Mannheim. Jakob saust mit seinem roten Bobbycar die eine Rampe hinunter, schlägt einen Bogen, fährt die andere Rampe wieder hoch und die nächste wieder runter. Ein Paradies für einen knapp dreijährigen Bobbycarfahrer. Aufregend findet auch Martin Köhl die Strecke. Allerdings aus einem anderen Grund: Köhl sitzt im Rollstuhl, und er probiert gerade die verschiedenen Stufen aus, die neben den Rampen die Anlage hinunterführen. „Ohne Unterstützung würde ich mich das nicht trauen“, sagt der Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Barrierefreiheit Rhein-Neckar, als er bei der letzten Stufe angekommen ist und wieder ebenen Boden unter sich hat.
Was Jakob als Rennstrecke nutzt, sind genaugenommen Trainingsstrecken für Menschen, die auf Rollator und Rollstuhl angewiesen sind, und die sind wiederum Teil des neuen Motorikparcours im Herzogenriedpark.
Planungsprozess mit Bürgern
Offiziell ist der Parcours am Donnerstagnachmittag von Bürgermeisterin Diana Pretzell (Grüne) sowie Parkdirektor Joachim Költzsch eröffnet worden; Pretzell ist in ihrer Funktion gleichzeitig Aufsichtsratsvorsitzende der Stadtpark Mannheim gGmbH. Inoffiziell haben die Parkbesucher die mehr als 20 Stationen längst entdeckt, und Jakob sowie Martin Köhl demonstrieren, ganz unabgesprochen, für wen die Anlage gedacht ist: für alle.
Für Junge und Alte, für Fitte und weniger Fitte, für Menschen mit und ohne Einschränkungen. Ein Mädchen klettert barfuß schmale blaue Stangen empor, auf kleinen Trampolinen springen große Erwachsene, über Holzbretter läuft eine ältere Dame und hofft, dass „hier nichts wackelt“. Nein, tut es nicht! Währenddessen fährt Köhl mit seinem Rollstuhl zur Bank, die in der Mitte eine Aussparung hat, damit Rollstuhl oder Rollator dort Platz finden.
250 000 Euro hat das Projekt gekostet. Es ist das Ergebnis eines letztlich längeren Prozesses, der Ende 2018 unter Beteiligung von rund 60 Bürgerinnen und Bürgern begann. Das Ziel: den Herzogenriedpark, der in der Vergangenheit immer etwas stiefmütterlich behandelt wurde, zu modernisieren. Kooperationspartner bei den Planungen und der späteren Installation, die sechs Monate dauerte, war das Institut für kooperative Planung und Sportentwicklung, das unter anderem Kommunen bei der Entwicklung von Konzepten für die Bewegungsförderung berät. Finanzielle Unterstützung kam vom Förderkreis Freunde des Herzogenriedparks, dem Verkehrsverbund Rhein-Neckar, dem Mannheimer Coca-Cola-Werk, der Deutschen Postcode Lotterie und der Town & Country Stiftung.
„Mit dem Motorikparcours hat der Herzogenriedpark ein Alleinstellungsmerkmal“, erklärt Költzsch. Pretzell unterstreicht in diesem Zusammenhang, was sonst noch neu ist: der Rampenbau am Eingang Trumpfheller Straße etwa oder das Klassenzimmer im Grünen. Und was in diesem Jahr noch neu kommen soll: ein Beachvolleyballfeld mit Außendusche.
Speziell die Aktionsgemeinschaft Herzogenriedpark setzt sich seit langem für eine Aufwertung der Anlage ein. Erst vor ein paar Tagen gab es erneut Diskussionen, und zwar darüber, ob der Herzogenriedpark dem zu erwartenden Besucheransturm gewachsen ist. Denn ab Herbst, wenn der Luisenpark, der Teil der Bundesgartenschau (Buga) 2023 ist, umgebaut und zeitweise geschlossen sein wird, sowie später, wenn die Buga läuft, sich aber nicht alle Mannheimer dort aufhalten werden, wird der Herzogenriedpark stärker frequentiert werden. Politiker und Bürger fordern deshalb, den Park zügig dafür fit zu machen. Immerhin, erste Schritte sind getan.
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