Totensonntag

Bedeutendes Grabmal in Mannheim saniert

Es war kurz vor dem endgültigen Verfall. Nun hat der Förderkreis historische Grabstätten sich eines Grabmals einer alten Neckarschiffer-Familie angenommen, das sogar älter als der Hauptfriedhof ist

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Pwr
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Das Grabkreuz, das älter als der Hauptfriedhof ist. © Archiv

Mannheim. Durch den Rost war die Inschrift nur noch ganz schwach lesbar, die Ornamentik kaum mehr zu erkennen, der Sandsteinsockel war gerissen und durch eindringende Feuchtigkeit sprengte jeder Frost die Teile etwas mehr auseinander. „In wenigen Jahren wäre das Kreuz nicht mehr zu retten gewesen“, fürchtet Volker Keller. Doch nun ist es gerettet. Der Förderkreis historischer Grabstätten hat das Grabmal des Neckarschiffers Martin Johann Koehler restauriert.

Damit habe man den ältesten Teil des 1842 eröffneten Hauptfriedhofs „aufgewertet“, freut sich Volker Keller, Vorstandsmitglied des Vereins. Durch Spenden und Mitgliedsbeiträge finanziert der Verein Erhalt, Restaurierung, aber auch die Dokumentation künstlerisch und historisch bedeutsamer Gräber, wenn der Erhalt nicht mehr durch Nachkommen sichergestellt ist. Das gusseiserne Kreuz auf einem Sockel aus rotem Sandstein befindet sich gegenüber der berühmten Grabstätte des Kotzebue-Mörders Karl Ludwig Sand in der Anlage der Schifferfamilie Koehler an der rechten Umfassungsmauer zur ersten Quermauer, wo die Grabstätten in den Jahren 1855 bis 1859 belegt worden sind.

Maria Auguste Böhringer (1786-1872), die Stammmutter der Neckarschifferfamilie. © Archiv

Steinsockel und Eisenkreuz für Jahrzehnte saniert

Doch gestorben ist der 1792 geborene Neckarschiffer Martin Johann Koehler 1838. „Das verweist darauf, dass Koehler hier nicht ursprünglich bestattet war“, so Keller. Vielmehr habe das Kreuz zuvor auf dem katholischen Friedhof in K 2 gestanden, der 1873 aufgelassen wurde.

Koehler, verheiratet mit Auguste Kohler (1786-1882) war als sogenannter Rangschiffer zuständig für die Zuteilung des Frachtgutes an die Zunftmitglieder in Neckargemünd und Mannheim. „Sie hielt nach dem Tod ihres Mannes die Familie zusammen“, verweist Keller auf zahlreiche zum Teil stark verwitterte Kissensteine, Grottenarchitekturen und Epitaphien im Familiengrab, die an ihre etwa 20 Angehörige und Nachkommen erinnern.

Zu Lebzeiten Koehlers ist die Schifffahrt auf dem Neckar sehr beschwerlich. „Neben dem Flussbett verliefen die Treidelpfade. Menschen oder die Treidelpferde zogen die Schiffe an Tauen flussaufwärts“, ruft Keller, der sich vielfältig rund um Themen der Stadtgeschichte engagiert, in Erinnerung. „Besondere Tücken bei diesem mühsamen Geschäft bildeten die Stromschnellen wie etwa der Hackteufel oberhalb Heidelbergs“, sagt er. Als in den 1840er Jahren die ersten Dampfschiffe auf dem Neckar fahren, bedeutet das eine Erlösung für Tier und Mensch – doch das erlebt Martin Johann Koehler nicht mehr. Seine Todesursache ist unbekannt.

Laut Volker Keller ist das Grabmal Koehlers „eines der ganz wenigen, die aus dieser Zeit erhalten sind“. Der Fördererkreis historische Grabstätten Mannheim habe daher den Kampf gegen den Zerfall aufgenommen. Nach eingehender Suche nach dem schonendsten Verfahren erhielten die Metallrestauratorin Ines Frontzek in Vellberg-Großaltdorf und der Steinkultivierer Hermann Freymadl in Gernsheim den Zuschlag für die Arbeiten. Sie gaben dem Steinsockel und dem Eisenkreuz ihr unversehrtes Aussehen zurück und konservierten sie für die nächsten Jahrzehnte. Bei der Aufstellung wurde das Kreuz mit verflüssigtem Blei in den Sockel wieder eingegossen.

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