Auszeichnung - Kampagne von Schülerinnen und Schülern an Bach-Gymnasium und Carl-Benz-Schule zur Bundestagswahl belegt ersten Platz

"Bock auf Wahl"-Kampagne gewinnt Mannheimer Demokratiepreis

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Freuten sich gemeinsam über die Auszeichnung mit dem Mannheimer Demokratiepreis: Schülerinnen, Schüler und Lehrkräfte der Kampagne „Bock auf Wahl“. © Markus Mertens

Mannheim. Es geschieht nicht allzu oft, dass Peter Kurz in seinen Reden emotional und persönlich gleichermaßen aufhorchen lässt. Im Samuel-Adler-Saal der jüdischen Gemeinde war das so, denn der Oberbürgermeister hielt nicht nur die einführenden Worte zur Verleihung des zweiten Mannheimer Demokratiepreises: Er erinnerte sich auch an die Kundgebung am 10. Oktober 1981 auf der Bonner Hofgartenwiese gegen den Nato-Doppelbeschluss, bei der er sich selbst unter 300 000 Demonstranten befand, die sich und ihre Stimme für eine heile Welt erhoben hatten.

Es war ein Kampf des jungen Peter Kurz für eine Demokratie, über die er fast 40 Jahre später sagen wird, man habe sie damals „für nahezu unbeschränkt belastbar gehalten“. Eine Gewissheit, die längst erodiert ist. Den Demokratiepreis sieht das Stadtoberhaupt daher ganz bewusst als „Preis aus Notwendigkeit“, den couragierte Initiatoren völlig zu Recht geschaffen hätten, um politische wie gesellschaftliche Strukturen in Mannheim zu stärken. So spricht denn auch der Stolz der Ausgezeichneten eine ganz eigene Sprache, als sie auf der Bühne ihre Auszeichnungen entgegennehmen. So wie etwa die Jugendlichen des Interkulturellen Hauses, die mit „An deiner Stelle“ ihr eigenes cineastisches Stück zu mehr Verständnis, Toleranz und Mitmenschlichkeit leisten. Dabei gehen die jungen Protagonisten, so Jurorin Heidrun Kämper, ganz subtil vor, behandeln Artikel 3 des Grundgesetzes zunächst im Unterricht und versteigen sich zur Idee, dass es in Deutschland doch gar keinen Rassismus gäbe, um ihn nur Minuten später gleich selbst an einer dunkelhäutigen Mitschülerin auszuüben. Doch es ist genau sie, die sich am Ende um die weiße, privilegierte Lilli kümmert, als sie bewusstlos vom Fahrrad fällt. Und so leistet einerseits ausgerechnet die Ausgegrenzte Erste Hilfe bei der Täterin, andererseits fällt Lilli in einen Traum, in dem plötzlich sie diskriminiert wird.

Der Preis und die Preisträger

Aus der Idee einer Großveranstaltung zu Mitmenschlichkeit und Rechtsstaat 2018 entstanden, wird seit 2020 von einem Kreis engagierter Mannheimer der Demokratiepreis vergeben.

Zu den Initiatoren gehören unter anderem Schauspielintendant

Christian Holtzhauer, der evangelische Dekan Ralph Hartmann, die Stadtjugendring-Vorsitzende Elina Brustinova sowie Heidrun Kämper vom Leibniz-Institut für Deutsche Sprache.

In diesem Jahr bewarben sich insgesamt 16 Projekte auf die Auszeichnungen in vier Kategorien, die mit 5500 Euro Preisgeld dotiert waren.

Der Sonderpreis Sprache ging an ein Filmprojekt zu Rassismus und Toleranz des Vereins Interkulturelles Haus Mannheim.

Die weiteren Preise gingen an den Musiker Rouven Gruber (3. Preis), die KZ-Gedenkstätte Sandhofen (2. Preis) sowie die Kampagne „Bock auf Wahl“ (1. Preis).

Junger Musiker sammelt Geld

Doch auch die weiteren Ausgezeichneten machen auf ihre Ansinnen aufmerksam - mal ganz laut, mal ganz leise. So ehrt etwa der evangelische Dekan Ralph Hartmann in Rouven Gruber einen jungen Musiker, der nicht nur als Konfirmand schon 6000 Euro für die Kinderkrebsstation sammelte, sondern mit seinen Konzerten auch heute noch soziale Einrichtungen wie Freezone oder das Kinderheim St. Anton unterstützt. Dass sich unter den Geehrten bewusst auch ein Erinnerungsprojekt befindet, das bis in die Zukunft reicht, war dem Komitee offensichtlich ein Anliegen. Erst jüngst hatte die KZ-Gedenkstätte Sandhofen mit einer biografischen Würdigung polnischer Zwangshäftlinge auf sich aufmerksam gemacht. Nun durften Marco Brenneisen vom Marchivum und Sefa Yeter vom Stadtjugendring stellvertretend für ihre Gruppe die Urkunden entgegennehmen, die sie alle auch zum Weitermachen motivieren. Strahlende Sieger sind am Ende dieses Nachmittags vor allem viele junge Menschen. Dass die Schülerinnen und Schüler des Bach-Gymnasiums und der Carl-Benz-Schule politische Teilhabe für ein wichtiges Instrument der Meinungsbildung halten, scheint nicht infrage zu stehen. Wie kompetent sie unter Anleitung ihrer Lehrkräfte eine Kampagne auf die Füße stellten, die unter dem Motto „Bock auf Wahl“ Werbemittel und Diskussionen, Online-Videos und Großformatplakate vereinte, imponierte noch dem größten Routinier im Saal.

Oberbürgermeister Peter Kurz applaudierte bei den teilweise tiefsinnigen, teilweise auch tief humorvollen Fragen, die die Kandidaten für Bundes- und Landtagswahlen in diesem Jahr beantworten mussten (wir berichteten) - und konnte sich eines demokratischen Engagements erfreuen, das in Zukunft weiter wachsen darf. Auch dem Jurorenkreis um Christian Holtzhauer und Alfried Wieczorek wäre das sicher eine Genugtuung.

Infos: demokratiepreis-mannheim.de

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