Demonstration - Nicht ganz so schrill, dafür politischer - 1000 Teilnehmer fordern bei der Parade Gleichberechtigung / "Mannheim ist eine offene Stadt"

Bunter Zug feiert die Ehe für alle

Von 
Tanja Capuana
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In der Mannheimer Innenstadt herrscht am Samstagnachmittag ausgelassene Stimmung. Der bunte Zug, der sich vom Neckartor über den Paradeplatz bis zum Schloss bewegt, reißt die rund 70 000 Besucher mit, die gut gelaunt mitfeiern. Der 16. Christopher Street Day, eine Demonstration, bei der die Beteiligten für die gleichen Rechte von Schwulen, Lesben, Trans-, Inter- und Bisexuellen (LSBTTIQ) kämpfen, wird zum neunten Mal vom Verein CSD Rhein-Neckar ausgerichtet. Schon seit Juli gibt es ein Rahmenprogramm in den Bereichen Kultur, Politik und Party. Das Motto der farbenfrohen Veranstaltung lautet "Love wins", also "Liebe siegt". Dabei sei der Beschluss über die Ehe für alle zum Zeitpunkt der Abstimmung noch gar nicht bekannt gewesen, sagt Dennis Sommer, der als Demoleiter im Einsatz ist. "Das feiern wir aber auf jeden Fall."

Delegationen aus Partnerstädten

Dass es auf dem Weg zur Gleichberechtigung der LSBBTTIQ-Gmeinschaft noch einige Baustellen gibt, wird auf der Kundgebung deutlich. Bevor die Demo loszieht, richtet Harald Blaull, Vorsitzender des CSD Rhein-Neckar, einige Worte an die Besucher: "Wir feiern die Ehe für alle und die Rehabilitierung des Paragrafen 175", sagt er. Das Gesetz hatte einst Homosexualität als strafbar erklärt. Offene Fragen gebe es unter anderem im Bereich Adoption bei Gleichgeschlechtlichen und Diskriminierung von Transsexuellen.

In Mannheim gibt es mit Grace Proch und Sören Landmann zwei LSBTTIQ-Beauftragte, die die Community unterstützt. "Wir wollen langfristig strukturelle Veränderungen schaffen", sagt Proch. Etwa Gleichberechtigung für Regenbogenfamilien. "Wir sind auch Ansprechpartner für Personen, die Diskriminierungen erfahren." Vertreter aus den Partnerstädten Haifa, Beyoglu/Istanbul, Swansea und Chisinau sind bei der Parade ebenfalls dabei.

Auch beim Umzug, der Leben in die Quadrate bringt, ist die Vielfalt zu spüren. Dragqueens mit Federboas und hohen Absätzen laufen vor Männern im Lack- und Leder-Look. Parteien werfen Kondome und Süßigkeiten in die Menge, laute Musik schallt aus den Boxen.

Flagge zeigen auch viele Zuschauer. Torsten und Helena Schulz laufen mit ihren Töchtern Luisa und Karo neben dem Zug her. "Das ist ein wichtiges Thema", sagt der Familienvater. "Free Hugs", also kostenlose Umarmungen, verteilt eine Gruppe junger Menschen. "Man sollte den CSD unterstützen, egal ob man homosexuell oder heterosexuell ist", sagt Nele Trömmel. Jessica und ihre Mutter Luzia sind zum ersten Mal da. "Ich habe schwule Bekannte", sagt die junge Frau. Alexander aus Köln mag, dass die Demo in Mannheim kleiner als in der Domstadt, dafür aber weniger kommerziell ist. Silke und Heike aus Ketsch sind seit 26 Jahren ein Paar. "Wir gehen seit 25 Jahren zum CSD", sagt Heike. "Es gehört einfach dazu." Ihr gefällt, dass die Veranstaltung wieder politischer geworden ist.

Blaull ist sehr zufrieden mit der Beteiligung, die mit 1000 Teilnehmern auf 58 Wagen so groß wie nie zuvor war. Er freut sich, dass Parteien, die Stadtverwaltung und andere Flagge zeigen. "Ich erlebe Mannheim als tolerante und offene Stadt."

#lovewins

CSD Parade in Mannheimer Innenstadt

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