt, dass es wichtig ist und dass es richtig ist, sich für solche Dinge einzusetzen.“ Von Friedrich Merz ist er enttäuscht. „Ich kann nicht verstehen, was sein Plan ist“, sagt er.

Ich habe Merz bisher als Demokraten gesehen, der wirklich diesseits der Brandmauer ist.“ Philipp hofft jetzt, dass bei der Bundestagswahl die Prozentpunkte, die die Union verliert, nicht zur AfD wandern, sondern zu anderen Parteien, betont er. „Ich weiß nicht, wie viele Stoppschilder und Warnsignale es noch braucht, damit die Leute erkennen, dass man an der Brandmauer nicht zündeln oder rumfackeln darf.“

Christoph hat laut Plakat „Keinen Bock auf Europas braune Bräute wie Alice Weidel, Georgia Meloni und Marine Le Pen“. „Es ist eine Woche, in der die Demokratie von unseren Vertretern im Parlament mit den Füßen getreten wurde“, sagt der Mannheimer.

„Da muss man danach auf die Straße gehen.“ Merz habe gesehen, dass es die letzte Chance sei, an seiner politischen Karriere zu basteln. „Und da sind ihm alle Mittel recht“, sagt er. „Er soll den Abflug machen in die politische Bedeutungslosigkeit.“ Christoph ist in der Pflege tätig und kritisiert, dass sein Berufsstand in den vergangenen Jahren „an die Wand gefahren wurde“. Er hofft, dass Demokratie und Migration gestärkt werden. „Ich habe so viele Kollegen, die einen Migrationshintergrund haben, ohne sie würde es nicht mehr gehen.“

Matthias Biermanns findet es erschreckend, was im Bundestag passiert ist. „Die politische Mitte rückt mir zu weit nach rechts.“ Angst macht dem 22-Jährigen das, was noch kommen könnte, da die Option, mit der AfD zusammenzuarbeiten, immer näher rücke. Der CDU steht er ebenfalls negativ gegenüber. „Es bringt uns nicht voran, in konservativen Denkmustern zu bleiben.“

Lisa und Jannik aus Heidelberg ist es wichtig, ein Zeichen gegen Rechts zu setzen. „Erstaunlicherweise mussten wir das vor einem Jahr schon mal tun, da standen wir nämlich genauso hier“, sagt Lisa. „Mit der Zusammenarbeit mit der AFD ist einfach eine ganz krasse Grenze erreicht.“ Jannick ist wütend, enttäuscht und entsetzt zugleich. Anfang vergangenen Jahres hatte er gehofft, dass die Politik etwas tue, sagt der 30-Jährige.

Denn Millionen von Menschen seien auf die Straße gegangen. „Es ist aber leider relativ wenig passiert.“ Das sei jedes Mal wie ein Nackenschlag. Lisa befürchtet, Merz tue das alles, nur um Kanzler zu werden oder um gut dazustehen. „Er verliert einfach genau diesen Blick, was Demokratie eigentlich bedeutet.“

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