Nahverkehr - RNV bietet neuartigen Shuttle-Service zwischen Sammeltaxi und Linienbus / „Qualitätsangebot für die erste und letzte Meile“ und zusätzliche Verbindung zwischen Stadtteilen

Abrufdienst mit dem Elektro-Van am Start

Von 
Thorsten Langscheid
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Mit fips mobil (v.l.): Martin in der Beek, Christian Volz (RNV) und Christian Specht vor dem neuen Shuttle. © Stadt Mannheim

Wegen der Corona-Pandemie musste der Beginn mehrfach verschoben werden, am kommenden Montag, 1. März, geht es aber – unter Einhaltung von Abstands- und Hygiene-Regeln – los: Die Rhein-Neckar-Verkehrsbetriebe (RNV) starten in ausgewählten Stadtteilen kommende Woche ein neuartiges Verkehrsangebot, das die Lücke zwischen Taxi einerseits sowie Bus und Bahn andererseits schließt. Erster Bürgermeister Christian Specht, RNV-Geschäftsführer Martin in der Beek und Torsten Dohr vom Hersteller Mercedes-Benz stellten das neue System am Mittwoch der Öffentlichkeit vor.

Fips für flexibles, individuelles Personen-Shuttle heißt der Dienst, der in Neckarau und auf dem Lindenhof sowie im Abendverkehr in Seckenheim zur Verfügung steht – zur Einführung übrigens zwei Monate lang ohne Aufpreis. Danach wird ein Qualitätszuschlag zur Zeitkarte von einem und zum Einzelfahrschein von zwei Euro pro Fahrt fällig.

1700 virtuelle Haltestellen

Wer auf der kurzen Strecke von Zuhause zur nächsten Bahnhaltestelle („erste/letzte Meile“) oder auch zum Beispiel auf dem Weg zum Arzt im Nachbarstadtteil mit dem Shuttle fahren möchte, kann sich das fips-Sammeltaxi über eine App bis quasi vor die Haustür bestellen. 1700 sogenannte virtuelle Haltestellen, das sind Punkte, an denen der Fahrdienst ordnungsgemäß halten darf, sind in dem System für die Stadtteile bereits hinterlegt. Gebucht und bezahlt – per Bankeinzug oder Kreditkarte – wird über die App. Ob der Service langfristig in andere Apps der Verkehrsbetriebe integriert wird oder ob für spezielle Angebote und Kundengruppen auch spezielle Apps angeboten werden, ist eine Glaubenssache. RNV-Chef in der Beek: „Wir arbeiten daran, und es ist derzeit nicht klar, in welche Richtung die Entwicklung geht.“

Mit 15 nagelneuen, elektrisch angetriebenen Mercedes-Vito-Minivans und eigenen, fest angestellten und tariflich bezahlten Fahrern soll ein Angebot von hoher Qualität erbracht werden: Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühle können nach vorheriger Buchung mitgenommen, Kindersitze können zur Verfügung gestellt werden. Mannheims Erster Bürgermeister Christian Specht: „Das ist ein Angebot, das muss man einfach mal ausprobieren“. Auch das Stuttgarter Verkehrsministerium feiert das Mannheimer Projekt in den höchsten Tönen: „Kein weiter Fußweg mehr zur nächsten Straßenbahn – die Mannheimerinnen und Mannheimer können sich bequem mit Kleinbussen zur nächsten Straßenbahnhaltestelle bringen lassen. Sie brauchen auch keinen Umweg mit dem Bus oder der Straßenbahn über das Stadtzentrum zu nehmen, wenn sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln in einen benachbarten Stadtteil möchten“, heißt es in einer Presseerklärung.

Stattdessen kann man mit dem Fips-Shuttle direkt in den Nachbarstadtteil fahren. Neu ist dabei nicht der Fahrzeugtyp, sondern die Form des Angebots für die Kunden, das sogenannte „Ridepooling“ – was auf deutsch „bedarfsgesteuerter Flächenbetrieb“ heißt und bedeutet, dass der Algorithmus mehrere Fahrgäste mit ähnlichen Fahrwegen in ein Fahrzeug zusammenfasst. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne): „Ridepooling kann als Ergänzung zu den Nahverkehrsachsen eine entscheidende Rolle bei der Verkehrswende spielen. Perspektivisch können diese Fahrzeuge eventuell auch autonom fahren.“

Spaß an der Nutzung

Neben dem Spaß an der Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs geht es für die RNV bei dem zunächst auf drei Jahre ausgelegten Experiment auch darum, Formen des öffentlichen Nahverkehrs für die Zukunft in der Praxis zu testen. Zwar kann man das Fips-Shuttle auch telefonisch bestellen, das System funktioniert aber über eine App, mit deren Hilfe der Anbieter wie beschrieben die Verkehrsnachfrage bündeln und auf die Kundenbedürfnisse genau zuschneiden kann. So ist es möglich, dass beispielsweise durch eine höchstens zehn Minuten vor Fahrtbeginn erfolgte Buchung sichergestellt werden kann, dass im Fahrzeug auch Platz genug für die Mitnahme des Kinderwagens ist. Fahrtbuchung und -Bezahlung erfolgen gleichermaßen über die App.

Mit 26 Mitarbeitern geht das Projekt, das vom Bund und vom Land Baden-Württemberg finanziell gefördert wird, an den Start. Nach den genannten Stadtteilen, die jeweils um die Nachbarquartiere Suebenheim, Niederfeld und Almenhof ergänzt werden, folgen ab April Schönau, Waldhof und Sandhofen mit Erweiterungen nach Blumenau, Scharhof und Gartenstadt. FIPS kostet pro Jahr rund 2,9 Millionen Euro.

So funktioniert das System

Fips – der neue Shuttle-Service kennt keinen festen Fahrplan und keine festgelegten Linien und wird über eine App bedient.

Je nach den Wünschen der Kunden errechnet die zentrale Steuerung Route und Haltepunkte.

So erhofft man sich beispielsweise, mit etwa drei rollstuhlgerecht ausgestatteten Fahrzeugen auszukommen. Der Computer schickt sie immer dahin, wo sie gebraucht werden.

Der dreijährige Verkehrsversuch soll vor allem für die Logistik, die hinter dem Angebot steckt, neue Erkenntnisse bringen.

Dabei kommen ausgebildete und tariflich bezahlte Fahrer zum Einsatz. Der Abrufdienst ist als qualitativ hochwertiges Angebot geplant, das sich von Billig-Diensten in anderen europäischen Städten deutlich abhebt. lang

Redaktion koordiniert die Berichte aus den Mannheimer Stadtteilen.

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