Mannheim. Die Enttäuschung bei den Ehrenamtlichen des Vereins Futteranker ist deutlich zu spüren. Nur an einem Tag durften sie bei der Vesperkirche mithelfen und Tierfutter an bedürftige Hunde- und Katzenhalter spenden – dann kam die Absage der Kirche: Wegen Geruchsbelästigung und Ungezieferbefall sollten sie das provisorische Lager im Diakoniepunkt gegenüber der Konkordienkirche wieder räumen – vier Wochen früher als vereinbart.
In der Citykirche findet zum 23. Mal die Benefizaktion statt, bei der einen Monat lang Bedürftigen eine warme Mahlzeit serviert wird. „Wir wollten die Aktion unterstützen, und vor allem den Bedürftigen mit ihren Tieren helfen, ihnen Hunde- oder Katzennahrung mitgeben“, erklärt die Vorsitzende Annette Elm. „Alles war seit November geplant gewesen, in Absprache mit den Verantwortlichen. Und plötzlich kommt alles anders – von jetzt auf gleich.“
Traurig schaut Elm auf ihr Handy, sie liest eine E-Mail von Pfarrerin Ilka Sobottke, die mit Pfarrerin Anne Ressel die Vesperkirche organisiert. In der Nachricht schreibt Sobottke, dass die Zusammenarbeit beendet werden muss, nachdem Futteranker Hunde- und Katzennahrung in dem Raum gelagert hatte – „nach genauer Absprache“, wie Elm sagt.
Beschwerden wegen Geruch
„Wir haben das alles vorher geklärt, wo wir was unterbringen dürfen“, erklärt Elm. Sobottke teilt dieser Zeitung auf Nachfrage mit, dass „uns nicht bewusst war, dass hier Futtermittel in solchen Mengen gelagert werden“. Ein Vorwurf, den Annette Elm und ihre Vorstandskollegin Tatjana Anselm vehement zurückweisen. „Wir haben vorher genau abgeklärt, was wir machen sollen und können“, sagen die Vorsitzenden des gemeinnützigen Vereins, der jeden Freitag in Neckarau Tiernahrung an Bedürftige verteilt. „Dass das Trockenfutter für Hunde riecht, weiß eigentlich jeder“, dachten die Verantwortlichen. Ein Chor probt und die indonesische Gemeinde feiert in dem selben Raum Gottesdienst. Laut Sobottke fühlten die sich durch den Geruch belästigt. Auch soll es ein Ungezieferproblem wegen des Futters gegeben haben. Sobottke: „Wir haben insbesondere in den Räumen rund um den Diakoniepunkt dauernd mit Schädlingsbefall zu tun, Kakerlaken und Mäuse, und auch wenn die Sachen eingepackt sind, ist es einfach so, dass hier alles Ungeziefer anlockt.“
Kritische Reaktionen im Netz
„An einer Lösung war von der Kirche aber niemand interessiert“, ist Tatjana Anselm sauer. „Man hätte ja mit uns darüber sprechen können. Wir hätten auch draußen unter einem Pavillon Futter verteilt. Das machen wir oft bei Veranstaltungen. Aber wir wurden vor vollendete Tatsachen gestellt.“ Dass die Absage nach nur einer Teilnahme an der Vesperkirche, die mit Plakaten angekündigt wurde, per E-Mail kam, stößt den Ehrenamtlichen bitter auf. Ein persönliches Gespräch blieb aus. Sobottke: „Leider hatte ich keine Telefonnummer von einer der Beteiligten. Außerdem sind wir während dieser Wochen immer so unter Druck, dass wir schnell entscheiden und reagieren müssen, damit der Gesamtbetrieb der Vesperkirche funktionieren kann.“
Auf eine Stellungnahme von Futteranker bei Facebook zum vorzeitigen Ende der Zusammenarbeit mit der Vesperkirche haben zahlreiche Nutzer reagiert – in teils sehr kritischen Worten. „Es lässt einen fassungslos und kopfschüttelnd zurück. Die Verantwortlichen der Kirche sollten sich schämen! Ich war fünf Jahre im Futteranker-Team und kann die Vorwürfe seitens der Kirche ganz und gar nicht verstehen“, schreibt eine ehemalige Ehrenamtliche. Andere kommentieren „Typisch Kirche“, „Ich weiß, warum ich ausgetreten bin“ oder „Und für so eine Reaktion zahlt man Kirchensteuern“.
Für die Ehrenamtlichen von Futteranker, die sich teilweise extra Urlaub für die geplanten Donnerstage in der Vesperkirche genommen haben, sei die Art der Absage besonders traurig. „Die Telefonnummer hätte man schnell herausbekommen – und generell war das mit der E-Mail sehr unpersönlich“, sagt Anselm. Das Team wollte durch die Vesperkirche mehr Bedürftige erreichen, aber „vor allem die Hemmschwelle der Betroffenen mindern“, erklärt Elm. „Es kostet viele erst einmal Überwindung, hierher nach Neckarau zukommen. Die Vesperkirche wäre ein Türöffner gewesen“, sind sich Elm und Anselm einig. „Schade, dass diese Tür nun zugestoßen wurde. Das geht nur zu Lasten der Bedürftigen.“
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