Vorgesehenes Geld reicht nicht – deshalb will die Stadt eine Neukonzeption / Fraktionen haben Klärungsbedarf

Beliebtheit von Frauen-Nachttaxi überzieht Budget

Von 
Timo Schmidhuber
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Lilli Gabriel (rechts) und Mia Mang steigen ins Taxi von Suleiman Hussein. Das Bild entstand Ende 2019, als das Angebot noch relativ neu war. © Achim Keiper

Mannheim. Eigentlich waren in diesem Jahr 175 000 Euro für das Frauen-Nachttaxi eingeplant. Doch die Nachfrage nach dem Angebot ist so groß, dass das Geld im Sommer bereits aufgebraucht war und die Stadträte weitere 100 000 Euro nachlegen mussten. Jetzt sind noch einmal 50 000 Euro nötig. Deshalb will die Verwaltung eine Neukonzeption für das Angebot, das Mädchen und Frauen nachts vergünstigte Fahrten ermöglicht. Doch um das Wie gibt es Streit.

Für die Sitzung des Hauptausschusses des Gemeinderats an diesem Dienstag hat die Stadtverwaltung eine Beschlussvorlage mit einem Vorschlag für ein neues Modell vorgelegt. Doch das Thema werde von der Tagesordnung genommen, so Stadtsprecherin Monika Enzenbach am Freitag. Die Grünen-Fraktion hatte das beantragt, wie deren frauenpolitische Sprecherin Angela Wendt erklärte. Die Vorlage sei leider ohne die Einbeziehung der frauenpolitischen Sprecherinnen der Fraktionen entstanden, so Wendt. „Wir dürfen das Thema nicht so hopplahopp behandeln.“

Der Vorschlag aus dem Rathaus sieht vor, dass das Frauen-Nachttaxi ab Januar nur noch für Frauen und Mädchen mit Wohnsitz in Mannheim gilt. Außerdem soll das Angebot auf jährlich zehn ermäßigte Fahrten pro Nutzerin gedeckelt sein. Damit will die Verwaltung erreichen, dass im nächsten Jahr das bewilligte Budget von 175 000 Euro nicht überschritten wird. Abzüglich 5000 Euro Sachkosten sind mit dem Geld laut Vorlage 34 000 bezuschusste Fahrten möglich, also im Schnitt etwas mehr als 2800 pro Monat.

Von Januar bis einschließlich Oktober dieses Jahres waren es allerdings bereits knapp 40 000 Fahrten. Trotz Corona-Beschränkungen sei das Angebot lediglich im April und im Mai etwas weniger genutzt worden, so die Verwaltung. Das zeige, dass das Frauen-Nachttaxi „auch unabhängig von verfügbaren Unterhaltungs- und Veranstaltungsangeboten“ nachgefragt werde. „Es ist davon auszugehen, dass momentan eine vergleichsweise kleine Gruppe das Frauen-Nachttaxi regelmäßig nutzt und entsprechend die hohen Kosten erzeugt.“

Für das Jahr 2021 rechnet das Rathaus mit rund 72 000 Fahrten pro Jahr, gerade wenn Bars und Clubs wieder dauerhaft aufmachten. Damit käme man auf ein Budget von mindestens 360 000 Euro pro Jahr. Deshalb schlägt die Verwaltung die Neukonzeption vor. Wie das Ganze konkret umgesetzt und wie zum Beispiel die zehn Fahrten pro Nutzerin kontrolliert werden sollen, dazu sagt die Vorlage nichts. Es werde „zeitnah“ in Abstimmung mit den zuständigen Fachbereichen „ein geeignetes, rechtssicheres Verfahren entwickelt“, heißt es lediglich.

„Großer Erfolg“

Und so sehen die großen Fraktionen im Gemeinderat, die der „MM“ um Stellungnahmen gebeten hat, bei dem Thema auch noch einigen Klärungsbedarf. „Das Frauen-Nachttaxi ist ein großer Erfolg“, sagt Wendt. Das Angebot solle möglichst umfangreich erhalten bleiben. Und die Nutzung müsse auch weiterhin „unbürokratisch“ ablaufen. „Die Vorschläge der Verwaltung widersprechen dem.“ Ihre Fraktion sei bereit, über Änderungen zu reden, um etwaigen Missbrauch durch eine kleine Gruppe von Nutzerinnen auszuschließen. „Aber der sichere Weg für Frauen in der Nacht sollte uns auch mehr Budget wert sein.“ Sie wolle, dass Nutzerinnen anonym bleiben können und nicht einem Taxifahrer irgendwelche Daten geben müssten.

Die SPD-Fraktion möchte mit den fürs kommende Jahr eingeplanten 175 000 Euro zunächst mal auskommen und will deshalb auch über eine Neukonzeption diskutieren, wie die frauenpolitische Sprecherin Claudia Schöning-Kalender erklärt. Dazu müsse die Verwaltung aber zunächst prüfen, wie solche Begrenzungen umsetzbar seien, und dies mit den Fraktionen besprechen. „Wir sind nach wie vor sehr stolz auf unser Frauen-Nachttaxi und suchen nach den bestmöglichen Wegen, es auch weiterhin niederschwellig und finanzierbar anzubieten.“

CDU-Fraktionschef Claudius Kranz betont, dass seine Fraktion das Frauen-Nachttaxi auch weiterhin unterstütze. Die Beschränkung des Angebots auf Mannheimerinnen sei im Interesse der CDU. „Denn die Kosten tragen am Ende die Mannheimer Steuerzahler.“ Auch eine Begrenzung der Anzahl der Fahrten pro Nutzerin halten die Christdemokraten für notwendig. Ob die bei zehn oder mehr Fahrten liegen soll, darüber wolle man aber noch beraten.

Das Angebot und seine Finanzierung

Das Frauen-Nachttaxi war im Herbst 2019 gestartet. Das Konzept damals: Nutzerinnen bekommen zwischen 22 und 6 Uhr sieben Euro Rabatt auf den Taxipreis, finanziert über den städtischen Haushalt.

Das Budget betrug anfangs 25 000 Euro, wurde wegen der großen Nachfrage aber bereits Ende Dezember auf 75 000 Euro erhöht.

Für die Jahre 2020 und 2021 bewilligte der Gemeinderat dann jeweils 175 000 Euro. Im Juli dieses Jahres schoben die Stadträte weitere 100 000 Euro nach. Die Stadt senkte gleichzeitig ihren Rabatt pro Taxifahrt auf fünf Euro. Weil aber die beteiligten Taxiunternehmer – der ganz große Teil in Mannheim macht mit – jede Fahrt mit einem Euro bezuschussen, zahlen Nutzerinnen seit 1. August einen um sechs Euro reduzierten Fahrpreis.

Laut aktueller Vorlage für die Stadträte sind für dieses Jahr dennoch weitere 50 000 Euro für die Finanzierung des Angebots notwendig. imo

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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