Mannheim. Mit ihrem Antrag, die Entlastung des Kreisvorstands von der Tagesordnung zu streichen, sind sie beim Kreisparteitag der CDU Mannheim am 22. Oktober in der Kulturhalle Feudenheim gescheitert. Nun unternehmen mehrere der damaligen Antragsteller einen neuen Anlauf - mit einem Widerspruch beim Kreisparteigericht gegen die Entlastung. Am Dienstag soll der sechsseitige Brief, der dem „MM“ vorliegt, dem CDU-Bezirksverband in Mosbach zugestellt werden.
Verfasst und unterzeichnet im Namen von rund einem Dutzend Mitglieder ist er von Heinrich Braun und Ulrich Seel. Sie bemängeln, dass die Entlastung nicht ordnungsgemäßer Parteiführung entspreche, da damit auf etwaige Ansprüche des Kreisverbandes gegen Vorstandsmitglieder verzichtet werden soll.
Das sagt der Kreisvorstand
Der „MM“ bat Kreisvorsitzenden Christian Hötting und Pressereferent Christian Stalf um die Beantwortung konkreter Fragen zu den in dem Brief erhobenen Vorwürfen. Beide hatten zum Zeitpunkt der Anfrage noch keine Kenntnis von dem Antrag.
Da der Kreisparteitag ordentlich durchgeführt und der Kreisvorstand mit großer Mehrheit entlastet worden sei, gebe es auch keine Notwendigkeit, sich mit anderweitigen Behauptungen zu beschäftigen, so Stalf. „Wir warten jetzt mal mit Gelassenheit ab, zu welchem Ergebnis das Parteigericht hinsichtlich eines solchen Antrags kommen würde…“
Als Grund für ihren Widerspruch nennen Braun und Seel „hinreichend Anhaltspunkte, dass es im Zeitraum von 2015 bis 2021 zu Betrug und Untreuehandlungen in der Kreispartei kam, die das Vermögen der Partei schädigten“. Außerdem gebe es konkrete Anhaltspunkte, dass gegen das Abgeordnetengesetz und das Parteiengesetz verstoßen worden sei: durch nicht ordnungsgemäße Rechnungslegung und -führung sowie durch rechtswidrige, weil verschleierte Spenden.
„Mangelhafte Buchungen“
Steuerberater Braun und Rechtsanwalt Seel, ehemaliger Büroleiter des Bundestagsabgeordneten Egon Jüttner, erklären in dem Antrag, wie sie zu ihrer Einschätzung kommen, wonach die Parteibasis noch nicht ansatzweise über den Sachstand verfügte, der eine Entlastung beim Kreisparteitag hätte zulassen können. Sie erinnern daran, dass der Kreisvorstand der CDU Mannheim nach dem Rücktritt ihres Vorsitzenden Nikolas Löbel im März maximale Transparenz bei der Aufklärung der Vorgänge versprochen hatte.
Namentlich nennen sie Katharina Funck, die die CDU Mannheim fortan kommissarisch führte und nun stellvertretende Bezirksvorsitzende ist, Christian Hötting (am 22. Oktober neu gewählter Kreisvorsitzender), den stellvertretenden Kreisvorsitzenden Egon Manz, Schriftführer Christian Stalf (nun Pressereferent) und Schatzmeister Thorsten Bock (mittlerweile abgelöst).
In dem Brief an das Kreisparteigericht skizzieren Braun und Seel die Entwicklung der vergangenen Monate: das Weigern des Kreisvorstands, Akten an Mitglieder der CDU Mannheim zur Begutachtung herauszurücken, den Auftrag des CDU-Landesverbands für ein „unabhängiges Gutachten“, dessen Unter-Verschluss-Halten, die „Einschüchterung“ von interessierten Mitgliedern durch eine Verschwiegenheitsverpflichtung, die bislang ungeklärten Vorgänge in der CDU-Kreisgeschäftsstelle, die Ermittlungen gegen Nikolas Löbel unter anderem wegen des Verdachts der Untreue sowie gegen zwei weitere Personen. Erkennbar seien Verträge mit Löbel in fragwürdiger Weise durch Funktionsträger manipuliert worden.
Intensiver widmen sich die Unterzeichner des Briefs dem „Bericht, der ein Kassenbericht sein sollte“ von Schatzmeister Bock beim Kreisparteitag. Sie beklagen, dass der Vortrag „bereits akustisch unverständlich“ gewesen sei. Zahlen aus 2018 und 2019 seien keine genannt worden, auch fehlten in Bocks und auch Funcks Bericht die Mitgliederzahl des Kreisverbands. Dies widerspreche dem Parteiengesetz. „Womöglich zur Erlangung von Zuschüssen werden Karteileichen in großer Zahl geführt“, vermuten die beiden.
Heinrich Braun hatte beim Kreisparteitag in einem Gespräch mit Thorsten Bock in Erfahrung gebracht, dass Bock selbst gar keine Vermögensübersichten zur Verfügung habe. Und: Seit 2014 habe nicht Schatzmeister Bock, sondern ein von Nikolas Löbel beauftragter Steuerberater die Buchungen erledigt. Der Name sei geheim. „Dessen Buchungen und Arbeit waren gemäß dem geheimen Gutachten jedenfalls mangelhaft, nicht nachvollziehbar. Es erscheint daher möglich, dass der Schatzmeister Bock nur als Strohmann eingesetzt war, in Wahrheit aber Löbel alleine und ohne Kontrolle über die Gelder verfügen konnte“, schlussfolgern Braun und Seel.
Löbel, so glauben sie, habe unmöglich alleine gehandelt. Vielmehr habe er ein Netzwerk von engen Vertrauten gehabt. „Diese Unbekannten wollen weiterhin Funktionen in der Partei, ja öffentliche Mandate, Aufsichtsratsposten besetzen, außerdem ihr Handeln verschleiern“, schreiben sie. Der restliche Vorstand habe seine Pflichten verletzt und Löbel nicht überwacht, „sondern sich im Gegenzug womöglich Posten und Funktionen zusagen lassen, an de-nen man krampfhaft festhält“. Der Parteitag sei daher nicht ansatzweise berechtigt gewesen, eine Entlastung zu erteilen.
Der „MM“ bat Kreisvorsitzenden Christian Hötting und Pressereferent Christian Stalf um die Beantwortung konkreter Fragen zu den in dem Brief erhobenen Vorwürfen. Beide hatten zum Zeitpunkt der Anfrage noch keine Kenntnis von dem Antrag.
Da der Kreisparteitag ordentlich durchgeführt und der Kreisvorstand mit großer Mehrheit entlastet worden sei, gebe es auch keine Notwendigkeit, sich mit anderweitigen Behauptungen zu beschäftigen, so Stalf. „Wir warten jetzt mal mit Gelassenheit ab, zu welchem Ergebnis das Parteigericht hinsichtlich eines solchen Antrags kommen würde…“
Wie Bezirksgeschäftsführer Jan Inhoff dem „MM“ mitteilte, werden vor einer Verhandlung Antragssteller und Antragsgegner gehört. An der Verhandlung selbst nehmen neben den gewählten Richtern des Parteigerichts die jeweiligen Streitparteien beziehungsweise ihre Prozessbevollmächtigten teil.
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