Mannheim. Eine Botschafterin, die nachhaltige Projekte propagiert, die auf gemeinsamen Interessen basieren, ein Stadtoberhaupt, das von bewegenden deutsch-chilenischen Migrationsgeschichten berichtet und eine Mannheimer Bundestagsabgeordnete mit südamerikanischen Wurzeln: Ihre Excellenz Magdalena Atria, Botschafterin der Republik Chile, ist zu Gast beim Salon Diplomatique und trägt sich ins Goldene Buch der Stadt ein.
Dass sie ihr Weg nach Mannheim geführt hat, ist zum großen Teil ein Verdienst der Sozialdemokratin und Tochter eines Chilenen, Isabel Cademartori, wie Salon-Präsident Helmut Augustin in seiner Begrüßungsansprache versichert. Und auch Oberbürgermeister Christian Specht weist neben der Vita der Bundestagsabgeordneten auf interkulturelle Familiengeschichten hin, deren Spuren bis in die Quadratestadt reichen.
So habe beispielsweise der Großvater von Erwin Feuchtmann-Pérez Anfang der 30er Jahre den Weg von Mannheim nach Chile gewagt: „Heute ist sein Enkel Nationalspieler für Chiles Handballmannschaft und Torschützenkönig bei Weltmeisterschaften.“ Als Gastgeschenk gibt es für die Festrednerin von Christian Specht einen E-Citaro als Modellfahrzeug: „Den konnten Sie bereits heute Morgen während unseres gemeinsamen Besuchs bei Daimler Buses in Natura betrachten.“
Doch wie strukturell eng Deutschland und Chile nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch bereits in puncto Wissenstransfer kooperieren, zeige sich auch mit Blick auf das Exzellenzzentrum für Forschung und Lehre, ein Campus der Uni Heidelberg in Santiago: „Das Heidelberg Center Lateinamerika in der chilenischen Hauptstadt bietet großartige Netzwerke für Wissenschaft und Forschung.“
Viele Verbindungen in die Metropolregion
Apropos Metropolregion: Die enge Verbindung der Festrednerin in selbige zeichnet Helmut Augustin bei einem Blick auf den Werdegang von Magdalena Atria auf. Schließlich hat sie in Heidelberg den Master im Studiengang „Investment, Trade and International Arbitration“ absolviert. Und als wissenschaftliche Mitarbeiterin der Rettig-Kommission reiste sie nach Bonn und Hamburg. Hier nahm sie Aussagen von in Deutschland lebenden Opfern und Zeugen der durch das diktatorische Regime von Chiles Präsident Augusto Pinochet verübten Menschenrechtsverletzungen auf. Darüber hinaus lebte die Juristin von 1991 bis 1995 in München, wo sie Germanistik studierte. Zwei ihrer drei Kinder wurden in dieser Zeit in Bayern geboren.
Salon Diplomatique
Erster Salon Diplomatique: März 2016 anlässlich des Besuchs des französischen Botschafters. Initiator: der in Mannheim ansässige Honorarkonsul der Republik Frankreich, Folker Zöller. Der gemeinnützige Verein hat zurzeit um die 50 Fördermitglieder aus Wirtschaft, Kultur und dem gesellschaftlichen Leben.
Ziele: Die internationale Verständigung, völkerübergreifende Freundschaft, Toleranz sowie Bildung und bürgerschaftliches Engagement zu stärken.
Präsident: Helmut Augustin, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Rhein-Neckar-Nord. Stellvertreter: Claudius Kranz , Mannheimer CDU-Fraktionsvorsitzender.
Termine: 19. Februar: Die Botschafterin von Albanien Adia Sakiqi zu Gast beim Salon. 9. Mai 2025: In Anwesenheit von François Hollande wird eine zwei Meter hohe Version der „Paperbomb“ von Nessi Nezilla im REM-Zeughausgarten eingeweiht.
Kontakt unter salondiplomatique.demai
Warum Chile als Vorreiter der globalen Energiewende fungieren könne, legte die Juristin aus Santiago in ihrem Vortrag dar: In erster Linie sind es die geografisch ausgesprochen günstigen Bedingungen: „Im Norden des Landes in der Atacama-Wüste werden die weltweit höchsten gemessenen Werte an Solarstrahlung verzeichnet, und im Süden in der Region Magallanes herrschen hervorragende Windverhältnisse.“
Hinzu komme, dass ihr Land im Hinblick auf die Bevölkerungsdichte klein sei. Das heißt, Chile benötigt nur knapp 30 Prozent der produzierten Energie für das eigene Land: „Das Potenzial für Wind- und Solarenergie ist enorm groß. Mindestens 1900 Gigawatt, das entspricht dem 75-Fachen unserer derzeitigen Stromerzeugungskapazität.“ Chile bevorzuge keine bestimmte Energiequelle: „Und der Staat überlässt die Marktentwicklung Unternehmen und Investoren.“
Chiles Weg zur nachhaltigen Energiezukunft
Die Republik verfolge seit knapp 20 Jahren eine konsistente Energiepolitik und es wurde ein regulatorisches Rahmenwerk geschaffen. Warum? 2007 stellte Argentinien über Nacht 90 Prozent seiner Gaslieferungen ein, woraufhin Chile Gas, Kohle und Öl importieren und Flüssiggas-Terminals sowie Kohle- und Diesel-Kraftwerke errichten musste: „Das war eine teure und nicht nachhaltige Lösung.“ Ab 2008, so Atria, erfolgte ein Paradigmenwechsel durch zahlreiche Studien, Pilotprojekte, Gesetze und Normen, wodurch sich die Erneuerbare-Energien-Industrie entwickeln konnte: „2024 stammten bereits 70 Prozent des chilenischen Stroms aus erneuerbaren Quellen.“
In der anschließenden Diskussionsrunde fragte Erste Bürgermeisterin Diana Pretzell nach konkreten Plänen zur Nachhaltigkeit und Wirtschaft. 14 Pilotprojekte seien in Chile bereits am Start, versicherte Chiles Investitionsattaché Vanessa Séverin. Und schon jetzt könne die Republik 90 Prozent seiner mittels Solaranlagen oder Windkraft gewonnenen Energie exportieren. Und ob per Schiff oder Pipelines: Mit zwischen knapp zwei bis 3,5 Cent pro Kilowattstunde sind beide Energieformen so günstig, „dass wir uns über die Transportkosten keine großen Gedanken machen müssen“, wie die Botschafterin betont. Chile sei reich an natürlichen Ressourcen, wolle aber nicht nur kritische Rohstoffe exportieren: „Ziel ist eine faire Energiewende, die auf gemeinsamen Interessen basiert und allen Beteiligten erkennbaren Mehrwert bringt.“
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