Prozessauftakt - 35-Jähriger wegen versuchten Mordes angeklagt

Brutale Tat in Mannheim: Täter macht Selfie mit schwer verletztem Opfer

Von 
Stefanie Ball
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200 Mal soll ein 35-Jähriger in der Mannheimer Neckarstadt auf sein Opfer eingeschlagen und eingetreten haben. Danach soll er sogar ein Selfie gemacht haben. Die Anklageschrift offenbart brutale Details. © dpa

Mannheim. Was die Staatsanwaltschaft Mihai S., der vor einigen Jahren von Rumänien nach Mannheim zog, zur Last legt, klingt grausam: Am 3. Juni treffen im Café Royal in der Mittelstraße in der Neckarstadt-West der 35-jährige Angeklagte und der Wirt, sein späteres Opfer, das schwer verletzt überleben sollte, aufeinander. Es ist 1 Uhr nachts. Möglicherweise wegen einer Geldforderung geraten die Männer in Streit und fangen an, mit Fäusten aufeinander einzuschlagen. Der Wirt sei zu Boden gegangen und in dem Moment, in dem er wieder habe aufstehen wollen, habe der mutmaßliche Täter ihm einen heftigen Tritt gegen den Kopf zugefügt. Es ist der erste von vielen Schlägen und Tritten, die Staatsanwaltschaft listet insgesamt 203 auf. Dutzende gehen gegen Kopf und Schläfe, viele andere treffen den Körper des Mannes, der wehrlos am Boden liegt.

Weil der eine Verteidiger erkrankt ist und die andere Verteidigerin den Mandanten nicht mehr vertritt, wird zum Auftakt des Prozesses vor dem Schwurgericht der ersten Strafkammer des Landgerichts Mannheim nur die Anklage verlesen. Immer wieder, heißt es darin, habe Mihai S. den Mann angesprochen - und sobald er geantwortet hat, habe der Angeklagte erneut zugeschlagen. 28 Minuten lang dauert das Martyrium. Mihai S. sei massiv brutal gewesen, er „handelte in mitleidloser Gesinnung seinem Opfer gegenüber“. Bereits die ersten Tritte hätten zu sichtbaren Kopfverletzungen geführt, bald sei auf der Kleidung und dem Boden Blut gewesen, doch der 35-Jährige sei davon unbeeindruckt geblieben. Das Tatgeschehen habe der mutmaßliche Täter teilweise mit seinem Handy gefilmt, zwischendurch ein Glas Wasser getrunken.

Nachdem sich das Opfer nicht mehr rührte, habe S. seinen Bruder angerufen. Der kommt und es gelingt ihm, den Angeklagten von weiteren Schlägen abzuhalten. Der Bruder informiert die Schwester, er verlässt das Lokal. In der Zwischenzeit nimmt Mihai S. einen Bodenwischer zur Hand und beginnt, das Blut aufzuwischen. Den Eintritt des Todes, so die Staatsanwaltschaft, habe der 35-Jährige für möglich gehalten, er habe das Ableben billigend in Kauf genommen.

Mit Putzwasser übergossen

Mihai S. habe ein Selfie von sich und dem Mann gemacht. Dann habe er ihm 17 Mal auf beide Wangen geschlagen. Das Opfer habe kein Lebenszeichen von sich gegeben. Um 1.49 Uhr habe der mutmaßliche Täter die Reinigung unterbrochen und Wasser aus dem Putzeimer dem Opfer ins Gesicht gegossen, was nur zu einer schwachen Reaktion führte. Fünf Minuten später habe Mihai S. den Tatort verlassen, das Schicksal des Opfers sei ihm gleichgültig gewesen, heißt es in der Anklage.

Ungefähr zur gleichen Zeit habe der Bruder einen Notruf abgesetzt, er habe im Café in der Mittelstraße einen Schwerverletzten angetroffen. Im Krankenhaus werden lebensgefährliche Verletzungen im Gesicht und am Kopf des Opfers sowie ein schweres Schädelhirntrauma diagnostiziert. Der Schädel muss angebohrt werden. Es finden sich Hämatome und Platzwunden an Kopf und Körper. Die Fahndung nach dem Täter bleibt zunächst erfolglos, Mitte Juni wird der 35-Jährige schließlich in der Schweiz festgenommen. Seitdem sitzt er in der Mannheimer Justizvollzugsanstalt in Untersuchungshaft. Die Anklage lautet auf versuchten Mord in Tateinheit mit schwerer Körperverletzung, Mihai S. habe nicht nur mit bedingtem Tötungsvorsatz, sondern auch grausam gehandelt. Die Verhandlung wird am 10. Januar fortgesetzt. Wie Ümit Bitmis, einer der Anwälte des Angeklagten, sagt, wird sich sein Mandant zur Person und gegebenenfalls zur Sache äußern. Es existiere außer dem kurzen Handyvideo, das der Beschuldigte selbst gemacht haben soll, ein Tatvideo. Darauf soll die gesamte Tat zu sehen sein.

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