Mannheim. Er ist mit seinen mehr als 6100 Schülern das größte zusammenhängende Berufsschulareal Baden-Württembergs: der Gebäudekomplex zwischen Hermann-Heimerich-Ufer/Neckarpromenade auf der einen und Schafweide auf der anderen Seite. Daran wird sich nichts ändern. Aber ab dem Herbst 2019 soll es nur noch vier statt fünf Schulen geben – die dann allesamt Schülerzahlen in der Größenordnung zwischen knapp 1500 und gut 1600 haben.
Mit der „Weiterentwicklung der beruflichen Schulen am Neckarufer-Nord“ beschäftigt sich am Donnerstagnachmittag der Bildungsausschuss des Gemeinderats. Es sieht nicht so aus, als ob die Kommunalpolitiker dem Projekt Steine in den Weg legen würden. Denn schließlich stammt das Konzept aus der Feder aller beteiligten Direktoren und ist mit Stadt, Land, Lehrern und Schulkonferenzen abgestimmt.
Man müsse den sinkenden Schülerzahlen im beruflichen Bereich und den veränderten Anforderungen etwa durch vernetzte Produktion (Industrie 4.0) Rechnung tragen, begründet Bernhard Staudter, Leiter der Heinrich-Lanz-Schule II, im Gespräch mit dieser Zeitung die gemeinsame Vorgehensweise. „Der Schülerrückgang ist überall spürbar und die Kosten für eine gute Ausstattung exorbitant“, erklärt Staudters Kollege Werner Burkhardt von der Carl-Benz-Schule (CBS).
So setzen die Beteiligten insbesondere auf die „bessere Auslastung der Werkstätten und Labore durch gemeinsame Nutzung“, schreibt die Verwaltung in ihrer Vorlage für den Bildungsausschuss.
Werner Burkhardt nennt ein Beispiel: Bei der Schweißerei sei die CBS „erheblich schlechter aufgestellt“ als die Heinrich-Lanz-Schule und könne künftig deren Ausstattung nutzen. Bei den Dreh- und Fräsmaschinen dagegen sei es umgekehrt. Er begrüßt die Zusammenarbeit sehr: „Dadurch ist eine übergreifende Beschulung möglich, so dass wir die Bildungsangebote auf Dauer in Mannheim halten können.“
Burkhardt gestaltet die Neuorganisation allerdings nicht mehr aktiv mit. Er geht im Herbst 2019 in den Ruhestand. Neuer Chef der CBS wird Klaus Zeimer, bisher Leiter der HLS I, deren Bildungsgänge zu einem großen Teil an die CBS wandern. Mit dem Kraftfahrzeug- und Metallbereich, so Zeimer gegenüber dieser Zeitung, wechselten auch mehrere hundert Schüler.
Offensive Werbung gewünscht
Den „Gedanken, dass man die Kräfte bündelt und die Ausbildungsqualität weiter stärkt“, hält er für goldrichtig. Zeimer wünscht sich, dass die Stadt mit den Stärken dieses ausgedehnten Berufsschulareals „offensiv nach außen“ geht und wirbt. Auch so könne man den sinkenden Schülerzahlen begegnen.
Roland Rapp, stellvertretender Leiter der Werner-von-Siemens-Schule, sieht in der Umstrukturierung „eine gute Möglichkeit, die Ressourcen zu optimieren“. Das ist aus Sicht der Stadt auch wichtig, denn angesichts der zukünftigen wirtschaftlichen Erfordernisse wie zum Beispiel Automatisierung von Gebäuden oder Elektromobilität sei „eine Vernetzung der verschiedenen Fachrichtungen“ auch in Ausbildungsgängen wie Zerspanung, Schweißen, Anlagen- und Haustechnik notwendig.
Angetan von der Neuordnung ist ebenfalls Tina Krabkrantham. Die Werner-von-Siemens-Schülersprecherin, die auch Mitglied im Schulbeirat des Bildungsausschusses ist, erwartet nicht, dass das eine negative „Veränderung für die Schüler nach sich ziehen wird. Im Gegenteil, man kann sich auf viele neue Gesichter freuen“, sagt sie – und fügt hinzu: „Ich bin mir sicher, dass das Lehrpersonal dadurch auf allen Seiten bereichert wird.“
„Tatsächlich kann man nichts Negatives darüber sagen“, lobt Thorsten Papendick, Vorsitzender des Mannheimer Gesamtelternbeirats (GEB), das neue Modell: Die Zusammenarbeit, die über die Jahre gewachsen sei, werde intensiviert. Er sieht nur Vorteile: „Das wurde einvernehmlich so entschieden, und es fällt kein Bildungsgang weg.“
Berufsschulen & Werkstattbereiche am nördlichen Neckarufer
Sie ist von der Zusammenlegung nicht betroffen, die Schülerzahl bleibt bei 1639. Allerdings zieht die hier beheimatete Außenstelle der Heinrich-Lanz-Schule II in die künftige Heinrich-Lanz-Schule, dadurch werden an der WvSS Räume frei. Leiter der WvSS ist Albert Weiß.
Carl-Benz-Schule (CBS), Neckarpromenade 23Sie nimmt den größten Teil der Bildungsgänge der bisherigen Heinrich-Lanz-Schule I auf, die Schülerzahl steigt dadurch von bisher 880 auf künftig 1460.
Justus-von-Liebig-Schule (JvL), Neckarpromenade 42Hier ändert sich im Großen und Ganzen nichts, die Schülerzahl bleibt bei 1536. Leiterin ist Marianne Sienknecht.
Heinrich-Lanz-Schule I (HLS I), Hermann-Heimerich-Ufer 10Sie wird aufgelöst Die Bildungsgänge der einjährigen Berufsfachschulen Metall und Fahrzeugtechnik, Metallbauer, Konstruktionsmechaniker, Metallbauermeister, Kraftfahrzeugmechatroniker, Berufskraftfahrer und Kfz-Technikermeister wandern an die CBS ab. Anlagenmechaniker Sanitär/Heizung/Klima und die Bildungsgänge Bäderbetriebe gehen an die HLS II, die ab 2019/20 zur Heinrich-Lanz-Schule (HLS) wird.
Heinrich-Lanz-Schule II (HLS II), Hermann-Heimerich-Ufer 10Statt bisher 963 besuchen nach der Neuorganisation 1490 Schüler die künftige Heinrich-Lanz-Schule. Geleitet wird sie dann von Bernhard Staudter (jetzt Chef der HLS II), während Klaus Zeimer (HLS I) die CBS übernimmt. Deren Leiter, Werner Burkhardt, geht im Herbt 2019 in den Ruhestand.
WerkstattbereicheSie sollen ab 2019/20 gemeinsam von allen Schulen genutzt werden können. Die gesamte Neuorganisation, so die Stadt, „erfolgt kostenneutral“. Perspektivisch wünschen sich die Schulleiter aber, dass bei den mehr als 50 Jahre alten Werkstätten eine Sanierung oder ein Neubau ins Auge gefasst wird. Eine Grundsanierung steht wegen der maroden Betonelemente auch an WvSS und CBS auf der Wunschliste, eine Machbarkeitsstudie wurde vom Gemeinderat in Auftrag gegeben.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-aus-fuenf-berufsschulen-am-neckar-werden-vier-_arid,1280938.html