Mannheim. Der Christopher-Street-Day (CSD) hat Mannheims Innenstadt am Samstag in ein Meer der Vielfältigkeit verwandelt. Gefärbte Haare, bunte Umhänge, Federperücken, Leder- und Latexanzüge, High Heels und vor allem ganz viel nackte Haut – zahlreiche Menschen in schillernden Outfits tanzten ausgelassen durch die Quadrate und demonstrierten für mehr Aufgeschlossenheit gegenüber Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen. Laut Polizei kamen etwa 120.000 Besucher zur Parade. Musik hallte aus den Lautsprechern des vorüberziehenden Zuges, an dem 45 Fahrzeuge teilnahmen. Die Stimmung war ausgelassen und je mehr der Tross sich dem Paradeplatz näherte, desto voller wurden die Straßen.
Für Ronja Schrimpf stand das Feiern am Samstag allerdings nicht im Vordergrund, der Karlsruherin war vor allem die gesellschaftliche Botschaft der Parade wichtig: „Es braucht einfach noch mehr Toleranz. Jeder muss seine Identität voll ausleben können.“ Gemeinsam mit Tanja Luty und Jean Gras war sie unterwegs, alle drei hatten eine ähnliche Meinung. „Heute wird man von niemandem schief angeguckt, wenn man so bunt gekleidet auf die Straße geht. Aber das sollte Alltag sein“, betonte Gras. Etwas weiter vorne am Paradeplatz beobachtete Andreas Engel aus leicht erhöhter Position den vorbeiziehenden Tross. Er war für beides gekommen – Protest und Party. „Das ist toll, so so etwas zu erleben. Aber dass es nur einmal im Jahr stattfindet, finde ich ein bisschen schade“, sagte der Mannheimer.
In diesem Moment zog direkt vor Engels Augen der Wagen des CSD Rhein-Neckar vorbei und erntete jede Menge Applaus und begeisterte Zurufe. Der Verein ist seit 2009 Ausrichter der Demonstration in Mannheim, die um 14 Uhr von Vertretern der Politik aus Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg zwischen K1 und U1 offiziell eröffnet worden war. Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz hatte dabei in seiner Rede besonderen Wert auf die Solidarität der Menschen untereinander gelegt: „Gerade wenn man sich schon in die Gesellschaft etabliert hat, dann ist es wichtig, nicht die zu vergessen, die noch einen weiten Weg vor sich haben.“ Bürgermeister Wolfgang Erichson, Dezernent für Umwelt, Bürgerdienste und Integration in Heidelberg, freute vor allem, am Samstag Menschen aus der gesamten Umgebung anzutreffen: „Die Metropolregion zeigt hier heute Flagge, das ist ein gutes Zeichen der Toleranz.“ Zum ersten Mal dabei war in diesem Jahr auch eine Laufgruppe der Stadtverwaltung sowie der städtischen Tochtergesellschaften der Stadt Ludwigshafen. Jutta Steinruck, Oberbürgermeisterin Ludwigshafens, zeigte sich während der Eröffnung darüber besonders stolz: „Das ist toll, heute die Regenbogenfahne auch auf der Brücke zu Ludwigshafen zu sehen.“ Bezüglich der Akzeptanz verschiedener Sexualitäten habe die Gesellschaft zwar schon viel erreicht, aber es gebe auch noch „verdammt viel zu tun“, so Steinruck.
Als nächstes rollte einer von zwei Wagen der Mannheimer Feuerwehr entlang des Paradeplatzes. Ein eher ungewöhnliches Bild: Das Fahrzeug war geschmückt mit roten, orangenen, gelben, grünen, blauen und lila Luftballons. Außerdem standen auf der Ladefläche zahlreiche Feuerwehrleute, hüpften umher, warfen bunte Flaggen in die Menge und verbreiteten gute Laune. Damit wolle man vor allem signalisieren, dass die Vielfältigkeit sich durch die gesamte Gesellschaft zieht, so OB Peter Kurz. Genau aus diesem Grund waren auch Nadine Ringenwald und Jane Isken aus Darmstadt nach Mannheim gekommen. „Die Vielfalt ist überall“, betonte Ringenwald: „Gerade heute ist es wichtig, Sichtbarkeit und Transparenz zu zeigen und sich gegenseitig zu unterstützen.“
Die Parade endete am Mannheimer Schloss, wo bei einem bunten Fest im Ehrenhof mit etwa 5000 Besuchern noch kräftig weitergefeiert wurde. Auf der Bühne stand unter anderem Sängerin Kerstin Ott, die gemeinsam mit Klaus Wowereit, Berlins ehemaligem Regierenden Bürgermeister, die Schirmherrschaft der Veranstaltung übernommen hatte. Laut Polizei sei der CSD bis auf kleinere Vorkommnisse friedlich und störungsfrei verlaufen.
Das Motto des CSD lautete „Zusammenhalt wirkt“. Die Veranstalter wollten damit an die Ereignisse vom Juni 1969 in der Bar „Stonewall Inn“ im New Yorker Stadtteil Greenwich Village erinnern. Vor allem Schwule, Lesben und Transsexuelle hatten sich an diesem Abend gegen die anhaltende Polizeigewalt gewehrt und so einen mehrere Tage andauernden Aufstand ausgelöst. Der Aufstand spielte sich in der Straße „Christopher Street“ ab, daher kommt der im deutschsprachigen Raum Europas verwendete Name der Parade. Im Rest der Welt gilt die Bezeichnung „Gay Pride“ für die Demonstration. Die größten Paraden Deutschlands finden jährlich in Berlin und Köln statt.
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