Satire

Achtung, Verwechslungsgefahr! Steht das Mannheimer Spaghetti-Eis vor dem Aus?

Wie viel Schnitzel steckt im Soja-Schnitzel? Und wie viel Dreck im Mannemer Dreck? Nach dem EU-Veggie-Beschluss steht in Mannheim so einiges unter Beobachtung.

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Florian Karlein
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Die Europäische Union deckt auf: Keine Nudeln im Mannheimer Spaghetti-Eis von Dario Fontanella! © picture alliance/dpa

Mannheim. Brüssel lässt Mannheim erschaudern! Warum? Weil Soja-Schnitzel bald nicht mehr Schnitzel heißen dürfen – zumindest, wenn es nach der Europäischen Union geht. Aber offenkundig haben die EU-Parlamentarier bei ihrer mehrheitlichen Entscheidung nicht eine Sekunde daran gedacht, was das für Mannheim bedeutet. Denn das Hauptargument für den EU-Veggie-Beschluss, nämlich Verwechslungsgefahr mit fleischhaltigen Produkten, trifft gerade Mannheim ins Mark. Verwechslungsgefahr droht in der Quadratestadt an vielen Stellen. Das könnte verheerende Auswirkungen haben. Fünf Beispiele dafür.

Mannemer Dreck

Für Mannemer Dreck könnte es ganz besonders eng werden! Geht es nämlich nach der französischen Konservativen Céline Imart, die den Antrag ins Europaparlament eingebracht hatte, darf das Soja-Schnitzel künftig nicht mehr Schnitzel heißen – die Verwechslungsgefahr, versehentlich auf Fleisch zu beißen, das gar kein Fleisch ist, erscheint ihr einfach zu groß. Tja, und bei vollen hundert Prozent liegt das Risiko, die Erwartung von Konsumentinnen und Konsumenten zu enttäuschen, die sich nach dem Kauf von Mannemer Dreck schon darauf gefreut hatten, auf einem original Stück Mannheimer Kehricht rumzukauen. Weil die sich stattdessen mit einer wohlschmeckenden Süßspeise rumschlagen müssen, muss Mannemer Dreck nach der EU-Entscheidung umbenannt werden. Für Konditoreien von Möhrenköpfle bis Herrdegen haben wir zwei Vorschläge:

  • EU-konforme Erdimitatsspezialität
  • Nussgebäck auf Basis bodennaher Assoziation
Dank der EU könnte es eng werden für Mannemer Dreck, wie ihn hier Martina Herrdegen im Mannheimer Café Herrdegen präsentiert. © picture-alliance/ dpa

Die Planken

Planken – eine Bezeichnung für Mannheims Einkaufsmeile Nummer eins, die vor allem Piraten in die Irre führen könnte. Man stelle sich nur vor, wie groß der Aufschrei wäre, Freibeuter-Käpt‘n Schorlebart will bewaffnet mit einem EU-genormten Säbel seine Widersacher über die Planke zu den Krokodilen schicken – und die kommen mit T-Shirts von Lacoste aus dem Engelhorn zurück. Gut, dass die EU dem einen Riegel vorschiebt. Die Stadtverwaltung könnte sich schon mal Gedanken über diese Vorschläge zur Umbenennung machen:

  • Fußgängerzone aus Beton ohne Holzanteil
  • Zentrale Shoppingsachse ohne maritime Nutzungsabsicht
Von wegen Planken: Weit und breit ist auf Mannheims Einkaufsmeile kein Holz zu sehen – außer die Bäume natürlich. © Uwe Anspach/dpa

Das Spaghetti-Eis

Es wird für viele ein Schock sein: Das in Mannheim erfundene Spaghetti-Eis enthält genauso viel der beliebten italienischen Pasta wie Schlumpf-Eis echte Schlümpfe – nämlich null Prozent! Man kann die Europäische Union nur dazu beglückwünschen, dass sie mit ihrer weitsichtigen Entscheidung die Machenschaften eines Mannheimers endlich beendet hat. Jahrzehntelang hat Spaghetti-Eis-Erfinder Dario Fontanella unzählige Kundinnen und Kunden glauben lassen, sie genießen echte Nudeln mit Sahne und Erdbeersoße, dabei ist es schlichtes Vanilleeis – unfassbar dreist! Hier zwei Vorschläge, unter welchem Namen er seine Mogelpackung in seinem Eiscafé in Q7 (übrigens nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Auto von Audi) künftig vertreiben muss:

  • Dessertkomposition mit Pasta-ähnlicher Anmutung
  • Gefrorenes Milcherzeugnis in nudelförmiger Darbietungsoptik
Niemand exerziert, keine Fahnen und Märsche: Darf der Paradeplatz tatsächlich Paradeplatz heißen? © masterpress

Der Paradeplatz

Rave-Musik gibt es im Technoseum genauso wenig wie feierliches Exerzieren am Paradeplatz in der Mannheimer Innenstadt. Doch während die Lösung für die Einrichtung am östlichen Stadteingang ziemlich einfach ist – der frühere Name klingt ohnehin viel mehr nach europäischer und deutscher Bürokratie: Landesmuseum für Technik und Arbeit –, ist die Lösung für einen von Mannheims bekanntesten Plätzen nicht ganz so einfach. Aber natürlich haben wir auch hier zwei Vorschläge zur Umbenennung der Fläche gegenüber des Stadthauses in N1, die möglichst viel von dessen vielfältigem Charakter einfangen soll:

  • Zentraler Aufenthaltsbereich mit Eventpotenzial und Bahnzugang
  • Fußgängerorientiertes Entspannungsareal mit Denkmalbeigabe
Würde die EU die Bezeichnung „Wasserturm“ für Mannheims Wahrzeichen auch in Zukunft zulassen? © picture alliance/dpa

Der Wasserturm

Die wichtigste Frage zum Schluss: Ist Mannheims wichtigstes Bauwerk über jeden Zweifel erhaben? „Der Wasserturm ist ein Wasserturm“ – so könnte man das schon jetzt legendäre Wurst-Zitat von Bundeskanzler Friedrich Merz umdeuten. Aber Moment! Das allseits beliebte Mannheimer Wahrzeichen kommt seiner ursprünglichen Funktion längst nicht mehr nach, liefert kein Trinkwasser mehr in die Haushalte der Stadt. Den Wasserturm also umbenennen? Da hat die EU ihre Pläne wohl nicht ganz zu Ende gedacht. Wenn da in Brüssel nicht politisch Druck für eine Lex Monnem gemacht wird, können die Mannheimerinnen und Mannheimer künftig nicht mehr vom Weihnachtsmarkt am Wasserturm sprechen, sondern vom Weihnachtsmarkt am Zierhydroturm. Oder, wenn es die EU noch genauer will: vom Vertikalen Protzrundbauwerk mit ehemals funktionalem Wasserverteilsystem auf Basis hydrostatischen Drucks. Autsch. Das klingt nicht mal nach fünf Glühwein schön.

Redaktion Leiter des Redaktionsteams Mannheim

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