Mannheim. Mit „Brown Sugar“ startete die Rock-Show vor einem ausverkauften Eisstadion im Friedrichspark. Und sie endete mit „Street Fighting Man“. An das erste Gastspiel der Rolling Stones in Mannheim am 3. September 1973 kann sich Bernd Müller noch bis heute erinnern. Der heutige Leiter der Landesbehörde Vermögen und Bau Amt Mannheim und Heidelberg war damals Gymnasiast in Heidelberg.
Die Show im Eisstadion war der zweite Auftritt der Stones im Rahmen einer Europatournee, die im Herbst 1973 durch Deutschland, Großbritannien, Dänemark, Belgien, Niederland und Luxemburg führte. Der Eintritt zu dem lange vorher ausverkauften Konzert kostete 15 D-Mark. Das konnte sich der Schüler nicht leisten. Das Konzerterlebnis wollte er - zumindest aus der Distanz - trotzdem nicht verpassen. Also setzte er sich mit Freunden in seinen Käfer und fuhr nach Mannheim und machte es sich im Friedrichspark gemütlich. „Das Eisstadion war ja offen. Wir haben ja auch von außen eine Menge von der Musik gehört“, berichtet er.
Irgendwann, es muss so in der zweiten Hälfte des Konzerts gewesen sein, machten sich ein paar Leute auf und stellten sich an den Begrenzungszaun im hinteren Bereich des Eisstadions. „Das waren ja keine stabilen Absperrungen wie heute, sondern ein einfacher dünner Maschendrahtzaun. Es gab ja auch keine Security so wie heute.“ Irgendwie habe das dünne Zäunchen dann dem Gewicht von ein paar Dutzend jungen Leuten nicht mehr standgehalten und sei umgefallen. „Das war keine Absicht. Das ist halt einfach so passiert“, weiß Müller noch aus seiner Beobachtung damals.
Gleichwohl stand der Weg in die Konzertarena damit unverhofft offen. Und gemeinsam mit vielleicht weiteren 100 Stones-Fans stand er plötzlich inmitten der feiernden Masse. „Es war toll, Mick Jagger so über die Bühne tanzen zu sehen. So drei bis vier Songs haben wir dann noch im Eisstadion miterlebt“, berichtet Müller. Für jugendliche Rockfans ein absolut besonderes Erlebnis, gab es Anfang der 1970er Jahre kaum Gelegenheit, Livekonzerte zu erleben. Es gab auch noch kein Youtube, kein MTV. Rockmusik war noch kein Massengeschäft.
Die Serie
- Der Friedrichspark, jahrzehntelang Heimat des MERC und der Adler sowie Veranstaltungsort vieler Konzerte, ist bald Geschichte. Voraussichtlich ab Sommer wird das Gebäude abgerissen. Die Grünfläche östlich des Schlosses soll neu gestaltet werden, und die Uni will im nördlichen Bereich an der Bismarckstraße drei Gebäude errichten.
- In einer Serie werden wir in loser Folge Erinnerungen präsentieren, die Leserinnen und Leser, aber auch Redakteurinnen und Redakteure mit dem alten Eisstadion verbinden. Welche Erinnerungen verbinden Sie mit dem Friedrichspark? Schreiben Sie uns – gerne auch mit Bildern – an lokal@mamo.de.
„Und heute reiß ich’s richtig ab“, schmunzelt Müller. Das Eisstadion gehört dem Land. Klar hingen für Zehntausende von Menschen jede Menge Erinnerungen in dem alten zugigen Gemäuer. Aber das Eisstadion sei in seinem aktuellen Zustand marode und gefährlich. „Da gehen Leute illegalerweise rein. Wenn denen was passiert, stehen wir in der Verantwortung“, betont er. Schon bei den Public Viewing-Veranstaltungen der Stadt Mannheim zu den Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften zwischen 2012 und 2018 mit 5000 Menschen habe er den Atem angehalten.
Natürlich schwingt auch ein bisschen Bedauern bei aller Notwendigkeiten mit. „Aber jede Geschichte hat ihre Zeit“,sagt er. Und Erinnerungen seien schließlich das wichtigste: „Wenn Leute sich dort kennen und vielleicht sogar lieben gelernt haben, ist der Moment wichtig und nicht der Stein, auf dem sie saßen.“
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