Mannheim. Matsch und Pfützen – auf etwa 50 Metern. „Leider hat es geregnet“, bedauert Peter Doberass: „Es ist immer noch Baustelle. Wir müssen da durch.“ Einen anderen Weg in das Gebäude der künftigen Spinelli-Ganztagsgrundschule gibt es nämlich nicht. Und wer sehen will, wo die Schülerinnen und Schüler ab September lernen und lachen, der muss dreckiges Schuhwerk in Kauf nehmen.
Täten er oder sie das nicht, hätten sie einiges verpasst. Denn Doberass, Geschäftsführer der GBG-Tochter und städtischen Schulbaugesellschaft BBS, führt den Aufsichtsrat bei der jährlichen Rundfahrt zum jüngsten Projekt des Unternehmens – seinem „kleinen Schmuckkästchen“. So nennt Doberass den Ort, in dem sich acht Klassenzimmer um zwei „Marktplätze“ scharen – Flächen, auf denen selbstständige Projekt- oder Gruppenarbeiten oder stufenübergreifendes gemeinsames Lernen möglich sind.
Vier Zimmer und ein „Marktplatz“
Dass das gut funktionieren kann, zeigt seit einem halben Jahr die Franklin-Grundschule. Sie arbeitet nach dem gleichen Konzept. „Am liebsten würde ich meine Kinder hier einschulen“, schwärmt eine begeisterte Teilnehmerin. Dabei ist das „Cluster“-Prinzip – vier Zimmer um einen zentralen Platz – nur eines der markanten Merkmale. Ein zweites: die breite Treppe mit Sitzstufen, die direkt ans Foyer anschließt. Ein drittes: der um das Gebäude laufende „Fluchtbalkon“, der später als „Schattenspender“ begrünt wird. Ein viertes: die großzügige Außenspielfläche, auf der bereits die Geräte stehen: „Da könnte man meinen, der Schulbetrieb kann morgen schon losgehen“, gibt Doberass seinen Eindruck wieder.
Am markantesten ist aber der dominierende Baustoff – Holz. Es prägt das künftige Gebäude außen wie innen. Die „Holzhybridbauweise“ – sie ist nicht nur eine nachhaltigere Art des Bauens. Zugleich trägt sie zur Wohlfühlatmosphäre bei. Das beginnt beim Betreten der Räume. Schon der Geruch des natürlichen Baustoffs macht Lust und Laune, sich hier aufzuhalten.
Dass die Schülerinnen und Schüler das nicht jetzt schon können – obwohl die Eröffnung des knapp 17 Millionen Euro teuren Baus ursprünglich für September 2023 geplant war – liegt an den „üblichen“ Problemen, die BBS und andere Bauträger seit ein paar Jahren haben. Lieferengpässe oder gar Lieferausfälle und vor allem fehlende Resonanz auf Ausschreibungen. Ein Beispiel dafür nennt Doberass: Wo an der Spinellischule noch grüne Netze an Metallstangen hängen, wird später ein Geländer sein. Aber für dieses Gewerk habe sich zunächst bei mehreren Ausschreibungen niemand gemeldet.
Architektonische Meisterleistung
Die Zeitverzögerung bringt nicht nur Nachteile. Im ersten Jahr ihres Bestehens – also seit September und noch bis Juli – ist die Spinelli-Grundschule in die Räume der ehemaligen Elementary-School auf Franklin ausgewichen. Rektorin Sabine Stechl sieht das positiv: Die räumlichen Verhältnisse hier seien „sehr gut“. Und die Verschiebung des Einzugs um ein Jahr lässt sie hoffen, dass dann wirklich alles fertig ist. Anders als an der Franklinschule. Auch ein halbes Jahr nach Einzug in den Neubau ist noch vieles provisorisch. So steht beispielsweise nach wie vor die Sporthalle nicht zur Verfügung. Wahrscheinlich nach Ostern werde es so weit sein, sagt Peter Doberass. Er hofft für die Spinelli-Gemeinschaft auf einen „deutlich entspannteren Einstieg“.
Beton prägt das Bild der Friedrich-Ebert-Ganztagsgrundschule
Die Grundschule ist die zweite von drei Stationen der Aufsichtsratsrundfahrt. Zuvor hat die gut 20-köpfige Gruppe, zu der Baubürgermeister Ralf Eisenhauer (SPD) und Bildungsbürgermeister Dirk Grunert (Grüne) zählt, die Friedrich-Ebert-Ganztagsgrundschule auf dem Waldhof angesteuert. Auch dieses Projekt hatte sich um ein Jahr verzögert. Statt im September 2022 startete der Ganztagsbetrieb im umfangreich für rund 25,3 Millionen Euro sanierten Gebäudeensemble zwölf Monate später. Dominiert auf Spinelli Holz, ist es auf dem Waldhof Beton, der das Bild prägt – so wie das während des Baus der Schule Anfang der 1960er Jahre eben üblich war. Ganz und gar unüblich war aber schon damals die Architektur. Der großzügige Entwurf von Carlfried Mutschler mit mehreren Gebäudekomplexen, einer verbindenden, überdachten Eingangshalle und der runden Gymnastikhalle wurde 1970 mit dem renommierten Hugo-Häring-Architekturpreis für vorbildliche Bauwerke ausgezeichnet. Nach der Generalsanierung und dem Umbau zur Ganztagsschule gab es diese Auszeichnung im vergangenen Jahr erneut – für die „respektvolle Transformation der denkmalgeschützten Bausubstanz“.
Wie gelungen diese Transformation ist, davon können sich die Rundfahrt-Teilnehmer überzeugen. Die sichtbarsten Zeichen der Veränderung sind noch die angebauten Feuertreppen und die neuen Aufzüge, die für Barrierefreiheit sorgen. Ansonsten ist die Struktur komplett erhalten – auch die mit 90 Quadratmetern recht großen Klassenzimmer. Der Raum wird durch eine Wand geteilt und bietet so Platz für Differenzierungsunterricht und individuelles Lernen. Apropos Platz: Durch die Schließung der Werkrealschule wurden die früheren Grundschulräume frei. In sie soll mittelfristig eine Kindertagesstätte einziehen.
Die dritte Station der Rundfahrt liegt in der Innenstadt, in C 6 – und sie ist zugleich eine kleine Zeitreise an den Beginn des 20. Jahrhunderts. Denn die kaufmännische Friedrich-List-Berufsschule (FLS) wurde 1906 nach den Plänen von Richard Perrey errichtet. So dominieren hier weder Holz noch Beton, sondern ganz andere Baumaterialien. Darauf weist FLS-Leiter Christian Löffler die Gruppe auch gleich hin, nachdem er sie „in einem der schönsten Gebäude in Mannheim“ willkommen geheißen hat: „Wir starten unten mit Granit, oben dominiert Sandstein.“
Im Winter zieht es nicht mehr
Die natürlichen Baustoffe haben die BBS vor besondere Herausforderungen gestellt, als es um die gut neun Millionen teure Sanierung von Fassade, Dach und Fenstern ging. Unter anderem galt es, die vielen bildhauerisch gearbeiteten Reliefs und figuralen Ausschmückungen im Mauerwerk sorgfältig zu restaurieren. Seit 2019 lebt und arbeitet die Schulgemeinde hier in einer Baustelle. Unter anderem mussten rund 460 Fenster ausgetauscht und bauzeitlich prägende Fenster erneuert werden.
Das Großprojekt ist seit dem vergangenen Jahr abgeschlossen. Christian Löffler strahlt: „Es war der erste Winter mit neuen Fenstern, jetzt zieht es nicht mehr.“ Aber ein kleineres Vorhaben läuft noch – die Sanierung der naturwissenschaftlichen Fachräume für gut 2,5 Millionen Euro. Im September sollen sie „in den Regelbetrieb“, erklärt Löfflers Stellvertreterin Regina Bilabel-Trampert den Gästen. Doch es sieht bereits hochmodern aus – einschließlich der digitalen Präsentationsflächen. Löffler betont: „Die Kreidezeit ist hier vorbei, es gibt nur noch einen Raum mit einer alten Tafel.“
Arbeiten laufen an zwölf Schulen
Mit der Sanierung von FES und FLS sind übrigens zwei Schulen weniger im „Funktionserhalt“. Der Begriff bedeutet: Es gibt so viele Mängel, dass nur noch das absolut Notwendige repariert wird. Nach der Sanierung sind beide im „Sollbetrieb“ und damit auf einem Stand, auf dem die BBS reguläre Instandhaltungsmaßnahmen durchführt und so eine langfristige Perspektive bietet. Damit sind von den gut 70 Schulen, die die BBS betreut, nur noch Geschwister-Scholl-Gymnasium, Carl-Benz-, Heinrich-Lanz-, Werner-von-Siemens-, Humboldt-, Wald-, Waldhof-, Pestalozzi-, Jungbusch- und Hebelschule im Funktionserhalt. Die drei Rundfahrt-Punkte sind nur ein Bruchteil dessen, was die BBS derzeit betreut. Rund 40 Projekte befinden sich in Planung, Planungsvorbereitung oder Bau. Arbeiten laufen an zwölf Schulen – darunter der Neubau der IGMH-Sporthalle oder die Generalsanierung der Schillerschule in Neckarau.
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