Über „Leben und Arbeiten in der Schwerelosigkeit“ berichtete Hans Wilhelm Schlegel, Astronaut der Europäischen Weltraumorganisation (ESA), im großen Kuppelsaal des Planetariums. Dort, wo sonst Sternenhimmel und Bilder aus dem All projiziert werden, konnte man nun Bilder von Astronauten sehen, die von allen Seiten ins Foto hineinschwebten, denn diese waren größtenteils auf den beiden Weltraumflügen des Astronauten entstanden.
Hans Wilhelm Schlegel, studierter Physiker, ist Jahrgang 1951. Seine erste Mission war 1993 mit der Raumfähre Columbia, die zweite 2008 mit der Atlantis zur ISS. Im Jahr 1986 hatte die damalige Deutsche Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) für einen Spacelab-Flug aufgerufen, Schlegel setzte sich mit 13 anderen Personen unter rund 1800 Bewerbern durch. Noch sieben Jahre sollte es dauern, bis der Flug mit der Columbia stattfand, mit einem weiteren deutschen Physiker und fünf US-amerikanischen Astronauten. Fast 23 Tage dauerte die Mission. Schlegel ist noch heute davon überzeugt, die Gelegenheit ergriffen zu haben: „Man muss den Moment erkennen: Hier bewerbe ich mich. Man darf sich hinterher nicht beschweren, etwas verpasst zu haben, wenn man sich nicht bewirbt.“
Schlegel wuchs in Bergisch-Gladbach auf, als mittleres von neun Kindern. Dabei habe er gelernt, Rücksicht auf andere zu nehmen, was ihm im begrenzten Raum im Spacelab zugutegekommen sei. „Wenn wir im Shuttle sitzen, machen wir Experimente. Wir sind mit Sensoren vollgepflastert, ein Aufzeichnungsgerät überwacht alles fortwährend.“
Kein Vergleich mit Training
Auf der Columbia-Mission wurde Schlegel zusätzlich ein zentraler Venenkatheter gelegt, dieser sollte messen, wie sich der menschliche Körper in der Schwerelosigkeit verhält, zum Beispiel der Blutdruck. Der Körper sei sehr anpassungsfähig, diese Erfahrung hat Schlegel in der Schwerelosigkeit gemacht. „Stellen Sie sich einen Sprung vom Dreimeterbrett vor, da haben Sie eine Sekunde Schwerelosigkeit. Wir haben es im Training mit 30 Sekunden probiert, und als wir im All waren, war das Training im Vergleich dazu gar nichts. Essen und Trinken kann man vorher gut üben, und zwar im Kopfstand.“ Sich daran auf dem Shuttle zu gewöhnen, sei ein Prozess, die Innereien wandern nach oben, man bekommt ein „puffy face“ und das Hirn schwillt an.
Nach zehn Tagen komme man damit gut zurecht. Die wichtigste Tätigkeit: Schlafen, denn der Körper braucht aufgrund der großen Herausforderung viel Ruhe. Die Schlafkabinen gleichen großen Schuhkartons: 60 Zentimeter breit, zwei Meter hoch. Da man in der Schwerelosigkeit kaum etwas wiegt, müssen die Muskeln jeden Tag trainiert werden, denn zur Arbeit benutzt man nur die Armmuskeln, da man sich oft festklemmen und entlangschieben muss.
Bei seiner zweiten Mission, die 2008 auf der ISS stattfand, hatte Schlegel sogar einen Außenbordeinsatz, einen „Spacewalk“, dabei trug er einen 150 Kilo schweren Anzug und war durch eine „20 Meter lange Leine“ mit der ISS verbunden. Beeindruckend war der Blick auf die Erde. „Man erlebt in 24 Stunden 16 Sonnenauf- und -untergänge. Dabei wird einem bewusst, dass die Erde ein kleines Mutter-Raumschiff ist.“
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