Lange blieben die Namen der künftigen Investoren für das Collini-Areal im Dunkeln. Erst sollte der Gemeinderat dem Grundstücksgeschäft zustimmen, das sah das anonyme Prozedere so vor. Jetzt ist es wohl so weit. Eine Entscheidung hatte die Stadt selbst für den 28. April angekündigt. Der geplante Abriss des Büroturms schmeckt derweil Eigentümern im benachbarten Wohnturm so gar nicht. Sie plädieren für eine Sanierung des Gebäudes und fordern die Stadträte auf, das Thema zu verschieben, bis andere Varianten geprüft wurden.
300 Unterschriften seien gegen die Pläne der Stadt bereits zusammengekommen, berichtet Friedrich Meißer vom Bauausschuss: Mit dem Wettbewerbsergebnis, das einen Komplettabriss des Bürogebäudes und der Galerie vorsieht, kann sich die Eigentümergemeinschaft (WEG) nicht anfreunden. Viele Bewohner fühlten sich total überrumpelt, sagt Meißer. Eine Renovierung und Modernisierung nach dem neuesten Stand der Technik – also eine Lösung ohne Abriss des denkmalgeschützten Gebäudeensembles – sei von dem Berater-Gremium nicht verfolgt worden – wohl, weil kein Investor eine solche Lösung angeboten habe, vermutet Meißer.
Studenten als Nutzer
Wie stattdessen eine gut gemachte Betonsanierung aussehen könnte, das haben sich der Bauausschuss und 40 weitere Bewohner in Stuttgart bei der Liederhalle angesehen und erklären lassen. „Das Gleiche könnte man hier auch machen“, ist der Diplom-Ingenieur überzeugt. Mehrfache Beton-Untersuchungen am Wohnhaus hätten jedenfalls einen „hervorragenden Qualitätsstandard der tragenden Elemente“ ergeben. Eine behutsame Sanierung könne spätestens zwei Jahre nach dem Auszug des Technischen Rathauses abgeschlossen sein. Die Kosten dafür seien niedriger als die voraussichtlichen Abrisskosten. Als Nutzungsvarianten mit ausschließlich bezahlbarem Wohnraum schlagen die Eigentümer eine Seniorenresidenz oder ein Studenten-Resort vor. „Das wäre rentabel und ein Gewinn für Mannheim sowie die 800 Anwohner“, sagt Meißer. Er hat errechnet: Die Investitionen würden sich im unteren zweistelligen Millionenbereich bewegen und hätten sich nach sechs bis acht Jahren amortisiert. Außerdem: „Die Bewohner und Eigentümer des vorhandenen Wohnhauses erhalten in einer überschaubaren Zeit ein verbessertes Umfeld. Baulärm fällt nur in ertragbarem Rahmen an.“
Prüfung durch Anwälte
Ungeachtet dessen sei der künftige Investor Teileigentümer der Wohnanlage und müsse – wie jeder andere Eigentümer – die Festlegungen in der Teilungserklärung einhalten, sagt Meißer. Konkret bedeute das: Bauliche Eingriffe bedürften der Zustimmung von zwei Dritteln der Eigentümer. Das habe eine rechtliche Prüfung ergeben. Das Gutachten der Anwälte habe man der Stadt mit der Bitte um Stellungnahme zugesandt. Eine Antwort gebe es bisher nicht.
Ein solches Gutachten sei nicht bekannt, sagt Stadtsprecher Jan Krasko, der auf „MM“-Anfrage bekräftigt: „Die Stadt Mannheim und die WEG stehen über den gesamten Verkaufsprozess fortlaufend in enger Abstimmung.“ Als Nächstes werde jetzt eine nichtöffentliche Vorlage über den Verkauf des Collini-Centers durch die städtischen Gremien verabschiedet. Erst nach der notariellen Beurkundung ende die Anonymität des Verfahrens. Dann werde der Erwerber öffentlich bekanntgegeben und vorgestellt.
Eigentumsverhältnisse und Verfahren
- Das Collini-Center besteht aus zwei getrennten Teilen, dem Wohnturm und dem Bürohaus mit Galerie und Technischem Rathaus.
- Büroturm und die benachbarte Galerie gehören der Stadt, der anschließende Wohnturm ist in privatem Eigentum und war nicht Bestandteil des Wettbewerbsverfahrens.
- Zur Teilnahme an dem Wettbewerb für die „Nachnutzung Collini-Center“ wurden sieben Investoren-Architekten-Teams eingeladen, drei wurden von einem Fachgremium vorausgewählt. Der Siegerentwurf wurde im Februar vorgestellt. Zwei Wohn- und zwei Bürotürme sollen den Bürobau am südlichen Neckarufer ersetzen, in dem noch das Technische Rathaus untergebracht ist. Das höchste Gebäude in dem Ensemble bleibt der bestehende Wohnturm, der in Privatbesitz ist.
- Mitglieder im Fachgremium waren unter anderem Stadt- und Bezirksbeiräte, Experten der Verwaltung, Architekten, Anwohner sowie Vertreter der Eigentümer aus dem Wohnturm.
- Entscheidend in dem wettbewerblichen Dialogverfahren waren die Qualität der Architektur und das städtebauliche Konzept. aph
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