"Querdenker"-Demo in Mannheim

Bodo Schiffmann: „Wir werden immer mehr“

Von 
Dieter Leder
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Bekanntes Gesicht der „Querdenker“-Szene: der Sinsheimer Arzt Bodo Schiffmann bei der Demo gegen die Corona-Maßnahmen in Mannheim. © Dieter Leder

Fast auf den Tag genau vor zwei Monaten fand in Mannheim die erste „Querdenken“-Demonstration gegen die Corona-Maßnahmen statt. Schon damals kamen deutlich mehr Teilnehmer auf den Marktplatz als angemeldet waren. Für Samstagmittag im Ehrenhof des Schlosses waren 1000 Teilnehmer angemeldet – und es sind auch diesmal wieder deutlich mehr Demonstranten: etwa 1300 nach Polizeiangaben, der Veranstalter selbst spricht sogar von 2000. Viele kommen von auswärts. Für Aufregung sorgt eine Frau, die während der Veranstaltung mutmaßlich einen Hitlergruß zeigt. Die Polizei hat Ermittlungen aufgenommen.

Die „ausgezeichneten Redner“, wie es auf dem Veranstaltungsflyer heißt, werden mit viel Beifall begrüßt. Es sind bekannte Köpfe aus der „Querdenken“-Szene, allen voran Michael Ballweg, der Gründer der Initiative, Bodo Schiffmann, der Sinsheimer Arzt, der erst die Bewegung Widerstand2020 und dann die Partei Wir2020 gegründet hat, die Heidelberger Fachanwältin Beate Bahner, die die Corona-Verordnungen als verfassungswidrig betrachtet und mit ihrer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht scheiterte, sowie Thorsten Schulte, szenebekannter Bestseller-Autor.

Stenger: „Keine Bagatelle“

„Maskenpflicht ist ein Symbol politischer Unterdrückung“, sagt Ballweg und erntet Applaus. Er fordert die Polizei auf, die Bevölkerung vor der „völlig außer Kontrolle geratenden Regierung zu schützen“. Schiffmann ist auf der Bühne voll des Lobes für US-Präsident Donald Trump, den er als „tollen Typ“ bezeichnet. Mit Gott und Gandhi an seiner Seite sei er, Schiffmann, „für Liebe und Verständnis. Mein Glaube hat mir geholfen“. Er freue sich, dass „wir immer mehr werden“. Und weiter: „Wir haben alle ein Virus in uns – das Freiheitsvirus.“ Und genau dieses Freiheitsvirus „fühlt sich unter der Maske nicht wohl“. Viele im Publikum formen ihre Hände zu Herzen, die sie Schiffmann entgegenbringen.

Thorsten Schulte definiert die Überwindung der Spaltung der Gesellschaft als das große Ziel: „Wir müssen Brücken bauen.“ Er fordert die Zuhörer auf, die Welt zu retten, da „uns die Freiheit geraubt wird“. Wie schon Schiffmann will auch Schulte Polizei und Staatsanwaltschaft auf seine Seite ziehen: „Ihr seid für unseren Schutz zuständig.“ Absagen musste Youtuber und Corona-Kritiker Samuel Eckert. Bei Patrick Schlegels Rede – er organisierte die Großdemo – skandiert das Publikum gegen die „Lügenpresse“.

Nicht auf dem Ankündigungsflyer, aber auf der Bühne steht Ralph Bühler. Das AfD-Mitglied wollte 2019 Bürgermeister in Biblis werden. Von der „Black Lives Matter“-Bewegung (auf Deutsch: Schwarze Leben zählen) halte er nicht viel. „All Lives Matter“ (auf Deutsch: Jedes Leben zählt) sei seine Antwort. Als Bühler spricht, fällt eine Frau mit erhobenem, ausgestrecktem rechten Arm direkt vor der Bühne auf. Nachdem das Bild im Internetportal des „Mannheimer Morgen“ veröffentlicht wurde, melden sich zahlreiche Nutzer und kritisieren Hinweise auf einen mutmaßlichen Hitlergruß.

„Solche Dinge sind keine Bagatelle. Wir haben die Personalien ermittelt und werden nun weitere Prüfungen im Umfeld vornehmen. Wir ermitteln nach Paragraf 86a des Strafgesetzbuches, also wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen.“ Mit diesen Worten bestätigt Polizeipräsident Andreas Stenger dieser Redaktion am Sonntag Ermittlungen gegen die Frau. Ermittlungen nach Paragraf 86a befassen sich mit Nazi-Schmierereien genauso wie mit dem verbotenen Zeigen des Hitlergrußes. Alles Weitere, so Stenger, müsse die Justiz entscheiden: „So ein Foto lässt Interpretationsmöglichkeiten zu.“ (mit lü)

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"Querdenker"-Demonstration am Mannheimer Schloss

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