In zehn Forderungen hat die Aktionsgruppe „Fridays for Future“ (FfF) in Mannheim ihre Zukunftsvision einer klima- und sozial gerechten Stadt formuliert. In dieser Serie wird die Umsetzbarkeit der Forderungen bewertet. In der aktuellen Folge geht es darum, dass Grünflächen und Naturschutzgebiete ausgebaut und Mannheim entsiegelt werden soll.
Was „Fridays for Future“ sagt:
„Mannheim muss grüner werden.“ Kurz und knapp formuliert „Fridays for Future“ das Ziel. Unter anderem kritisieren die Aktivisten, dass Mannheim auf der Rangliste der grünsten Städte Deutschlands Platz 77 von 79 belegt. Dabei beziehen sie sich auf eine interaktive Auswertung von Satellitenbildern, publiziert von der „Berliner Morgenpost“. Rund 43,9 Prozent der Fläche Mannheims sind demnach begrünt.
Besonders die Flächenversiegelung ist den Aktivisten ein Dorn im Auge: „Eine versiegelte Oberfläche kann kein Wasser speichern und macht das Durchsickern von Wasser unmöglich“, verdeutlicht die Gruppe. Das führe zu Überschwemmungsgefahr und Absinken des Grundwasserspiegels. Auch komme es durch schlechte Wasser-Speichereigenschaft dieser Böden zu einer Verschlechterung des Stadtklimas: „Da kein gespeichertes Wasser verdunsten und so die Stadt abkühlen kann, steigt die Temperatur innerorts.“ Auch Tiere und insbesondere Pflanzen würden so Lebensraum verlieren, so die Aktivisten weiter. Für „Fridays for Future“ ist darum klar: Es muss eine „Entsiegelung Mannheims“ erfolgen. Sie fordern zudem „umfassende, verpflichtende Häuserbegrünung durch Dach- oder Fassadenbegrünung“ in der Innenstadt. Weitere Möglichkeiten, Mannheim grüner zu gestalten, sei „die Entsiegelung von großen Flächen wie Industriegebieten und Parkplätzen durch die Nutzung von Rasengittersteinen und das Verbot neuer Versiegelungen.“
Was die Stadt sagt:
„Die Stadt Mannheim unterstützt die Forderung zum Ausbau und Erhalt der Grünflächen und Naturschutzgebiete“, heißt es von Stadtsprecher Kevin Ittemann. Die Verwaltung arbeite aktiv daran, die Entsiegelung und Begrünung in Mannheim zu fördern, betont er auch mit Verweis auf Gemeinderatsbeschlüsse vergangener Jahre. „Von den rund 540 Hektar Konversionsfläche in Mannheim werden nach Abschluss der Entwicklung rund 50 Prozent der Fläche unversiegelt und begrünt sein“, so Ittemann. Außerdem seien dort Naturschutzgebiete ausgewiesen. Im Rahmen des Konzepts „Anpassung an den Klimawandel in Mannheim“ seien der Erhalt und Ausbau von Grünflächen „zentrales Handlungsfeld“. So sollen Schulhöfe oder Plätze, entsiegelt und anschließend begrünt werden. Auch kleine, brachliegende Flächen sollen in Grünflächen umgewandelt werden.
Der Versiegelungsgrad an sich als Prozentanteil sage zudem noch nichts dazu aus, wie grün eine Stadt ist, heißt es aus dem Rathaus. Mannheim bestehe zu über einem Drittel aus Flächen, die als Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen sind, so Ittemann weiter.
Entsiegelung und Wiederbegrünung von Flächen fördert die Stadt mit einem lokalen Förderprogramm zur Begrünung. Auch auf gewerblichen Flächen werde in Bebauungsplänen ein Mindestmaß an Grünflächen festgesetzt sowie Gebäudebegrünung. Generell Industrieflächen und Gewerbeflächen zu entsiegeln oder mit Rasengittersteinen zu versehen, könne auch im Konflikt stehen mit der (Vor)Nutzung – und „kann auch zu Schadstoffbelastungen im Boden oder Gewässer führen“, macht Ittemann zudem klar.
Die Ausführungen der Aktivisten sind drastisch. Kein Wunder, der Klimawandel ist im Gange und das spüren Menschen besonders in der Wärmeinsel Stadt. Begrünung und Entsiegelung sieht man dort aber nur wenig. Der Grund dafür ist auch, dass Begrünungsprozesse mühsam sind – und nicht billig. Wer effektiv begrünen will und nicht nur Symbolpflanzkübel aufstellt, der muss investieren und Interessen abwägen. Die Stadt fördert Begrünung von Dach-, Fassaden- und Entsiegelungsflächen mit mittlerweile jährlich 100 000 Euro, das Programm wird stark nachgefragt. Finanziell ist das eher gekleckert als geklotzt, betrachtet man die Ziele der Aktivisten.
Mannheim in Richtung grüne Stadt zu bewegen, wird ein langer Prozess sein. Er geht nicht, wie von der Gruppe gefordert von jetzt auf nachher, nicht rigoros. Die Vorzeigeprojekte der Stadt auf den Konversionsflächen sind ein Anfang. Doch Begrünung muss sich durch alle Viertel, durch die gesamte Gesellschaft ziehen. Jeder muss, so wie er es kann, einen Beitrag leisten.
Und die Entscheider in der Stadt müssen zudem ein Auge auf die wörtlichen „Problem-Hotspots“ wie die Innenstadt haben und aktiv werden. Schon seit vielen Jahrzehnten hat man das Ziel, zu begrünen. Blickt man in die Stadt, insbesondere in die Quadrate, sind Dachgärten und Ranken an Fassaden die äußerste Seltenheit. Von aktuellen Bauprojekten im Betonstil ganz abzusehen.
Die Aktivisten setzen hier auf Pflichten. Doch wichtig wird auch sein, die Problematik in den Köpfen zu verankern – vom Privatmensch bis zum Unternehmer. Und zwar dauerhaft. Damit jeder den Teil, den er leisten kann, auch leistet. Und das kann dauern.
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