Segler-Tagebuch 2015 - Teil II - Von Helsinki nach St. Petersburg

Angekommen in St. Petersburg

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Die Expeditionsteilnehmer nahmen Kurs auf St. Petersburg

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Nachdem die "Weiße-Nächte"-Expedition der Mannheimer Segelschule "Sailors' Point" in ihrer zweiten Etappe Helsinki verlassen hatte, nahm sie Kurs auf die finnische Insel Haapasaari, wo die Teilnehmer sich aus der Europäischen Union abmelden sollten (in der Seemannssprache spricht man von "ausklarieren"). Der schnellste Kurs von Helsinki nach Haapasaari führte über ein Labyrinth der finnischen Schäreninseln, was die Schiffsnavigatoren vor fast 14 Stunden konzentrierte Arbeit stellte. Denn der Kurs zwischen Hunderten von Inseln, Eilanden, aus dem Wasser ragenden Felsen und Untiefen erforderte fast alle zehn Minuten eine Kursänderung. Die Segler an Deck waren währenddessen mit der Arbeit an der Takelage beschäftigt, da eine Kursänderung beim Segeln stets eine Änderung der Segelstellung nach sich zieht.

Für die anspruchsvolle Erfahrung wurden die Reiseteilnehmer aber bestens belohnt: mit der einmaligen Schönheit der Schäreninseln, welche dicht mit Kiefern und Pinien bewachsen sind und sich zwischen den Bäumen nette Ferienhäuschen verstecken. Die Finnen sind ein Motorbootfahrervolk - anders kommt man zu den einzelnen Inseln zum Teil gar nicht hin, also fand sich ausnahmslos auf jeder Insel ein Anlegesteg, an welchem Boote mit Aluminiumboot parkten. Mit diesem Rumpfmaterial lässt sich auch eine felsige Küste anlaufen. Hin und wieder überraschte es, auf welch einem Felsen manch ein Hausbesitzer sich ein Ferienrefugium mit Terrasse und Grillplatz hingestellt hatte.

Bereits nach Mitternacht erreichte die Expedition endlich die Insel Haapasaari. Bereits wenige Minuten später wurde klar, dass das Timing perfekt war: Knapp nach der Ankunft des letzten Schiffs am Steg rollte eine dichte Nebelwalze über die Insel. Eine Fahrt bei dieser Sicht wäre einfach unmöglich. Am nächsten Morgen nutzten die Crewmitglieder die Zeit, um die Dokumente-Arbeit beim finnischen Grenzkontrolleur zu erledigen und einen Spaziergang über die Insel Haapasaari zu unternehmen. Die Grenzkontrolle in Finnland verlief äußerst entspannt. Ein Beamter kam an Bord der Schiffe, verglich die verschlafenen Gesichter der Crew mit den Fotos im Ausweis und sammelte die Ausweise ein. Eine halbe Stunde später brachte er die Dokumente zurück, zusammen mit der Ausfuhrgenehmigung der Yachten.

Nach Haapasaari erfolgte die Grenzquerung auf dem Seeweg. Hierfür erhielten die Skipper strikte Instruktionen, zwischen welchen Koordinaten die russische Grenze gequert werden musste. Ebenfalls musste die Grenzquerung per Funk angekündigt werden. Dies wurde von einem russischsprechenden Mitglied der Expedition erledigt und verlief höchst unkompliziert: Die Behörden identifizierten auf dem Radar die drei Yachten und baten lediglich um eine Benennung der Schiffe. Danach wurde den Seglern per Funk überraschenderweise eine angenehme Reise und eine sichere Ankunft gewünscht. Auch während der Nacht rief uns die Küstenwache mehrfach per Funk an, fragte nach unserem Befinden und wünschte eine gute Weiterreise. Eine ähnliche Kommunikation konnte per Funk auch bei anderen Schiffen mitgehört werden.

Als nächste Station mussten die Yachten die Insel Kotlin anlaufen, auf welcher sich die Militärbasis Fort Konstantin befindet. Hier wartete auf die Segler die Pass- und Zollkontrolle der russischen Beamten. Während die Crewmitglieder an einem Schalter abgewickelt wurden, wartete auf die Expeditionsskipper Michael Pinz, Alexander Filatow und Eike Edener ein Berg Papiere sowie eine gemeinsame Schiffsdurchsuchung vom russischen Zoll. Der Zollbeamte durchleuchtete jede auch noch so versteckte Ecke des Schiffs mit einer Taschenlampe, zum Schluss sah das Innere der Kajuten recht unordentlich aus.

Besonders interessiert waren die Beamten an Medikamenten und Alkohol. Da ein jeder Skipper für Notfälle der Crews auf See immer einen kleinen Medikamentevorrat transportiert und sich unter den Reiseteilnehmern zwei Ärztinnen und ein Apotheker befanden, war der präsentierte "Medikamentenberg" recht groß. Nach einer plausiblen Erklärung dafür und einem Stichprobenabgleich der Medikamentennamen mit einer Liste wank der Zollbeamte durch. Beim Thema Alkohol war der russische Beamte dagegen total überrascht. Auf jedem Schiff befanden sich lediglich eine Kiste Bier und paar Flaschen Wein. Für die Russen anscheinend eine lächerliche Mitnahmemenge. Nachdem die Skipper auch noch die Erklärung für die Einfuhr der Yachten ausgeführt hatten, wünschte man uns einen guten Aufenthalt in Russland. Generell verlief die Grenzkontrolle maximal entspannt und freundlich - einer Frau wurde ein Kompliment wegen ihres Passfotos gemacht, ein Grenzschutzbeamter erzählte auch von seinen deutschen Wurzeln.

Nach weiteren vier Stunden Segeln bei Starkwind erreichte die Expedition endlich den Flussyachtclub St. Petersburg. Unterwegs wurden die Boote mehrfach überholt von den Tragflächenbooten, welche zwischen der Stadt und der Zarenresidenz Peterhof verkehrten. In den nächsten Tagen ist eine Stadterkundung geplant. Dazu gibt es dann einen neuen Bericht.

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