Serie "Ein Hoch auf Hier" - Thomas Ruckstuhl fängt den "großen Reichtum" der Kurpfalz in neo-impressionistischen Ölbildern ein / Vom Wissenschaftler zum Künstler

Ansichten einer "malenswerten Region"

Von 
Helga Boschitz
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Thomas Ruckstuhl fühlt sich wohl am Paradeplatz, mitten in Mannheim. Die Region inspiriert ihn zum Malen: "Ich liebe vor allem diesen Reichtum an Verschiedenheit", sagt er. Das abgebildete Werk zeigt die Alte Feuerwache und die Neckarufer-Bebauung. © Boschitz/Ruckstuhl

"Sehr gern" ist Thomas Ruckstuhl aus der Vorderpfalz zu unserem Treffpunkt mitten in Mannheim gekommen. Weil er es mag, in seiner Region unterwegs zu sein und immer mal wieder den schnellen Puls der Großstadt zu spüren. Und weil er dabei gleich wieder spannende Motive sehen, neue Inspirationen aufsaugen kann. "Die ganze Region hier ist nicht nur lebenswert, sie ist auch unglaublich malenswert", sagt der Künstler und betont: "Ich liebe vor allem diesen Reichtum an Verschiedenheit!"

Diese versteht Thomas Ruckstuhl mit den künstlerischen Mitteln der Ölmalerei abzubilden. Auf seinen farbintensiven, eher kleinformatigen bis mittelgroßen Bildern - die größten derzeit etwa 60 mal 60 Zentimeter - finden sich nächtliche Industrie-Impressionen der BASF und Ansichten des Großkraftwerks ebenso wie pittoreske Natur-Stillleben aus der ländlichen Region, das Mannheimer Großstadttreiben am Ring vor dem Wasserturm, das Schiff "Elunda" am Mannheimer Hafen, einem der Lieblingsorte des Malers, und immer wieder die vielen Gesichter des Rheins. In einer ebenso eigenwilligen wie einprägsamen Mischung aus Abstraktion und Gegenständlichkeit hat er in den letzten vier Jahren gut 1000 Bilder, die meisten im neoimpressionistischen Stil, gemalt, viele davon entstanden draußen. "Ich bin anscheinend einer der ganz wenigen in Deutschland, die an öffentlichen Plätzen malen", lacht Ruckstuhl, "jedenfalls habe ich noch nie einen Künstlerkollegen von mir draußen getroffen!"

Skurrile Begegnungen

Unter freiem Himmel zu malen, mitten im Geschehen das, was er sieht, auf die Leinwand zu transportieren, das macht den Künstler froh. Vor allem, weil es dabei immer wieder zu skurrilen, eindrucksvollen, spannenden Begegnungen kommt, mit Passanten, die bei ihm stehenbleiben und ihm über die Schulter sehen, mit den Menschen, die sind wie ihre Region: vielfältig. "Diese direkte, unverstellte, manchmal auch derbe Art und Sprache, die Offenheit und Ehrlichkeit, die mag ich", sagt der Mannheimer Ruckstuhl, der auf dem Lindenhof aufgewachsen ist und den es eher zufällig in die Kleinstadt Schifferstadt verschlagen hat - nach Jahren im Ausland hat er bei seiner Rückkehr in die Heimat ganz einfach keine passende Wohnung in Mannheim gefunden.

Die "Heimkehr" markiert einen großen Wendepunkt in Thomas Ruckstuhls Leben. Vor etwas mehr als vier Jahren war Dr. Ruckstuhl noch ein erfolgreicher Wissenschaftler, tätig im In- und Ausland, in sicherer Position mit gutem Einkommen. "Aber irgendwie passte das nicht mehr zu mir, ich wurde immer unzufriedener, suchte den Sinn, habe die Wissenschaft zunehmend als Selbstzweck wahrgenommen, die ursprüngliche Neugier des Forschens vermisst", erzählt er mit großer Offenheit. Wie es oft so ist in Zeiten des inneren Umbruchs, folgte ein echtes Schlüsselerlebnis: "Ich war in San Francisco und sah in einer Galerie neoimpressionistische Bilder, so genannte 'City Scapes'", erzählt er, "und da hat es Klick gemacht, ich dachte mir, das wär's, das will ich auch machen!" Die Zielorientiertheit und Effizienz des Wissenschaftlers waren es dann wohl, die Ruckstuhl in Rekordtempo sein Leben umkrempeln, die finanzielle Sicherheit gegen künstlerische Freiheit tauschen ließen - und ihn dazu brachten, mit großem Ernst und Ehrgeiz die Malerei von der Pike auf zu lernen.

"Talent war schon vorhanden", sagt der Selfmade-Maler, "aber es war nicht so, dass ich nebenberuflich immer schon gemalt habe -nein, ich habe beschlossen, Maler zu werden, bevor ich mir Farbe gekauft habe." Dass sein Ehrgeiz, ein immer besserer Maler zu werden, Früchte trägt, lässt sich nicht nur in seinen Bildern deutlich erkennen. Inzwischen haben auch einige Galeristen Ruckstuhl entdeckt, Werke von ihm hängen oder hingen bereits in einigen öffentlichen Räumen der Region, etwa im Finanzamt Speyer. Und mit großer Spannung sieht er in Kürze seiner ersten Einzelausstellung in Mannheim entgegen. Leben kann Thomas Ruckstuhl von seiner Kunst noch nicht, noch tragen ihn die Ersparnisse aus der erfolgreichen Wissenschaftler-Zeit. Sorgen macht sich der Künstler jedoch nicht: "Da kommt noch viel", ist er ganz sicher, "ich bin mitten im Prozess".

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