Christopher-Street-Day - 120 000 Besucher feiern ausgelassen in der Innenstadt und demonstrieren für mehr Akzeptanz

Bunte Party, lauter Protest

Von 
Louis Rauert
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In bunten Kostümen forderten die Teilnehmer am Christopher-Street-Day mehr Toleranz gegenüber Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen. © Ruffler

Gefärbte Haare, bunte Umhänge, Federperücken, Leder- und Latexanzüge, High Heels und ganz viel nackte Haut – zahlreiche Menschen in schillernden Outfits tanzen am Samstagmittag ausgelassen durch die Quadrate und demonstrieren für mehr Aufgeschlossenheit gegenüber Lesben, Schwulen, Bi-, Trans- und Intersexuellen: Der Christopher-Street-Day (CSD) verwandelt die Innenstadt in ein Meer der Vielfältigkeit. Laut Polizei feiern rund um die Parade etwa 120 000 Besucher.

Musik hallt aus den Lautsprechern des vorüberziehenden Zuges, an dem 45 Fahrzeuge teilnehmen. Die Stimmung ist ausgelassen, und je mehr der Tross sich dem Paradeplatz nähert, desto voller werden die Straßen. Für Ronja Schrimpf steht das Feiern am Samstag allerdings nicht im Vordergrund – der Karlsruherin ist vor allem die gesellschaftliche Botschaft der Parade wichtig: „Es braucht einfach noch mehr Toleranz. Jeder muss seine Identität voll ausleben können.“

Gemeinsam mit Tanja Luty und Jean Gras ist sie unterwegs, alle drei haben eine ähnliche Meinung. „Heute wird man von niemandem schief angeguckt, wenn man so bunt gekleidet auf die Straße geht. Aber das sollte Alltag sein“, betont Gras. Etwas weiter vorne am Paradeplatz beobachtet Andreas Engel aus leicht erhöhter Position den vorbeiziehenden Tross. Er ist für beides gekommen – Protest und Party. „Das ist toll, so so etwas zu erleben. Aber dass es nur einmal im Jahr stattfindet, finde ich ein bisschen schade“, sagt der Mannheimer.

„Ein gutes Zeichen der Toleranz“

In diesem Moment zieht direkt vor Engels Augen der Wagen des CSD Rhein-Neckar vorbei und erntet jede Menge Applaus sowie begeisterte Zurufe. Der Verein ist seit dem Jahr 2009 Ausrichter der Demonstration in Mannheim, die um 14 Uhr von Vertretern der Politik aus Mannheim, Ludwigshafen und Heidelberg zwischen K 1 und U 1 offiziell eröffnet wurde. Oberbürgermeister Peter Kurz hat dabei in seiner Rede besonderen Wert auf die Solidarität der Menschen untereinander gelegt: „Gerade wenn man sich schon in die Gesellschaft etabliert hat, dann ist es wichtig, nicht diejenigen zu vergessen, die noch einen weiten Weg vor sich haben.“

Bürgermeister Wolfgang Erichson, Dezernent für Umwelt, Bürgerdienste und Integration in Heidelberg, freut vor allem, Menschen aus der gesamten Umgebung anzutreffen: „Die Metropolregion zeigt hier heute Flagge, das ist ein gutes Zeichen der Toleranz.“

Zum ersten Mal dabei ist in diesem Jahr auch eine Laufgruppe der Stadtverwaltung sowie der städtischen Tochtergesellschaften der Stadt Ludwigshafen. Jutta Steinruck, Oberbürgermeisterin Ludwigshafens, zeigt sich während der Eröffnung darauf besonders stolz: „Das ist toll, heute die Regenbogenfahne auch auf der Brücke zu Ludwigshafen zu sehen.“ In Sachen Akzeptanz der unterschiedlichen Sexualitäten habe die Gesellschaft zwar schon viel erreicht, aber es gebe auch noch „verdammt viel zu tun“, so Steinruck.

Dann rollt einer von zwei Wagen der Mannheimer Feuerwehr am Paradeplatz entlang. Ein eher ungewöhnliches Bild: Das Fahrzeug ist geschmückt mit roten, orangenen, gelben, grünen, blauen und lilafarbenen Luftballons. Außerdem stehen auf der Ladefläche viele Feuerwehrleute, die umher hüpfen, bunte Flaggen in die Menge werfen und gute Laune verbreiten. Damit wolle man vor allem signalisieren, dass die Vielfältigkeit sich durch die gesamte Gesellschaft zieht, so OB Kurz.

Genau aus diesem Grund sind auch Nadine Ringenwald und Jane Isken aus Darmstadt nach Mannheim gekommen. „Die Vielfalt ist überall“, betont Ringenwald: „Gerade heute ist es wichtig, Sichtbarkeit und Transparenz zu zeigen und sich gegenseitig zu unterstützen.“

Die Parade endet am Schloss, wo bei einem bunten Fest im Ehrenhof mit etwa 5000 Besuchern noch kräftig weitergefeiert wird. Auf der Bühne steht unter anderem Sängerin Kerstin Ott, die mit Klaus Wowereit, Berlins ehemaligem Regierenden Bürgermeister, die Schirmherrschaft übernommen hat.

Erinnerung an die Ereignisse im „Stonewall Inn“

  • Das Motto des Christopher-Street-Days lautete in diesem Jahr „Zusammenhalt wirkt“.
  • Die Veranstalter wollten damit an die Ereignisse aus dem Juni 1969 in der Bar „Stonewall Inn“ im New Yorker Stadtteil Greenwich Village erinnern.
  • Vor allem Schwule, Lesben und Transsexuelle hatten sich an diesem Abend gegen die anhaltende Polizeigewalt gewehrt und so einen mehrere Tage andauernden Aufstand ausgelöst.
  • Der Aufstand spielte sich in der Straße „Christopher Street“ ab – daher kommt der im deutschsprachigen Raum Europas verwendete Name der Parade. Im Rest der Welt gilt die Bezeichnung „Gay Pride für die Demonstration.
  • Die größten Paraden Deutschlands finden jährlich in Berlin und Köln statt.
Mannheim

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