Lessing-Gymnasium - Feier zum 50-jährigen Bestehen der Schulpartnerschaft mit Toulon

Damals für viele die erste Reise ans Meer

Von 
Johanna Dörsam
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Obwohl der Ratssaal Corona-bedingt nur zur Hälfte gefüllt werden darf, sind bei der Feier des Partnerschaftsjubiläums alle stolz auf das Erreichte. © Johanna Dörsam

Es ist sozusagen eine goldene Hochzeit, die im Ratssaal des Stadthauses in N1 gefeiert wird – die Hochzeit einer ganz besonderen Freundschaft. Genau 50 Jahre ist es her, dass der Schulleiter des Mannheimer Lessing-Gymnasiums und der „Proviseur“ des Lycée Dumont D’Urville in Toulon am 6. Dezember 1971 ihre Schulpartnerschaft vertraglich festhalten. 1958 nimmt Toulon erstmals Kontakt zu Mannheim auf, ein Jahr später besiegeln die beiden Städte den Partnerschaftsvertrag.

Auf politischer Ebene ein wichtiges Zeichen der Annäherung in der Nachkriegszeit. Doch, und das betont Schulleiter Jürgen Layer in seiner Begrüßungsrede ganz besonders, seien es die Schülerinnen und Schüler und vor allem die hochmotivierten Lehrkräfte, die einer solchen Verbindung Leben einhauchten. „Es sind die persönlichen Austausche und Begegnungen, die diese Partnerschaft gestalten und forttragen,“ so der Schulleiter.

Als Student habe er beschlossen, am Institut Français in Heidelberg Französisch zu lernen und habe kurz darauf seinen Vater überzeugt, nach Südfrankreich zu reisen. Dieser sei im Zweiten Weltkrieg als feindlicher Soldat dort gewesen und habe eine neue Sicht auf das Nachbarland gewinnen können. Layer wendet sich direkt an den Französisch-Leistungskurs des Lessing-Gymnasiums, der die Veranstaltung moderiert: „Ihre Entscheidung für diese Sprache ist eine politische, weil sie die Voraussetzung für Frieden und Zukunft in Europa ist.“

Chancen zur Weiterentwicklung

Die Bedeutung dieses Jubiläums unterstreicht die Gästeliste. Obwohl aufgrund strenger Hygieneauflagen nur ein Bruchteil der eigentlich geladenen Gäste anwesend sein kann, spricht Mannheims Erster Bürgermeister Christian Specht und legt seinerseits besonderes Augenmerk auf die Chancen der Weiterentwicklung, die ein solcher Schulaustausch bietet. Erst kürzlich habe er sich mit dem „Maire“ – dem Bürgermeister – von Toulon getroffen, um eine Kooperation zwischen jungen Gründerinnen der Universität Mannheim und solchen aus Toulon zu besprechen. „Viele von ihnen haben zu Schulzeiten schon an einem Austausch teilgenommen“, erklärt Specht. Dass er als Vorsitzender des Institut Français eine besondere Liebe zur französischen Sprache pflegt, ist offensichtlich.

In der anschließenden Podiumsdiskussion erinnern sich drei Beteiligte „der ersten Stunde“ an ihre Erfahrungen. Helmut Mehrer, der als verantwortlicher Französischlehrer des Lessing-Gymnasiums den Austausch 1971 gründete, ist stolz: „Ihr alle habt dafür gesorgt, dass wir heute dieses Jubiläum feiern können.“ Für ihn sei es damals als junger Student eine Selbstverständlichkeit gewesen, einen Austausch organisieren zu wollen. Im September 1971 reist er mit Schülerinnen und Schülern der Oberstufe auf die Île des Embiez vor Toulon, lernt dort eine junge Mitarbeiterin kennen, die schließlich den Kontakt zum jungen Schulleiter Airaudi des Lycée Dumont D’Urville herstellt.

Johannes Clouth, einer der ersten Teilnehmer, sitzt im Publikum. „Für uns war das eine Sensation, das erste Mal ans Mittelmeer“, erinnert er sich. Auf dem Podium ist Jutta Sahner als Teilnehmerin des ersten offiziellen Austauschs im Juli 1972. Sie erinnert sich: „Im Gegensatz zu heute war unser Austausch nicht im Januar und ging zwei volle Wochen, so dass man auch das Wochenende in den Familien verbracht hat.“

Dritte auf dem Podium ist Claude Bacq, ehemalige Französischlehrerin in Toulon und seit 2003 verantwortlich für die Organisation des Austauschs. „Ich wusste, dass ich eine wichtige Tradition weiterführen soll, aber in der Gesellschaft hatte sich im Gegensatz zu den 70ern vieles verändert“, sagt Bacq. Für Jugendliche sei das Reisen selbstverständlicher geworden, die Begeisterung für die deutsche Sprache in Frankreich sei geringer. Trotzdem: „Ein solcher Austausch bestätigt die Schülerinnen und Schüler in ihrer Motivation.“

Pandemiebedingt war Kreativität gefragt. Französischlehrerin Yvonne Schmitt berichtet von gemeinsamen virtuellen Schulrundgängen, Diskussionsrunden und Videobotschaften: „Trotz allem geben wir unser Bestes, den Austausch am Leben zu erhalten.“ Per Video melden sich auch die französischen Lehrkräfte aus Toulon – mit traditionellem Pastis und Zikadenzirpen im Hintergrund. Alexander Gütinger, Fachbeauftragter Französisch am „Lessing“, verabschiedet alle: „À l’amitié franco-allemande – auf die deutsch-französische Freundschaft!“

Freie Autorin

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